Die Länder der Euro-Zone haben sich offenbar auf die Modalitäten geeinigt. Notfalls soll das Land mit Milliardenhilfen gerettet werden.

Brüssel. Die Länder der Euro-Zone haben sich nach Angaben aus Diplomatenkreisen auf die Modalitäten für mögliche Hilfen an Griechenland geeinigt. Notfalls, so sei sich inzwischen die Mehrheit der EU-Staatschefs einig, solle das Land mit Millardenhilfen gerettet werden. Übereinkunft bestehe auch über die Zinshöhe für Kredite an den hochverschuldeten griechischen Staat. Die Einigung sei bei einem Treffen auf Expertenebene erzielt worden.

Der EU-Gipfel Ende März hatte ein Hilfspaket beschlossen, das eine Mischung aus bilateralen Hilfen der Euro-Länder und einem Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) vorsieht. Diese Hilfszusicherung sollte Druck der internationalen Finanzmärkte von Griechenland nehmen. In dieser Woche waren die Kosten für Schulden des griechischen Staates allerdings auf ein Rekordniveau gestiegen, der Aktienmarkt in Athen stürzte ab. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy räumte am Freitag ein, dies liege daran, dass Europa die Vereinbarung noch nicht im Detail ausgearbeitet habe.

Die letzten offenen Fragen sollen nach Von Rumpuy bei dem anstehenden EU-Finanzministertreffen kommende Woche in Madrid geklärt werden. „Wir müssen das Abkommen einsatzbereit machen“, sagte Van Rompuy der Zeiztung „Le Monde“. „Wir sind bereit einzugreifen, wenn die Griechen es wünschen.“ Auch Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy bekräftigte die Bereitschaft, Griechenland mit einem Notfallplan zu helfen: „Wir sind bereit, ihn jederzeit zu aktivieren, um Griechenland zu Hilfe zu kommen.“

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) hatten vereinbart, Griechenland im Notfall mit Finanzspritzen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Euro-Staaten unter die Arme zu greifen. Das Gesamtvolumen des Pakets soll nach Schätzungen mehr als 20 Milliarden Euro betragen. Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou betonte, sein Land plane derzeit nicht, die Nothilfen in Anspruch zu nehmen.

An den Finanzmärkten hält sich hartnäckig die Angst vor einem Crash Griechenlands. Trotz aller Beruhigungsversuche der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und der Athener Regierung verbesserten sich auch am Freitag die Bedingungen kaum, zu denen sich das Land am Kapitalmarkt mit frischem Geld versorgen kann.

Zudem werden in Griechenland Forderungen lauter, EU und IWF um Geld zu bitten, um eine drohende Staatspleite abzuwenden – und das, obwohl es zum Beispiel von der EZB fast täglich Rückendeckung für Athen gibt. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte am Donnerstag erneut den Reformkurs gelobt und Sorgen beschwichtigt: „Nach allen Informationen, die ich habe, ist ein Ausfall griechischer Staatskredite kein Thema.“

Die Märkte zeigten sich davon weitgehend unbeeindruckt. Am Freitag lag die Rendite von zehnjährigen griechischen Staatsanleihen mit knapp über sieben Prozent um gut vier Prozentpunkte höher als bei Bundesanleihen mit der gleichen Laufzeit – und damit nur unwesentlich unter dem Rekordwert vom Vortag. Am Donnerstag hatte dieser sogenannte Risikoaufschlag mit mehr als 4,50 Punkten den höchsten Stand seit der Euro-Einführung erreicht. „Schwarzer Donnerstag“, titelte die konservative Athener Zeitung „Kathimerini“.

Nach Berechnungen der Commerzbank müssen die Griechen allein am 20. April Staatsanleihen im Wert von 8,2 Milliarden Euro tilgen. Spekulanten heizen das Klima zusätzlich an. „Offenbar reichen schon einige negative Schlagzeilen, um die Renditeaufschläge bei den Staatsanleihen weiter auseinander zu treiben“, urteilten Commerzbank- Experten.

Mit einem Staatsdefizit von rund 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vergangenen Jahr ist Griechenland der größte Schuldensünder unter den 16 Euro-Ländern. Erlaubt sind nach den europäischen Regeln maximal drei Prozent Defizit. Die Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat ein drakonisches Sparprogramm eingeleitet, um den Schuldenberg in Höhe von rund 300 Milliarden Euro abzubauen: Die Mehrwertsteuer wird erhöht, Renten werden eingefrorenen, Bezüge von Staatsbediensteten gekürzt.

Nach jüngsten Daten sank das griechische Haushaltsdefizit im ersten Quartal dieses Jahres um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum: von 7,1 Milliarden Euro auf 4,3 Milliarden Euro. Dieser Rückgang kam nach Angaben der Regierung zustande, ohne dass die zuletzt beschlossenen zusätzlichen Sparmaßnahmen bereits voll in Kraft gewesen seien. Das Haushaltsdefizit könne im laufenden Jahr wie geplant auf 8,7 Prozent gesenkt werden. Ökonomen und Beobachter bezweifeln jedoch, dass die Griechen die Mammutaufgabe aus eigener Kraft werden lösen können. Die den regierenden Sozialisten nahestehende Zeitung „To Vima“ äußerte am Freitag die Meinung, eine Gruppe von zwölf IWF-Sachverständigen, die seit Mittwoch in Athen ist, erörterte bereits mit der Regierung Bedingungen und Höhe möglicher IWF-Kredite.