Der Entwicklungsminister ist an stellvertretendem Parteivorsitz interessiert. Rösler soll Gesundheitsminister bleiben.

Hamburg. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat den Umgang der Liberalen mit ihrem Vorsitzenden Guido Westerwelle scharf kritisiert. „Guido Westerwelle ist waidwund geschossen worden. Mit diesem Stil hat sich die FDP keine Freunde gemacht“, sagte Niebel im Interview des Hamburger Abendblatts (Dienstag). „Die Achtung vor anderen ist eine bürgerliche Tugend. Es wird uns gut tun, wenn wir diese Kompetenz zurückgewinnen.“ Westerwelle sei der erfolgreichste FDP-Chef aller Zeiten gewesen.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler sei in der jetzigen Situation „am ehesten in Frage“ gekommen, neuer Parteichef zu werden, sagte Niebel. Der designierte Parteivorsitzende solle nun auch Spitzenkandidat der FDP bei der nächsten Bundestagswahl werden. Ein Wechsel des Ministeriums sei dafür nicht erforderlich. Röslers Gesundheitsressort sei „in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt“, sagte der frühere FDP-Generalsekretär. „Wenn er gute Arbeit macht, wird er auch gute Wahlergebnisse erzielen.“

Niebel zeigte Interesse, stellvertretender Parteivorsitzender zu werden. Seine Kandidatur hänge allerdings auch davon ab, ob Wirtschaftsminister Rainer Brüderle noch einmal antrete. „Eine Kampfkandidatur gegen ein anderes Kabinettsmitglied schließe ich aus“, sagte er. Mit den Bewerbungen von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr rechne er fest.

Die FDP müsse sich „inhaltlich und personell neu aufstellen“, forderte Niebel. „Das Präsidium, das wir auf dem Parteitag im Mai wählen, wird mit dem jetzigen kaum noch etwas gemeinsam haben.“ Den Liberalen müsse dabei „eine Mischung aus Erneuerung und Kontinuität“ gelingen. Der Entwicklungsminister machte sich für einen Verbleib von Birgit Homburger im Amt der Fraktionsvorsitzenden stark. „Auch wenn das in der Öffentlichkeit nicht immer so wahrgenommen wird: Birgit Homburger verkörpert gutes Regierungshandeln“, sagte er.

Zugleich nahm Niebel die FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin in der Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit in Schutz. „ Ich halte es für vernünftig, dass Silvana Koch-Mehrin schweigt“, sagte er. „Die Vorwürfe kommen anonym aus dem Internet, und es fällt schwer, ihre Stichhaltigkeit zu beurteilen. Daher sollten wir abwarten, zu welchem Ergebnis die Universität Heidelberg bei ihrer Prüfung gelangt.“

Die Erfolgsaussichten der FDP bei den nächsten Landtagswahlen in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und beurteilte der Minister skeptisch. „Es wird in allen drei Ländern sportlich, den Einzug ins Parlament zu schaffen. In den Stadtstaaten haben wir traditionell einen schweren Stand“, sagte Niebel. Aber wir dürfen nichts unversucht lassen. Hamburg hat gezeigt, was möglich ist.“ (gau)