In den USA hatten die Proteste an der Wall Street begonnen. Sonnabend soll es auch in 40 deutschen Städten Proteste gegen Finanzmärkte geben.

Berlin. Seit einigen Wochen gehen vor allem in den USA immer mehr Menschen auf die Straße, um gegen die Finanzbranche zu demonstrieren. Begonnen hatte die Bewegung unter dem Motto "Occupy Wall Street". Auch in Deutschland sind nun für die kommenden Tage Proteste gegen die Finanzbranche geplant. Dabei gibt es Unterstützung aus der Politik.

Vor den Kundgebungen in rund 40 Städten am Sonnabend erklärte der Vizechef der SPD im Bundestag, Axel Schäfer, der Kampf für mehr Teilhabe und die Kontrolle wirtschaftlicher Macht gehörten schon immer zum sozialdemokratischen Markenkern. „Deshalb wollen wird die entstehende Bewegung stärken und voranbringen.“

Die neue Bewegung „Echte Demokratie Jetzt!“ ruft zu Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet auf. Die Initiatoren sehen sich in einer Linie mit der „Occupy Wall Street“-Bewegung in den USA. Die internationale Demokratiebewegung hat für das Wochenende ebenfalls zu Protesten aufgerufen.

Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Werner Dreibus, kündigte eine Beteiligung seiner Partei an. „Die Menschen haben die Nase voll davon, dass für die Banken immer Geld da ist, und für sie nie.“ Er sagte voraus: „Die Proteste werden weiter zunehmen, weil die Politik nichts unternimmt, um die Finanzmärkte an die Kette zu legen.“ Es entstehe eine neue Demokratiebewegung.

Der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, sagte „Handelsblatt Online“: „Die Steuerzahler lassen Dampf ab, wenn Banken erneut auf ihre Kosten gerettet werden müssen. Das ist nachvollziehbar.“ Erneute Krisen dürften nicht mehr auf dem Rücken der Steuerzahler ausgetragen werden.

„Finanzmärkte dürfen nicht Oberhand gewinnen“

Auch der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider äußerte großes Verständnis für die Proteste. „Die Menschen wollen nicht, dass die Finanzmärkte die Oberhand gewinnen. Sie fordern zu Recht, dass die Politik ihnen Grenzen aufzeigt und verbindliche, wirksame Regeln setzt“, sagte Schneider dem Online-Portal. Die Politik von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) sei diesem Anspruch nicht gerecht geworden. „Wenn wir nicht aufpassen, droht die Finanzkrise sich auf eine politische Krise auszuweiten“, warnte Schneider. „Deshalb ist es gut, wenn die Menschen protestieren und die Regierung unter Druck setzen.“

Schäfer meinte, Friedensdemos und Anti-Atom-Proteste hätten schon früher gezeigt, dass starke gesellschaftliche Bewegungen mit Rückendeckung aus den Parlamenten Großes erreichen könnten. Die wohl größte Demonstration in Deutschland wird in Frankfurt am Main erwartet. Bei einer Protestveranstaltung vor der Europäischen Zentralbank rechnen die Veranstalter mit mehreren Tausend Teilnehmern. In Berlin wollen die Aktivisten vom Roten Rathaus zum Kanzleramt marschieren.

Zu den konkreten Forderungen der Bewegung, die sich als offenes Netzwerk versteht, gehört die Stärkung direkter Demokratie, die Zerschlagung großer Banken sowie die Austrocknung von Steueroasen und das konsequente Verbot spekulativer Finanzprodukte. Zudem müssten die „Profiteure der Krise“ mit einer Finanztransaktionssteuer und höheren Abgaben auf Spitzeneinkommen belastet werden.

„Breite Mehrheit von wirtschaftlicher Entwicklung abgehängt“

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick sagte „Handelsblatt Online“, er werde auch an den Demonstrationen teilnehmen und hoffe, dass das möglichst viele Menschen täten. Denn nicht nur in den USA sehe sich die breite Mehrheit der Menschen inzwischen von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt, während wenige ihren Reichtum stark hätten vergrößern können.

Demonstranten in New York greifen zum Besen

Die Protestbewegung Occupy Wall Street greift angesichts der geplanten Räumung zur Reinigung ihres Platzes selbst zum Besen. Mit Ponchos gegen den Regen geschützt fegten Dutzende Menschen in der Nacht zum Freitag das vor Monaten errichtete Camp im Zuccotti-Park. Viele der rund 400 Demonstranten hatten Widerstand gegen die für (den heutigen) Freitag geplante Räumung des Parks im Stadtteil Manhattan angekündigt. Die Immobilienfirma Brookfield Properties will das Areal säubern und hat die Polizei um eine Räumung gebeten. Nach der Reinigung könnten die Demonstranten zurückkehren, allerdings würden die Nutzungsbedingungen verschärft, hieß es.

(abendblatt.de/dapd)