Spätestens mit dem Beginn des Weihnachtsmarktes müssen die Aktivisten von “Occupy Hamburg“ ihre Zelte vor der HSH Nordbank abbrechen.

Hamburg. Die Konfrontation ist ausgeblieben: Markus Schreiber, Leiter des Bezirksamts Mitte, und die Protestcamper vom Gerhart-Hauptmann-Platz haben sich in einem Gespräch am Dienstagnachmittag auf einen Kompromiss geeinigt. Danach gilt das bezirkliche Verbot für Übernachtungen in Zelten auf dem Platz zwar weiterhin. "Aber wir räumen sie nicht weg, und sie bekommen auch keine Bußgelder", sagte Schreiber dem Abendblatt.

Mit anderen Worten: Der Bezirk Mitte toleriert das Protestcamp gegen die Auswüchse der Finanzwelt vor dem Eingang zur skandalgeschüttelten HSH Nordbank. Am Tag zuvor hatte es noch anders geklungen. Da hatte Schreiber erklärt, er werde die für Übernachtungen vorgesehenen Igluzelte räumen lassen, falls die Protestler dies nicht freiwillig machten. Jetzt geht es Schreiber darum, dass die Feuerwehr ungehinderten Zugang zu den Gebäuden rund um den Platz hat und Passanten nicht behindert werden. Der Bezirksamtsleiter zeigte sich zudem positiv überrascht von seinen Gesprächspartnern. "Das sind nette, sympathische Leute", sagte Schreiber. Die gleichen politischen Ziele habe man ohnehin.

Nach dem Einlenken des Bezirksamtes haben die Finanzmarkt-Kritiker ihr Protestlager wieder aufgebaut. Nach Angaben der Polizei seien in der Nacht zum Mittwoch 13 Zelte und ein offener Pavillon aufgestellt worden. 17 Menschen hätten sich in der Nacht in dem Camp am Gerhart-Hauptmann-Platz aufgehalten.

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Auch die Protestcamper zeigten sich mit den Ergebnissen des Behördentreffens sehr zufrieden. "Es herrschte eine sehr konstruktive, nette Atmosphäre, wir wurden offen empfangen, das hat uns dann doch überrascht", sagte Stephan Dahler, 27, der bereits seit Sonnabend auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz campiert. Die Duldung durch das Bezirksamt sei für die Protestler ein "großer Erfolg", dadurch sei die Fortführung der Aktion bis mindestens zum 10. November gesichert, wenn auf dem Platz der Weihnachtsmarkt beginnt. "Die formalen Probleme sind gelöst", so Dahler. Nun gelte es, sich gegen die "jahreszeitlichen Herausforderungen" zu wappnen.

Auch Protestler Sascha war mit dem Ausgang der Gespräche sehr zufrieden. "Immerhin ist Hamburg damit das einzige Bundesland, in dem die Camps für einen so langen Zeitraum zugelassen werden.“ Bis zum 10. November seien die Ziele der Gruppe "natürlich noch lange nicht erreicht", sagte der 33-Jährige. Wie es danach weitergeht, ist noch unklar. Die Protestler wollen sich jedoch über das Jahr hinaus für ihre Forderungen stark machen.

Die Dienstagfrüh abgebauten Zelte wollte man noch im Laufe des Abends wieder aufbauen. Rund 20 Protestierende planten nach eigenen Angaben, die Nacht erneut am Gerhart-Hauptmann-Platz zu verbringen. Die bezirkliche Duldung erstreckt sich laut Schreiber allerdings nur bis zum 10. November und keinesfalls länger.

Vielleicht ist es aus SPD-interner Sicht kein Zufall, dass Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gestern Sympathie für die Demonstrationen zeigte. "Der wieder stärker werdende Protest gerade jüngerer Leute gegen falsche Entwicklungen des weltweiten Finanzsystems ... ist ja in vielen Punkten berechtigt", sagte Scholz bei der Verleihung des Hamburger Sozial-Oscars (Seite 9). Die Erfahrungen seit Ausbruch der weltweiten Krise hätten gezeigt, "dass nicht nur junge Leute mit Guy-Fawkes-Masken, sondern dass die Mitte unserer Gesellschaft" wisse, dass "unser Gemeinwesen nur mit Fairness, Gerechtigkeit und Solidarität funktioniert". (pum/jf/dapd)