Harburgs Politik möchte prägende Gebäude erhalten. Die Finanzbehörde will den Abriss

Neugraben. Alles abreißen. Das Immobilienmanagement der Hamburger Finanzbehörde hat beantragt, mit Ausnahme der Uwe-Seeler-Sporthalle sämtliche Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne restlos beseitigen zu lassen.

Das teilte Harburgs Baudezernent Jörg-Heinrich Penner (GAL) den Mitgliedern des Stadtplanungsausschusses mit. Die bisherige Entscheidung von Stadtplanungsausschuss und Bezirksversammlung, mehrere alte Kasernenbauten aus den 1930er-Jahren wegen ihrer "gebietsprägenden Erscheinung" zu erhalten, wird dabei von der Finanzbehörde nicht zur Kenntnis genommen. Penner: "Ich denke, die Finanzbehörde möchte durch Freiräumen des gesamten Geländes einfach nur die Arbeit der Neubebauung vereinfachen."

Stadtplanungsausschuss zeigt sich einsichtig

Doch Frank Wiesner (SPD) zeigt sich deutlich skeptischer: "Wir sind von der Finanzbehörde einiges gewohnt. Es steckt oftmals mehr dahinter." Und so fragte er in der Ausschusssitzung: "Wo kommen die Wohntürme hin?" Und ob es einen "Deal" zwischen Bezirksverwaltung und Finanzbehörde gibt? "Es gibt keine Gegenleistung", versicherte Penner.

Zur Harburger Rundschau sagte er: "Natürlich möchte die Finanzbehörde wegen der Erschließungskosten möglichst viele Wohneinheiten auf dem Gelände realisieren. Das bekommen wir häufiger zu hören. Aber als Vertreter der Finanzbehörde vergangenen Herbst Pläne zur Nachverdichtung vorstellten, ging ein unüberhörbarer Aufschrei durch Stadtplanungsausschuss und Bezirksversammlung. Unsere Beschlusslage ist eindeutig."

Aber der Stadtplanungsausschuss zeigt sich inzwischen auch einsichtig, dass nicht mehr alle alten Gebäude zu retten sind, die als "gebietsprägend" eingestuft waren. Für Fahrzeugunterstände, Remisen, die zu Wohnhäusern hätten umgebaut werden können, fanden sich bislang keine Investoren. Auch eine erhaltenswerte Gebäudeansiedlung in Z-Form, die für eine altengerechte Wohnanlage vorgesehen war, konnte keinen Bauinvestoren überzeugen. So zeigt sich der Stadtplanungsausschuss nunmehr bereit, dem Abriss weiterer Gebäude aus den 1930er-Jahren im südlichen Teil des Kasernengeländes zuzustimmen. Auf keinen Fall aber sollen die beiden alten Kasernenbauten am vergitterten Ost-Tor des Geländes abgerissen werden.

In das links der Einfahrt stehende Gebäude sollen Einzelhandelsgeschäfte für die Nahversorgung künftiger Bewohner einziehen. Für das rechts stehende Gebäude ist "gewerbliche Nutzung" vorgesehen. Für den Erhalt dieser Gebäude bereiten die Abgeordneten des Stadtplanungsausschusses nun einen interfraktionellen Antrag vor. Derzeit befindet sich der für das ehemalige Kasernengelände aufgestellte Bebauungsplan-Entwurf "Neugraben-Fischbek 66" in der behördeninternen Abstimmung. Die öffentliche Planauslegung ist für das zweite Quartal 2011 vorgesehen. Voraussichtlich ab 2012 soll mit Neubau begonnen werde. Eine öffentliche Informationsveranstaltung war Ende November in der Schule Ohrnsweg.

Ausschreibungsverfahren im Sommer abgeschlossen

Das ehemalige Kasernengelände zählt etwa 50 Hektar Fläche und soll mit etwa 500 Wohneinheiten in Einzel- und Doppelhäusern sowie Reihenhäusern bebaut werden. Reihenhäuser könnten östlich der früheren Bundeswehr-Sportanlage entstehen. Und im Westen, in Richtung Landesgrenze/Neu Wulmstorf, ist auch Bebauung mit Mehrfamilienhäusern möglich.

Nach Süden, in Richtung des früheren Truppenübungsplatzes, könnten größere Grundstücke bis 1000 Quadratmeter für Einfamilienhäuser angeboten werden.

Die Finanzbehörde teilt mit, dass die für die Grundstücksverwaltung zuständige Sprinkenhof AG zurzeit eine europaweite Ausschreibung zum Rückbau der Gebäude und Bunker im südlichen und westlichen Teil der ehemaligen Röttiger-Kaserne vorbereitet. Der Umfang der Rückbauarbeiten werde derzeit abschließend geklärt. Es sei damit zu rechnen, dass das Ausschreibungsverfahren im Sommer 2010 abgeschlossen sein wird und anschließend mit dem Abriss begonnen werden kann.

Frank Wiesner (SPD) hält nicht viel von zu schnellem Abriss. "Wir haben in Harburg beispielsweise viel Geduld aufgebracht bei der Nachnutzung des früheren Bundesbahn-Ausbesserungswerks in Harburg an der Schlachthofstraße. Die alten Gebäude konnten gerettet werden und Bauhaus hat dort einen außergewöhnlichen Baumarkt eingerichtet. Gleiches gilt für die Pionierkaserne auf dem Schwarzenberg, die jetzt für die Nutzung durch die Technische Universität erhalten bleiben kann. Wir sollten auch bei der Röttiger Kaserne nichts überstürzen."

Aber Ralf-Dieter Fischer (CDU) stellt fest, dass die Gebäude der Kaserne nicht unter Denkmalschutz stehen. Fischer: "Wir haben aber auch beschlossen, dass das Kasernentor an der Cuxhavener Straße erhalten bleibt, weil es uns gebietsprägend erscheint."

Der geplante Abriss der grauen Beton-Panzerstraßen und Kasernenbauten aus roten Ziegelsteinen unterm Strich dazu führen, dass nach der Neubebauung etwa 8000 Quadratmeter weniger Fläche "versiegelt" sein wird. Somit muss außerhalb des Geländes keine ökologische Ausgleichsfläche aufbereitet werden.