Rösler und Bahr drängen Brüderle zum Rückzug aus der Parteispitze. Machtspiele der FDP-Topleute gehen weiter. Was wird aus Homburger?

Berlin. Der Machtkampf in der FDP geht weiter, eine Entscheidung könnte an diesem Mittwoch fallen. Hinter den Kulissen drängt der designierte Parteichef Philipp Rösler (Gesundheitsminister) den umstrittenen Vizevorsitzenden Rainer Brüderle (Wirtschaftsminister) zum Rückzug, wie es aus Parteikreisen hieß. Die ebenfalls angeschlagene Fraktionschefin Birgit Homburger scheint nun bereit, vorgezogene Neuwahlen der Fraktionsspitze zu akzeptieren – was sie ihren Posten kosten könnte. Über das Vorziehen der für den Herbst vorgesehenen Wahl der Fraktionsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter beriet der Fraktionsvorstand in Berlin, wie eine Fraktionssprecherin sagte. Die Fraktion hat für Sonntag und Montag eine zweitägige Klausur angesetzt.

Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, Homburger wolle ein Vorziehen der Wahl vorschlagen. Dies wurde aus der Fraktion bestätigt. Als Termine kämen der 24. Mai und der 7. Juni infrage. Mit ihrem Vorstoß reagiert Homburger auf die anhaltende Kritik aus den eigenen Reihen, unter anderem von ihrem Stellvertreter Jürgen Koppelin.

Viele Parteifreunde machen sie mitverantwortlich für das schlechte Abschneiden bei den jüngsten Landtagswahlen. In Baden-Württemberg, wo Homburger Landesvorsitzende ist, waren die Liberalen nur knapp in den Landtag eingezogen. Schwarz-Gelb hatte die Mehrheit verloren. In Rheinland-Pfalz war die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Diese Niederlage wird auch dem Landesvorsitzenden Brüderle angelastet, der deshalb diesen Posten aufgeben will. Sein Amt als Bundeswirtschaftsminister will er aber unbedingt behalten; die erneute Kandidatur als Bundesvize der Liberalen hielt er sich zunächst ausdrücklich offen.

Nun hieß es aus Parteikreisen, der Rösler-Vertraute und nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Daniel Bahr (Röslers Staatssekretär) habe Brüderle in Absprache mit Rösler den „Fehdehandschuh“ hingeworfen: Falls Brüderle als Vize kandidiere, müsse er sich auf eine Kampfkandidatur gegen Bahr einstellen – und damit auf eine wahrscheinliche Niederlage. Sollte Brüderle als Parteivize unterliegen, wäre auch sein Kabinettsposten in Gefahr, den Rösler und Bahr ihm eigentlich lassen wollen. Es handele sich um eine „unverhohlene Drohung“, hieß es.

Rösler hatte wider Erwarten am Montag noch kein eigenes Personaltableau vorgelegt. Dem Vernehmen nach fühlt er sich durch Brüderles Hinhaltetaktik in der eigenen Planung des Führungsteams behindert. Brüderle wiederum wolle offenbar abwarten, wie die wichtigen Landesparteitage in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordhrein-Westfalen am Wochenende ausgehen.

Brüderle selbst will sich nicht zur Wiederwahl als Landesvorsitzender stellen, erhofft sich aber offenbar Rückendeckung von seinem Landesverband. In Baden-Württemberg gibt es eine Kampfkandidatur, deren Ausgang auch für ihn entscheidend sein könnte: Homburger hat Brüderle Rückendeckung auf dem Bundesparteitag versprochen, ihr Gegenkandidat Michael Theurer gilt dagegen als Brüderle-Kritiker.

Der scheidende FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle verzichtet künftig auch auf einen Platz im Koalitionsausschuss des schwarz-gelben Regierungsbündnisses. „Ich werde mich mit ganzer Kraft auf das Amt des Außenministers konzentrieren. Dazu zählt auch, dass ich dem Koalitionsausschuss in Zukunft nicht mehr angehören werde“, sagte Westerwelle der „Welt“. Es handele sich schließlich um eine Runde von Parteivertretern, nicht von Kabinettsmitgliedern, sagte er. Der Koalitionsausschuss ist eine Runde ranghoher Vertreter von CDU, CSU und FDP, die sich regelmäßig trifft, um über grundsätzliche oder besonders strittige Fragen der Regierungsarbeit zu entscheiden. Westerwelles Ämter als FDP-Vorsitzender und Stellvertreter von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll auf dem FDP-Parteitag Mitte Mai Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) übernehmen. Im Koalitionsausschuss ist bislang unter anderem auch FDP-Parteivize Rainer Brüderle vertreten. Zuletzt war spekuliert worden, ob dieser aus dem Gremium ausscheiden muss. (dapd/AFP)