Rösler will Wirtschaftsministerium. Brüderle wehrt sich

Berlin. In der FDP ist ein heftiger Machtkampf um die personelle Neuaufstellung an der Parteispitze entbrannt. Anders als zuvor angekündigt konnte sich das Präsidium gestern nicht auf einen neuen Vorsitzenden einigen. Die Gespräche wurden auf den heutigen Dienstag vertagt. Nach wie vor gilt jedoch Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler als Favorit für die Nachfolge von Guido Westerwelle, der am Sonntag angekündigt hatte, nicht erneut für das Amt des Parteichefs zu kandidieren.

Kern der Debatte ist die künftige Konstellation der neuen Führungsgeneration, die jetzt an die Spitze drängt. Rösler, 38, hat Interesse am Wirtschaftsministerium bekundet. Als Parteichef würde ihm so mehr Gestaltungsspielraum zur Verfügung stehen als im Gesundheitsressort. Amtsinhaber Rainer Brüderle, 65, ließ gestern jedoch ausrichten, er übe sein Amt "mit Freude und großem Engagement" aus.

Nur ein Wechsel Röslers würde zudem den Weg frei machen für den Landeschef der nordrhein-westfälischen FDP, Daniel Bahr, 34. Er soll ebenfalls mehr Verantwortung übernehmen und gilt als willig und fähig, in das Gesundheitsministerium aufzusteigen. Generalsekretär Christian Lindner, 32, gilt ebenfalls als Anwärter für den Posten des Parteichefs. Ihm werden auch gute Chancen eingeräumt, den Fraktionsvorsitz von Birgit Homburger, 45, zu übernehmen. Dann aber stünde die FDP vor der Suche nach einem neuen Generalsekretär. Für die heutige Sitzung ist entscheidend, ob einer der etablierten Liberalen zugunsten des Nachwuchses auf ein Amt verzichtet.

Westerwelle, 49, kündigte gestern an, sich auch vom Posten des Vizekanzlers zurückzuziehen. "Es ist völlig klar, dass der nächste Parteivorsitzende, wenn er dem Kabinett angehört, auch Vizekanzler wird", sagte er. Ex-Innenminister Gerhart Baum (FDP) forderte ihn auf, auch als Außenminister zurückzutreten. "Ein glaubwürdiger Neuanfang ist für die FDP nur ohne Westerwelle zu machen", sagte er "Spiegel Online". Die Vize-Vorsitzende des EU-Parlaments, Silvana Koch-Mehrin (FDP), verteidigte Westerwelle. Er sei "ein exzellenter Außenminister und soll es auch bleiben", sagte sie dem Abendblatt. "Gerhart Baum hat als Ratgeber der FDP nicht mehr eine so große Relevanz." Koch-Mehrin betonte: "Es wird einen weitreichenden Umbau der Parteiführung und eine neue inhaltliche Schwerpunktsetzung geben." Auch die Fraktionschefin der Hamburger FDP, Katja Suding, nahm Westerwelle in Schutz: "Guido Westerwelle sollte das Außenamt behalten. Er hat als Außenminister gute Arbeit geleistet", sagte sie dem Abendblatt.