„Aber es muss möglich bleiben, dass ein Gespräch vertraulich bleibt.“ Assange behauptet, die Polizei habe seine Sexpartnerinnen hereingelegt.

Hamburg/London. Ungewöhnlich, aber gewohnt klar hat sich der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt zur Sex-Affäre um den WikiLeaks-Gründer Julian Assange geäußert. Im „Zeit“-Magazin sagte Schmidt, die Hatz amerikanischer Firmen und Politiker auf Assange sei „unklug“ und: „Das wirkt wie Rache, und das ist es auch“, so Schmidt. Zu den Veröffentlichungen der Internet-Plattform selbst sagte Schmidt: Bei Themen wie den Gefangenenlagern von Abu Ghraib oder Guantánamo gebe es eine „moralische Pflicht zur Veröffentlichung“ von geheimen Dokumenten. „Aber es muss möglich bleiben, dass ein Gespräch, das zwei Personen miteinander führen, vertraulich bleibt.

Dass auch deutsche Medien die WikiLeaks-Protokolle veröffentlicht haben, verstehe er, habe aber keine Sympathie dafür. Schmidt sagte, für die amerikanische Regierung seien „diese Veröffentlichungen eine schlimme Sache, die diplomatischen Beziehungen werden eine Zeit lang beeinträchtigt sein. Aber die Amerikaner werden das überwinden.“

Assange selbst hat sich erneut in einem BBC-Interview geäußert. Er hat den beiden Schwedinnen, mit denen er einvernehmliche sexuelle Kontakte gehabt haben will, eine Überreaktion vorgeworfen. Die Frauen seien wohl „nervös geworden“, weil sie Angst vor der Übertragung von Geschlechtskrankheiten bekommen hätten. Sie hätten sich deshalb ratsuchend an die Polizei gewandt. Die schwedische Polizei habe sich auf den Fall gestürzt.

Assange ist derzeit unter strengen Auflagen in Großbritannien auf freiem Fuß. Die schwedische Staatsanwaltschaft verdächtigt ihn des sexuellen Missbrauchs der beiden Frauen und verlangt seine Auslieferung. Assange muss bis zur Entscheidung über die Auslieferung im Anwesen seines Freundes Vaughan Smith in Südostengland bleiben, eine elektronische Fußfessel tragen und sich täglich bei der örtlichen Polizei melden.

Assange will die Auslieferung verhindern, weil er befürchtet, im Falle einer Auslieferung nach Schweden dort keinen fairen Prozess zu bekommen. Die schwedische Justiz habe in ihrem Auslieferungsantrag gefordert, dass Assange unter Kommunikationsverbot gestellt werde und dass sein schwedischer Anwalt nicht über den Fall sprechen dürfe, sagte der Internet-Aktivist. „Das sind nicht die Verhältnisse, unter denen ein fairer Prozess stattfinden kann“, so Assange.

Der Australier sagte, es gebe Hinweise, dass die Frauen nur zur Polizei gegangen waren, um sich Ratschläge zu holen. Sie seien möglicherweise von der Polizei hereingelegt worden. Es gebe auch andere Darstellungen, wonach die Frauen eine Gesetzeslücke ausnutzen wollten. Wer zur Polizei gehe, um sich Ratschläge zu holen, könne nicht wegen falscher Anschuldigung belangt werden.