Der Chef der HSH Nordbank verspricht eine zügige Aufklärung der Spitzel-Vorwürfe. Es gibt neue Details in der Kinderporno-Affäre.

Hamburg. Er steht im Brennpunkt der Kritik an den schier unglaublichen Vorgängen bei der HSH Nordbank , doch er gibt sich unerschütterlich: Der HSH-Vorstandsvorsitzende Dirk Jens Nonnenmacher, über dessen Ablösung angeblich schon beraten wird, hat am Wochenende alle gegen ihn und die Bank gerichteten Vorwürfe zurückgewiesen und eine zügige Aufklärung angekündigt.

Die Frage eines Rücktritts stelle sich für ihn nicht, sagte Nonnenmacher der Nachrichtenagentur dpa. Er wolle das von ihm erarbeitete Konzept für die Neuausrichtung der ins Trudeln geratenen Bank auch umsetzen und sehe sich auf dem richtigen Weg. Der Aufsichtsrat unter dem Vorsitz des Ex-Deutsche-Bank-Chefs Hilmar Kopper hatte Nonnenmacher erst in der vergangenen Woche das Vertrauen ausgesprochen.

Eine unabhängige Anwaltskanzlei durchleuchtet nach Angaben Nonnenmachers die beiden Fälle, wegen derer die Bank derzeit vor allem im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht. Dabei geht es um die fristlose Entlassung des Vorstands Frank Roth im April 2009 sowie des Leiters der New Yorker Bankniederlassung, Roland K., im September desselben Jahres. Nonnenmacher rechnet mit Ergebnissen der Kanzlei-Recherchen noch in diesem Monat. "Sobald belastbare Informationen vorliegen, werden wir Konsequenzen ziehen", so der Bankchef.

Allerdins: Mittlerweile ermitteln auch drei Staatsanwaltschaften in Sachen HSH Nordbank: Die Ermittlungsbehörden in Hamburg, Kiel und New York versuchen, Licht in die Affären zu bringen. Dabei ermittelt die US-Behörde laut "Spiegel" unter anderem gegen Nonnenmacher persönlich.

Im New Yorker Fall geht es um den Vorwurf, dem früheren HSH-Niederlassungsleiter Roland K. nach der Methode des Spurenlegens eine Falle gestellt zu haben. Bei einer bankinternen Razzia im September 2009 hatten HSH-Mitarbeiter in einem angeblich K. gehörenden E-Mail-Postfach Kinderporno-Bilder entdeckt. Die HSH-Gruppe aus Hamburg wollte die E-Mail-Adresse und das Passwort auf der Rückseite eines Bilderrahmens zufällig entdeckt haben. Die New Yorker Ermittler, die die Hamburger eingeschaltet hatten, glaubten diese Version offensichtlich nicht.

Die New Yorker Bezirksstaatsanwaltschaft versicherte laut "Spiegel" in der vergangenen Woche schriftlich, Ex-HSH-Banker K. sei "im Zusammenhang mit dem Fund von Kinderpornografie ein Opfer rechtswidriger Handlungen". Die Urheber der Tat vermuten die Ermittler nun offensichtlich unter den HSH-Mitarbeitern.

Laut "Spiegel" kam den US-Staatsanwälten noch ein zweiter K. angeblich belastender "Fund" merkwürdig vor. In einem Ordner in dessen Büro hatten die HSH-Leute eine handgeschriebene Telefonnummer auf einem Klebezettel entdeckt. Dahinter verbarg sich der "Fine as Wine Ladies Escort Service" in Ohio - eine Art Callgirl-Ring also.

In dem Ordner hatte K. Angebote für einen Ski-Trip mit Kunden in Wyoming zusammengetragen. Die Reise hatte tatsächlich stattgefunden und war aus Sicht der Bank zu teuer ausgefallen.

Nach Recherchen der New Yorker Polizei hat K. jedoch nicht die Telefonnummer des Callgirl-Rings aufgeschrieben. Seine Sekretärin erkannte die Handschrift nicht wieder. Zudem seien einige Ziffern so geschrieben, wie es in Europa üblich ist, nicht jedoch in Amerika. Die Sieben wies zum Beispiel einen Querstrich auf.

Im New Yorker Fall könnte auch von Bedeutung sein, dass sich zwei derjenigen, die auf HSH-Seite an den Vorgängen beteiligt gewesen sein sollen, im vergangenen Jahr rasante Gehaltssprünge freuen konnten. Der Justiziar der Bank, der inzwischen suspendiert ist, soll laut "Spiegel" einen Gehaltszuschlag von 30 000 Euro erhalten haben. Die Bezüge von Personalchef Stefan B. kletterten angeblich um 67 Prozent pro Jahr. Der Justiziar, gegen den die New Yorker Behörde ebenfalls ermittelt, bestreitet jede Beteiligung an der Razzia.

Auch im zweiten Fall - der fristlosen Kündigung des Bankvorstands Frank Roth im April 2009 - spielt die Methode des Spurenlegens möglicherweise eine Rolle. Der Grund für Roths Rauswurf war, dass er angeblich vertrauliche Unterlagen der Bank an Medien weitergereicht haben soll. Beleg für den Vorwurf war der Weg eines internen Dokuments, das Nonnenmacher und der Bankjustiziar an alle Vorstandskollegen geschickt hatten. Jedes Exemplar war präpariert und daher rückführbar. Die erste Seite von Roths Exemplar wurde tatsächlich anonym an Nonnenmacher zurückgeschickt. Als Absender war lediglich die englische Zeitung "Guardian" angegeben. Doch welcher Journalist schickt ein vertraulich zugespieltes Dokument zurück?

Der Kieler Staatsanwaltschaft kamen jedenfalls auch Zweifel an dieser Version und stellte die Ermittlungen gegen Roth wegen Geheimnisverrats ein. Jetzt untersuchen die Ermittler, ob Roth eine Falle gestellt wurde. Der geschasste Bankvorstand hat Strafanzeige gegen den Justiziar und den Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma erstattet.

Nonnenmacher bezeichnete die Indiskretionen aus der Bank und die folgende Berichterstattung als erschreckend. "Der Ruf der Bank wird derart massiv geschädigt, dass die harte Arbeit der Mitarbeiter in den vergangenen beiden Jahren infrage gestellt wird", so der Bankchef.