Bundesdatenschützer und FDP kritisieren beim Zensus 2011 Fragen zur Religion. Volkszählung kostet Hamburg rund fünf Millionen Euro.

Hamburg/Berlin. Knapp eine Woche vor dem Start des Zensus 2011 mehrt sich die Kritik an der Volkszählung. Der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar, äußerte sich skeptisch über die bundesweite Befragung, mit der die Statistiker Daten über die Bevölkerung, deren Erwerbstätigkeit und Wohnsituation ermitteln wollen. "Ob sich die hohen Kosten für den Zensus rechnen, werden wir wohl erst dann wissen, wenn die Ergebnisse vorliegen", sagte Schaar dem Hamburger Abendblatt. "Ich frage mich aber schon, warum nicht eine Erhebung allein aus den Registern ausgereicht hätte", fügte er hinzu.

Portal der Statistikämter zum Zensus 2011

In Hamburg sollen ab dem 10. Mai 62.500 Personen und in Schleswig-Holstein 285.600 Personen befragt werden, die durch ein mathematisches Zufallsverfahren ausgewählt wurden. Bundesweit sollen etwa zehn Prozent der Bevölkerung an dem Zensus teilnehmen. Anders als von Datenschützer Schaar gewünscht, werden die Informationen nicht allein aus Datensammlungen von Behörden wie dem Melderegister gewonnen. Stattdessen erhalten die ausgewählten Haushalte seit Montag per Post Terminvorschläge für Interviews vor Ort. Die 46 Fragen beziehen sich auf Alter, Familienstand und Beruf, aber auch auf Weltanschauung und Religionszugehörigkeit.

Weitere Informationen Statistikamt Nord, u.a. Abbildungen des Interviewerausweises und Musterfragebogen

Nach einer EU-Verordnung müssen die Mitgliedstaaten alle zehn Jahre bestimmte Daten zur Bevölkerung erheben. Die Zensus-2011-Frage nach der persönlichen Weltanschauung lehnt Datenschützer Schaar jedoch ab. Weder die Abfrage der Religionszugehörigkeit noch die des Glaubensbekenntnisses sei europarechtlich vorgegeben. "Bei den Beratungen des Zensusgesetzes habe ich die Aufnahme dieser Erhebungsmerkmale deshalb kritisch bewertet - leider ohne durchschlagenden Erfolg", sagte der Datenschützer. "Allerdings sollten die Befragten in angemessener Weise darauf hingewiesen werden, dass die Angabe des Glaubensbekenntnisses freiwillig ist."

Auch bei der FDP stoßen diese Fragen auf Ablehnung. Die Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, sagte dem Abendblatt, dass die Frage nach der Religionszugehörigkeit für den Zensus eigentlich keine Rolle spielen sollte. "Vor allem bei Religionen, für die laut Grundgesetz kein Religionsunterricht angeboten werden muss und die somit statistisch weniger relevant sind, gibt es wirklich keine Begründung, diese Daten zu erheben", begründete Piltz ihre Kritik. Piltz betonte, dass beim Eintritt der FDP in die Regierung die Vorbereitungen für den Zensus jedoch bereits weitgehend getroffen worden seien. "Die Behörden hatten sich schon aufgrund des geltenden Gesetzes darauf eingestellt." Dies respektiere die FDP-Fraktion. Piltz riet den am Zensus teilnehmenden Bürgern, bei der Offenlegung von persönlichen Angaben achtsam zu sein. "Ich würde schon darauf achten, so wenig wie möglich, also nur so viel wie absolut notwendig, von meinen höchstpersönlichen Daten preiszugeben", sagte die FDP-Politikerin.

Zugleich appellierte Piltz an die ausgewählten Teilnehmer, der Aufforderung zur Beantwortung der Fragen Folge zu leisten. "Die Haus- und Grundbesitzer sowie die ausgewählten Haushalte sind gesetzlich zur Teilnahme verpflichtet. Insofern wäre eine Verweigerung eine Missachtung der gesetzlichen Pflicht", warnte die Liberale. Wer sich nicht befragen lässt, riskiert ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 500 Euro. Datenschützer Schaar riet jedem zu Befragenden, sich den Ausweis des Interviewers zeigen zu lassen. "Wer den Erhebungsbeauftragten nicht in seine Wohnung lassen möchte, kann den Bogen auch selbst ausfüllen und der Erhebungsstelle zusenden", sagte Schaar.

Nach Informationen der "Welt" kostet die Volkszählung, die bis Juli abgeschlossen sein soll, Hamburg rund fünf Millionen Euro. Die Kritik hält sich jedoch in Grenzen. "Es gab Skepsis zum Beispiel des Datenschutzbeauftragten bei einzelnen Fragen, aber keine grundsätzlichen Bedenken", sagt Senatssprecher Christoph Holstein dem Abendblatt. Den städtischen Behörden dienen die Daten als Grundlage politischer Entscheidungen und Planungsprozesse, beispielsweise für Schulen und Krankenhäuser. Außerdem werden die Einwohnerzahlen unter anderem dafür verwendet, um den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern zu ermitteln.