Die Neuverschuldung steigt 2010 auf ein Rekordniveau. Dennoch will Kanzlerin Merkel die Steuern senken. Zugleich warnt sie: „Die Krise ist nicht vorbei.“

Berlin. Es ist eines der größten Streitthemen der schwarz-gelben Koalition: die Steuern. Die FDP besteht auf weitere Senkungen, die CDU hat Vorbehalte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich jetzt deutlich zu den geplanten Steuersenkungen bekannt - trotz der Rekordverschuldung des Staates. Mit weiteren Entlastungen werde Wachstum geschaffen. „Das ist unsere Überzeugung“, sagte Merkel im Bundestag in der Generalaussprache über den Bundeshaushalt. Ziel der schwarz-gelben Koalition sei eine Strukturreform für ein einfacheres Steuerrecht, erklärte die CDU-Chefin. Auch solle die Ungerechtigkeit bei der Besteuerung kleiner und mittlerer Einkommen abgebaut werden.

„Wir brauchen motivierte Bürger, die wissen, warum sie Steuern zahlen, und finden, dass es dabei gerecht zugeht“, sagte Merkel. Zur Kritik, Steuersenkungen seien wegen der aktuellen Finanznot des Staates nicht finanzierbar, sagte Merkel, die Wahlprogramme von CDU, CSU und FDP würden umgesetzt. Das genaue Konzept werde nach der neuen Steuerschätzung im Mai entwickelt.

Auch die historisch hohe Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro verteidigte Merkel. Der Etat habe zwar die höchste Rekord-Neuverschuldung. Eine geringere Neuverschuldung wäre aber eine falsche Antwort. Die Regierung wolle dennoch die neu im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einhalten, die ab 2016 greift. Merkel nannte die neue Schuldenregel die „Leitplanke“ für die gesamte Arbeit ihrer Regierung. Die „politische Kunst“ bestehe darin, Wachstumspolitik und solide Finanzen zu verknüpfen.

Gleichzeitig stimmte Merkel die Bürger in Deutschland auf weitere magere Jahre ein. Der beispiellose Wirtschaftseinbruch von minus fünf Prozent im vergangenen Jahr werde die Politik über weite Teile der Legislaturperiode beschäftigen. „Die Krise ist noch nicht vorbei“, sagte sie. Die bisherige Krisenbekämpfung nannte sie erfolgreich: „Wir haben es geschafft, international und national die richtigen Lehren zu ziehen und den Absturz in den Abgrund zu verhindern.“ Es gehe jetzt darum, klug aus dem Tal herauszukommen. „Wenn wir 2013 wieder das Niveau vor der Krise erreichen, dann haben wir gute Arbeit geleistet“, sagte die CDU-Chefin.

Merkel nutzt die Generalaussprache auch, um dem Vorstoß von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) nach einer strengen Arbeitspflicht für Hartz IV-Empfänger eine Absage zu erteilen. „Ich glaube, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, was die Notwendigkeit der Arbeitsaufnahme betrifft, eindeutig ausreichend sind“, sagte Merkel. „Wer eine zumutbare Arbeit nicht annimmt, hat heute Sanktionen zu befürchten.“ Allerdings müsse immer wieder über die Umsetzung der Sanktionen gesprochen werden. Der hessische Ministerpräsident Koch hatte am Wochenende gefordert, jeder Hartz-IV-Empfänger müsse als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung einer Beschäftigung nachgehen und hatte damit auch Proteste in den eigenen Reihen ausgelöst.

Die Opposition ging bei der Generalaussprache mit der Regierung hart ins Gericht. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat der schwarz-gelben Regierung Klientelpolitik und Kanzlerin Angela Merkel Führungsschwäche vorgeworfen. „Sie verschleudern das Geld, das hinterher an allen Ecken und Enden fehlt“, sagte Steinmeier.

Auch die Grünen warfen Merkel Planlosigkeit vor. Die Bundesregierung sei „eine Regierung ohne Werte, ohne Ziele, ohne Plan und auch ohne Mut, auf die Herausforderungen zu reagieren“, sagte die rünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast.

Linksfraktionschef Gregor Gysi lehnte den Haushaltsentwurf der schwarz-gelben Koalition für das Jahr 2010 erneut ab. Die geplanten Steuersenkungen trieben die Kommunen in die Pleite, sagte Gysi. Zudem bevorzuge der geplante Stufentarif bei der Einkommensteuer Bürger mit höherem Einkommen.