Mustafa Dschalil ist das Gesicht des Kampfes gegen Gaddafi. Auch Bundeswehr-Hilfe in Libyen ist weiterhin möglich. Nato fliegt neue Angriffe.

Paris/Tripolis. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy könnte seine Unterstützung für die libyschen Rebellen vor Ort unter Beweis stellen. Der libysche Oppositionsführer Mustafa Abdel Dschalil lud Sarkozy in die Rebellenhochburg Bengasi ein. „Ich glaube, das ist sehr wichtig für die Moral der Revolution“, sagte Dschalil nach einem dreistündigen Treffen mit dem Staatschef in Paris. Erneut lobte der 59-Jährige die „mutige Entscheidung“ Sarkozys, die Aufständischen in Libyen zu unterstützen. Sarkozy hatte Dschalil und zwei weitere Vertreter des oppositionellen Übergangsrates bereits vor gut einem Monat im Elysée-Palast empfangen und dabei den Rat als rechtmäßige Vertretung Libyens anerkannt. Frankreich war damit das erste Land, das sich offiziell vom libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi abwandte, mit dem es lange gute Kontakte gepflegt hatte. Dschalil versprach, nach dem Abgang Gaddafis einen demokratischen Staat aufzubauen, in dem der Präsident vom Volk gewählt werde.

Dschalil ist das Gesicht des Widerstands gegen Gaddafi. Dabei war Dschalil drei Jahre lang Gaddafis Justizminister. Schon in dieser Zeit tat er nicht alles, was der für die blutige Unterdrückung seiner Gegner bekannte Revolutionsführer von ihm verlangte. So zeigte der Jurist sich bereit, Gefangene aus dem berüchtigten Gefängnis Abu Salim freizulassen, das allerdings nicht seinem Ministerium, sondern dem Geheimdienst unterstand. Sie habe den Minister 2009 gefragt, ob in der Anstalt tatsächlich 330 Häftlinge ohne jede rechtmäßige Grundlage einsäßen, erinnert sich Heba Morayef von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Dschalil habe das bestätigt. „Er hat uns beeindruckt, denn er war wirklich ein ehrenwerter Mann“, sagt Morayef der Nachrichtenagentur AFP.

Dschalil sei als Minister wahrscheinlich der „unabhängigste Geist der Regierung“ gewesen, meint auch Malcolm Smart, Leiter der Nahost- und Nordafrikaabteilung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. „Sicher war er drei Jahre lang Minister einer Regierung mit einer langen Geschichte von Menschenrechtsverletzungen. Dennoch scheint er, als er im Amt war, auf eine Verbesserung hingearbeitet zu haben.“

Als Gaddafis Truppen in der Rebellenhochburg Bengasi auf friedliche Demonstranten schossen, wechselte Dschalil Mitte Februar endgültig die Seite. Er gründete zusammen mit anderen den Nationalen Übergangsrat als Organisation für die Kräfte der Opposition. Seither wirbt er im Ausland unermüdlich um Anerkennung des Rates und um Waffen für die Rebellen.

Unterdessen wird Italien zehn Militärberater zur Unterstützung der Rebellen nach Libyen schicken. Dies teilte Verteidigungsminister Ignazio La Russa nach einem Treffen mit seinem britischen Amtskollegen Liam Fox mit. Die Details würden noch ausgearbeitet, hieß es. Die Entsendung von italienischen Bodentruppen schloss La Russa aber erneut aus. Kurz zuvor hatte Frankreich bekannt gegeben, eine kleine Zahl von Verbindungsoffizieren zur Unterstützung der Opposition nach Libyen zu schicken. Bereits am Dienstag hatte die britische Regierung angekündigt, bis zu 20 Militärberater nach Libyen schicken zu wollen. Der Sprecher der französischen Regierung, François Baroin, stellte aber klar: „Wir fassen nicht die Entsendung von Bodentruppen ins Auge.“ Der französische Verteidigungsminister Gerard Longuet sagte nach einer Kabinettssitzung, dass die Frage der Bodentruppen es verdiene, international überdacht zu werden.

Trotz der verzweifelten Lage der Rebellen in der libyschen Stadt Misrata lehnt Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) den Einsatz von Bodentruppen weiter ab. „Bodentruppen sind durch die Resolution der Vereinten Nationen ausgeschlossen“, betonte er in Abu Dhabi. In der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) fand das 21. Treffen der Europäischen Union mit dem Golf-Kooperationsrat statt. Ihm gehören Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die VAE an.

Die Bundesregierung hält sich eine Entscheidung über einen humanitären Einsatz der Bundeswehr in Libyen aber weiterhin offen. Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans sagte, derzeit gebe es „keinerlei Hinweis“ darauf, dass von den Vereinten Nationen eine Anfrage nach europäischen Truppen bevorstehe. Grundsätzlich sei Deutschland aber zur Mitwirkung bereit.

Kampfflugzeuge der Nato haben nach einem Bericht des libyschen Staatsfernsehens Telekommunikations- und Rundfunkeinrichtungen in mehreren Städten des Landes unter Beschuss genommen. Der Sender al-Libija machte keine Angaben dazu, wann die Angriffe stattfanden. Westlichen Regierungsvertretern zufolge nimmt die Nato lediglich militärische Ziele ins Visier. Dies steht im Einklang mit einem Mandat der Vereinten Nationen zur Umsetzung einer Flugverbotszone und zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung. (AFP/dapd/dpa/rtr)