Die SPD übt scharfe Kritik am Verhalten des Verteidigungsministers in der Kundus-Affäre: Er wälze Verantwortung ab und suche Sündenböcke.

Berlin. Nach der gestrigen Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Luftanschlag von Kundus hat die Opposition schwere Vorwürfe gegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erhoben. Der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss, Rainer Arnold, sagte, die Aussagen des früheren Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretärs Peter Wichert zeigten, dass der Minister Sündenböcke gesucht habe.

Guttenberg hatte Schneiderhan und Wichert entlassen, weil sie ihm angeblich Informationen zu dem Luftanschlag vorenthalten haben. Wegen der mangelnden Informationen habe er die Bombardierung zweier von den Taliban gekaperter Tanklaster, bei der 142 Menschen starben, im vergangenen September ursprünglich als angemessen bewertet, hatte er sich verteidig. Später änderte er seine Einschätzung. Beide Männer wiesen Guttenbergs Vorwürfe bei ihrer Anhörung im Untersuchungsausschuss zurück.

„Guttenberg hat seine These, er wäre falsch oder schlecht informiert worden, auf keine Weise fundiert“, sagte Arnold. Die angeblich vorenthaltenen Akten hätten nicht Neues enthalten, was über den ISAF-Abschlussbericht hinausgehe, sagte der SPD- Politiker weiter. „Guttenberg hat eine Fehlbewertung vorgenommen, musste sie dann korrigieren und hat dann schnell einen Sündenbock gesucht, auf den er die Verantwortung abwälzt. Das ist stil- und würdelos. Beide fühlen sich in ihrer Ehre tief verletzt. Das schlägt auf ihn zurück.“

Auch die Grünen legten bei ihrer Kritik nach. Das Ausschussmitglied Omid Nouripour sagte im ARD- „Morgenmagazin“, einiges an den früheren Aussagen Guttenbergs sei ungereimt. Auf die Frage, ob Guttenberg zurücktreten müsse, antwortete der Grünen-Politiker: „Ich bin der Meinung, dass der Minister zurücktreten muss, wenn wir ihn überführt haben, ihn überführt haben der Lüge (...). Ich sehe das noch nicht.“ Die Linken waren indes weniger zurückhaltender. Nach der Sitzung hatte der Linken-Politiker Jan van Aken Guttenberg vorgeworfen, gelogen zu haben.

Am 22. April wird Guttenberg die Gelegenheit haben, sich erneut zu verteidigen. Dann wird er, kurz vor der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, vor dem Ausschuss aussagen. Das FDP-Ausschussmitglied Hellmut Königshaus erklärt, dass erst nach Guttenbergs Aussage eine endgültige Bewertung der Kundus-Affäre vorgenommen werden könne. Weshalb der Minister seine Ansicht über die militärische Angemessenheit des Luftschlages geändert habe, wisse man noch nicht, sagte Königshaus dem Deutschlandfunk.

Doch nicht nur auf Guttenberg wächst zurzeit der Druck: Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Bundeswehr-Oberst Georg Klein und seinen Flugleitoffizier wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Völkerstrafgesetzbuch. Klein hatte den umstrittenen Luftangriff angeordnet.

Das Ermittlungsverfahren ist der Behörde zufolge unter anderem deswegen unabdingbar, weil die Informationsmöglichkeiten über das tatsächliche Geschehen vom 4. September 2009, die es im Rahmen eines Prüfvorganges gibt, ausgeschöpft sind. Nur ein Ermittlungsverfahren biete die Möglichkeit, Zeugenvernehmungen durchzuführen sowie den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Zu Einzelheiten der Untersuchung will sich die Bundesanwaltschaft erst nach Abschluss ihrer Prüfung äußern. Der Luftangriff wird derzeit auch von einem Untersuchungsausschuss des Bundestages überprüft.