Hessens Landeschef Koch will Hartz-IV-Empfänger zur Arbeit verpflichten. Dafür hat er auch in der CDU Kritik geerntet. Nun bekommt er Unterstützung.

Berlin. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ist bekannt für polarisierende Vorstöße. Auch als er am Wochenende vorschlug eine Arbeitspflicht für Hartz-IV- Empfänger einzuführen, hat er eine bundesweite Debatte ausgelöst, die geprägt ist von scharfer Kritik auch aus den eigenen Reihen. Doch jetzt eilte ihm der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs (CDU) zur Seite. „Jedem Hartz-IV- Empfänger müssen wir grundsätzlich abverlangen können, dass er als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung gegebenenfalls einer Beschäftigung nachgeht“, sagte er den „Ruhr Nachrichten“. „Wer arbeiten kann, auch teilweise, soll arbeiten.“

Damit wiederholte Fuchs in etwa Kochs Forderung. Wörtlich hatte der hessische Ministerpräsident gefordert: „Wir müssen jedem Hartz-IV- Empfänger abverlangen, dass er als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung einer Beschäftigung nachgeht, auch niederwertige Arbeit, im Zweifel in einer öffentlichen Beschäftigung.“

Obwohl es umgehend Kritik auch aus den eigenen Reihen für Koch hagelte, legte er am Montag noch einmal nach. Der Staat müsse für Hartz-IV-Empfänger Jobs in der gemeinnützigen Bürger- und Gemeindearbeit schaffen, verlangte er in der Internet-Ausgabe der Zeitung „Die Welt“. „Wir reden über Hunderttausende von Plätzen.“ Für Kommunen und Staat sei die Arbeitsplatzbeschaffung eine Herausforderung. Doch es gebe „genug Arbeit zu tun“.

Zudem müssten die Jobcenter von Strafen gegen arbeitsunwillige Erwerbslose in der Grundsicherung stärker Gebrauch machen, sagte der stellvertretende CDU-Chef der Zeitung „Die Welt“. „Viele Jobcenter schrecken heute angesichts der zahlreichen Prozesse vor den Sozialgerichten vor Sanktionen zurück“, sagte Koch. Die Arbeitsverwaltung müsse daher „verpflichtet werden, Sanktionen auch einzusetzen“.

Mit seinem Vorschlag spaltet Koch die CDU. Denn anders als Fuchs kritisierte der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) Koch. „Wir brauchen keinen Ministerpräsidenten, der das fordert, was im Gesetz steht“, sagte Laumann in der SWR-Fernsehsendung „2+Leif“. Zuvor hatte sich auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) umgehend von Kochs Idee diestanziert.

Ähnlich wie Lauman argumentierte auch das Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Annelie Buntenbach. „Faktisch haben wir jetzt schon eine Arbeitspflicht: Die Sanktionsmöglichkeiten bei Hartz IV sind gegenüber der alten Sozialhilfe sogar noch verschärft worden – so können die Transferleistungen zunächst um 30 Prozent gekürzt, im Zweifel sogar ganz gestrichen werden,“ sagte Buntenbach den Ruhrnachrichten.

DGB-Chef Michael Sommer wies Kochs Vorstoß erneut scharf zurück. „Wogegen ich mich prinzipiell wehre ist, dass wir Arbeit als Strafe bezeichnen. Arbeit ist das, was die Menschen wollen, wenn sie arbeitslos sind“, sagte Sommer im Bayerischen Rundfunk (Bayern 2). Da es bereits Möglichkeiten gebe, arbeitsunwillige Hartz-IV- Empfänger mit Sanktionen zu belegen, sei „der Vorschlag von Herrn Koch wirklich was für die Stammtische, aber nicht etwas für die Verbesserung der Situation“.

Dass sich beim Harzt-IV-Gesetz etwas ändern muss, dafür hatten sich in den vergangenen Tagen immer mehr Politiker ausgesprochen. Auch Ursula von der Leyen hatte sich für eine umfassende Reform ausgesprochen. Nur wie diese Reform aussehen könnte, darüber herrscht weitgehend Uneinigkeit. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) sprach sich jetzt für eine zurückhaltende Reform der Hartz-Gesetze aus, bei der nur die bestehenden Ungerechtigkeiten, nicht aber das ganze System in Frage gestellt werden soll. Er sagte der „Leipziger Volkszeitung“, noch von Rot-Grün geschaffene „eklatante soziale Ungerechtigkeiten“ seien bei den Bezugszeiten für das Arbeitslosengeld I bereits korrigiert. Beim Schonvermögen für Hartz- IV-Bezieher habe sich die Koalition auf Verbesserungen im Koalitionsvertrag geeinigt. Pofalla: „Bei den Hinzuverdienst- Möglichkeiten bei Hartz IV gibt es noch große Ungerechtigkeiten. Das werden wir ändern.“