Ein Reiseveranstalter reagiert auf die Unruhen in Tunesien. Thomas Cook fliegt 2000 Urlauber aus. Alle Abreisen sind gestrichen.

Tunis. Der Reiseveranstalter Thomas Cook mit der Hauptmarke Neckermann fliegt seine Urlaubsgäste wegen der Unruhen in dem nordafrikanischen Land nach Deutschland zurück. Noch am Freitag würden mehrere Sondermaschinen nach Tunesien geschickt, um die rund 2000 deutschen Gäste von Thomas Cook abzuholen, teilte das Unternehmen mit. Gleichzeitig würden alle Abreisen nach Tunesien aus Deutschland bis einschließlich 17. Januar abgesagt und die Kunden entsprechend informiert. Die Gäste können kostenlos zurücktreten oder umbuchen.

Einen Tag nach weitreichenden Zugeständnissen des tunesischen Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali sind am Freitag in der Hauptstadt Tunis wieder Hunderte Menschen auf die Straße gegangen. Die Demonstranten trugen Transparente mit der Aufschrift „Wir werden nicht vergessen“ und erinnerten damit an die zahlreichen Toten der vergangen Wochen.

Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen mehrheitlich jugendlichen Demonstranten und den Sicherheitskräften sind bislang mindestens 23 Menschen ums Leben gekommen. Nach Angaben der Opposition ist die Zahl der Opfer noch um ein Dutzend höher. Die Demonstranten protestieren seit rund einem Monat gegen hohe Arbeitslosigkeit und die Politik des autokratisch regierenden Präsidenten. Am Freitag legten die Mitglieder der einzigen legalen Gewerkschaft rund um Tunis in einem symbolischen Streik die Arbeit für zwei Stunden nieder.

Angesichts der schwersten Unruhen seit seiner Machtübernahme vor 23 Jahren erklärte sich Ben Ali am Donnerstag zu Zugeständnissen bereit. So will er nicht wieder für das Präsidentenamt kandidieren, wenn auch erst nach Ablauf seiner Amtszeit 2014. Er kündigte zudem Preissenkungen für Grundnahrungsmittel an und versprach eine Öffnung des politischen Systems, wozu auch eine Lockerung der Internetzensur gehört. „Ich habe euch verstanden“, sagte Ben Ali in einer Fernsehansprache. „Ich werde es nicht dulden, dass ein weiterer Tropfen Blut vergossen wird.“ Er habe angeordnet, dass Sicherheitskräfte ihre Waffen nur noch dann einsetzen dürften, wenn sie bedroht würden. Nach seiner Rede waren mehrere zuvor gesperrte Websites wieder erreichbar, darunter das Videoportal YouTube.

Trotz der Ausgangssperre versammelten sich nach Ben Alis Ansprache Menschenmengen auf einer Hauptstraße von Tunis und Autofahrer veranstalteten ein Hupkonzert. Zunächst war unklar, ob es sich um eine von der Regierung organisierte Demonstration handelte. Am Donnerstagabend wurde bei Auseinandersetzungen in der Hauptstadt Tunis nach Augenzeugenberichten ein Mensch getötet, im Vorort Kram kamen am Abend drei Menschen bei Unruhen ums Leben. Das Urlaubsland Tunesien galt bisher als eines der stabileren Länder Nordafrikas. Ben Ali regiert das Land, seit er bei einem unblutigen Staatsstreich vor 23 Jahren an die Macht kam, mit eiserner Hand. Viele kritisieren die Regierung als korrupt und intolerant. (dpa/rtr)