Das Terrornetzwerk Al-Qaida hat den Tod von Osama bin Laden bestätigt. Feind Nummer 1 ist jetzt nicht mehr die USA.

Hamburg/Washington. Das Terrornetzwerk al-Qaida hat den Tod seines Gründers und Chefs Osama bin Laden bestätigt. Wie das auf die Überwachung islamistischer Webseiten spezialisierte US-Unternehmen Site mitteilte, kündigte al-Qaida zudem Vergeltung an. Das Blut bin Ladens dürfe nicht umsonst vergossen worden sei, hieß es den Angaben zufolge. Al-Qaida kündigte in der Erklärung an, „ohne Zögern und Widerwillen“ den „Pfad des Dschihad“ fortzusetzen. Das Terrornetzwerk rief die Muslime in Pakistan auf zum Aufstand auf, um die „Schande“ der Tötung von bin Laden zu tilgen, die durch eine „Bande von Verrätern und Dieben“ über sie gebracht worden sei.

Die Nachricht, dass Osama Bin Laden getötet worden war, habe auch bei Pakistans Militär "eingeschlagen wie eine Bombe", schreibt "Asia Times". Denn nun müsse es befürchten, dass die heimischen militanten Islamisten sich mit ihrer gesammelten Wut gegen Pakistan selbst richten werden. Die ersten Drohungen sind bereits gefallen: Die pakistanischen Taliban haben erklärt, Pakistan sei von nun an ihr "Feind Nummer 1" - noch vor den USA.

Unterdessen ist in Deutschland ein ICE nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa wegen einer CD-Rom mit der Aufschrift „Allah wird uns alle töten“ gestoppt worden. Die CD sei im Bordbistro des ICE von Berlin nach Interlaken gefunden worden und in Karlsruhe der Bundespolizei übergeben worden.

Darauf sei der Zug weitergefahren, aber in Freiburg gestoppt worden, wo die Waggons geräumt wurden. Die Passagiere seien auf andere Züge umgestiegen. Hinweise auf denjenigen, der die CD hinterlassen habe, gebe es bislang nicht. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Polizei und Rettungsdienste waren im Großeinsatz.

Der Präsident des Bundesnachrichtendiensts (BND), Ernst Uhrlau, hat nach dem Tod von bin Laden vor Racheaktionen fanatischer Einzeltäter gewarnt. „Wir müssen derzeit besonders auf Einzeltäter achten, die nicht aus fest strukturierten Zusammenhängen kommen, sondern mit Bestrafungsaktionen ihren Beitrag zum Dschihad leisten wollen“, sagte Uhrlau dem „Spiegel“. Attentäter wie der Frankfurter Arid U., der Anfang März zwei amerikanische Soldaten am Frankfurter Flughafen erschossen hatte, seien „mindestens eine so große Gefahr wie organisierte Anschläge von al-Qaida selbst“, sagte Uhrlau. „Wir werden noch eine lange Zeit mit diesen beiden Arten von Terrorismus zu kämpfen haben – auch in Deutschland“, sagte der BND-Präsident weiter.

Lesen Sie auch

Hamburger Richter zeigt Merkel wegen Bin-Laden-Äußerung an

Al-Qaida wollte in den USA Züge entgleisen lassen

Inside al-Qaida: Bin Ladens Kinder durften keine Cola kaufen

Geronimo EKIA – wie Obama bin Ladens Kopfschuss erlebte

Uhrlau äußerte zugleich die Erwartung, dass der Tod Bin Ladens die al-Qaida vor große Probleme stellt. So sei es „sehr fraglich“, ob Spenden an das Terrornetzwerk, die vor allem wegen Bin Laden eingegangen seien, künftig noch weiter fließen. Ebenso unsicher sei, wie es mit den Al-Qaida-Anhängern weitergehe, die ausdrücklich Bin Laden die Treue geschworen haben. „Es ist nicht sicher, ob sie einem Nachfolger gehorchen werden“, sagte Uhrlau.

Nach der Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte haben jetzt auch weitere Uno-Experten von Washington Aufklärung über den Tod von Terroristenchef Osama bin Laden verlangt. „Die USA sollten die Fakten offenlegen, die erläutern, ob die jüngste Anwendung tödlicher Gewalt gegen Osama bin Laden den Standards des internationalen Völkerrechtes entsprechen“, erklärten zwei Uno-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Genf. Auch Uno-Hochkommissarin Navi Pillay hatte von der US-Regierung mehr Einzelheiten über die Umstände der Tötung Bin Ladens verlangt.

Die Uno-Experten Christof Heyns und Martin Scheinin erkennen zwar an, dass es unter gewissen Umständen nötig sein kann, sozusagen als letzte Maßnahme gegen den Terrorismus auch tödliche Gewalt anzuwenden, um Menschenleben zu schützen. „(Aber) Aktionen von Staaten im Kampf gegen den Terrorismus, besonders in so herausragenden Fällen, setzen auch Maßstäbe in der Art, wie das Recht auf Leben in zukünftigen Fällen behandelt wird“, erklärten die Experten.

So sei es besonders wichtig zu erfahren, ob bei der Planung der Mission auch vorgesehen gewesen sei, Bin Laden zu verhaften. Dies müsse öffentlich gemacht werden. Es sollte die Norm sein, dass Terroristen als Kriminelle behandelt werden, mit rechtlichem Verfahren, Urteil und juristisch gerechtfertigter Strafe.

Mit Material von dpa, dapd, AFP, rtr