Erste Ergebnisse der Kommission sind durchgesickert. Atomausstieg bis 2021 und eine Abwrackprämie für Stromfresser.

Berlin. Die Ethik-Kommission hat überraschend schnell erste Ergebnisse ihrer Arbeit auf einen schnelleren Atom-Ausstieg hin durchsickern lassen. Und die Bundesregierung scheint einen parteiübergreifenden Konsens in der Energiewende anzustreben. Umweltminister Norbert Röttgen sagte bei einer Veranstaltung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): „Es gibt Kampffragen, die in einen Kompromiss geführt werden sollten, weil sie die Gesellschaft in fast militanter Weise spalten.“ Die Auseinandersetzung über die Atomenergie sei in Deutschland eine „ermüdende, lähmende Kampfgeschichte“. Jetzt sei die Möglichkeit da, daraus ein Konsensthema zu machen, führte Röttgen aus. Wenn dies nicht gelinge, fehle den Unternehmen Sicherheit für Investitionen.

Auch der Bischof der badischen evangelischen Landeskirche, Ulrich Fischer, sprach das an. Fischer, der Mitglied in der von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berufenen Ethik-Kommission ist, bezeichnete die Energiepolitik als „vermintes Gelände“. Die Kommission könne dazu beitragen, die Minen zu räumen. Der gesellschaftliche Konsens, der gefunden werden müsse, dürfe sich nicht nur auf eine technisch-wissenschaftliche Basis stützen.

Die nach der Reaktor-Katastrophe im japanischen Fukushima einberufene Ethik-Kommission berät Mitte Mai in einer zweiten Klausursitzung über die Zukunft der Energieversorgung. Ihr gehören 17 Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Kirchen, Wirtschaft und Wissenschaft an. Am 28. Mai will sie ihre Empfehlungen vorstellen. In einem Entwurf für den Abschlussbericht empfiehlt die Kommission einen raschen Atomausstieg.

Die wichtigsten Vorschläge des 28-seitigen Papiers hier im Überblick:

Atomausstieg: Bis 2021 oder sogar noch früher, das Enddatum soll kontinuierlich überprüft werden. Wenn die Auswirkungen auf die Strompreise, die Entwicklung der CO2-Emissionen und die Stabilität des Netzes es zulassen, soll auch ein früheres Ende der Kernenergie-Nutzung möglich sein.

Vorübergehend stillgelegte AKW: Die sieben ältesten Meiler und die wegen Pannen stillstehende Anlage im schleswig-holsteinischen Krümmel sollen für immer abgeschaltet werden. Ergibt die technische Überprüfung, dass auch neuere Anlagen bestimmte Standards nicht erfüllen, könnten auch diese vom Netz genommen werden.

AKW als Reserve: Abgeschaltete Atomkraftwerke können für einen Übergangszeitraum wie alte Gas- und Kohlekraftwerke als „Kaltreserve“ dienen, um bei Engpässen Strom produzieren zu können. Zudem soll durch mehr und bessere Speichertechniken der Aufbau einer nationalen Strom-Versorgungsreserve in Höhe einer halben Jahresproduktion angegangen werden.

Atombeauftragter: Zur Begleitung der Energiewende soll ein Parlamentarischer Beauftragter benannt werden. Zur Begleitung der gesellschaftlichen Debatte soll ein „Nationales Forum Energiewende“ eingerichtet werden, da der Prozess nur unter Einbindung aller relevanten Gruppen gelingen könne.

Endlagerung: Die Entsorgung von in Deutschland entstandenem Atommüll soll auch hierzulande stattfinden. Der Müll soll so gelagert werden, dass er bei Problemen zurückgeholt werden kann. Dies erweitere den Suchraum für Endlagerstätten.

EU-Atompolitik: Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima soll die Reaktorsicherheit auf EU-Ebene gebündelt werden, um Sanktionen gegen unsichere Anlagen durchsetzen zu können. „Die Nuklearsicherheit muss Europapolitik werden“, heißt es. Konkret: Definition von Sicherheitsstandards für Bau und Betrieb von Atomkraftwerken; möglicherweise Kündigung des Euratom-Vertrags, der nicht mehr zeitgemäß sei, und stattdessen Kontrolle der AKW-Sicherheit durch EU-Kommission.

Beschleunigte Energiewende: Die Regierung soll neben dem Ausbau der Ökoenergien, dem Bau neuer Gaskraftwerke, der Bündelung von Verfahren zum Netzausbau und dem Aufbau von Stromspeichern mehr tun, damit Energie gespart wird. Etwa durch eine Art Abwrackprogramm für stromfressende Geräte und die verpflichtende Einführung von intelligenten Stromzählern, die helfen, den Verbrauch effizienter zu gestalten. Zudem wird eine massive Aufstockung der Fördermittel für die Gebäudesanierung auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr verlangt. (epd/dpa/ryb)