Seit dem 1. Januar trägt die Hansestadt den EU-Titel. Was wurde erreicht? Was wird an der Elbe von der “European Green Capital 2011“ übrig bleiben?

Hamburg. Blühende Landschaften, eine Luft wie an der Nordsee und ein Stadtverkehr ohne Emissionen - wer das vom Hamburger Umwelthauptstadtjahr 2011 erwartet hat, kann nach den nun ablaufenden zwölf Monaten nur enttäuscht sein. Denn Hamburg ist durch den Titel "Europäische Umwelthauptstadt 2011" nicht über Nacht zur ökologisch einwandfreien Metropole geworden. Tatsächlich ist die Stadt weit hinter den Erwartungen, die die damalige grüne Umweltsenatorin geweckt hatte, und den in der Bewerbung des damaligen schwarz-grünen Senats angekündigten Zielen zurückgeblieben. Aber war wirklich alles schlecht? War der Titel reine PR, wie es mancher Oppositionspolitiker gerne darstellen möchte? Nein, sagen selbst Umweltverbände. Es hat sich etwas bewegt - in der Stadt und im europäischen Ausland.

Der Zug der Ideen , ein wegen der Kosten in Höhe von vier Millionen Euro von Anfang an umstrittenes Projekt, entwickelte sich zu einem Aushängeschild der Hamburger Umwelthauptstadt. So kritisch Hamburgs Opposition, manche Verbände und der Steuerzahlerbund den Zug auch sahen, so begeistert zeigte sich das Ausland.

+++ Besser als ihr Ruf +++

+++ Im Ausland viel Lob für "Zug der Ideen" +++

+++ Naturschützer werfen Hamburg Versagen vor +++

+++ Rund 2000 Veranstaltungen und eine Baumpflanzaktion +++

Auch Veranstaltungen wie Umwelthauptstadt-Dialoge, der erste internationale Umweltrechtskongress, die Hamburger Klimawoche mit Bildungszelt auf dem Rathausmarkt, der Jugendumweltgipfel oder die Messe für nachhaltigen Konsum "goodgoods" trugen dazu bei, dass das Thema Umwelt- und Naturschutz immer mehr Raum im öffentlichen Bewusstsein und in der öffentlichen Diskussion einnimmt. Und das Hamburger StadtRad zählt zu den erfolgreichsten Leihsystemen in Europa.

Trotzdem: Messbare Verbesserungen für Hamburgs Umwelt gibt es kaum. Mit dem Regierungswechsel von Schwarz-Grün zur SPD-Alleinregierung im Frühjahr gingen maßgebliche Einschnitte in der Umweltpolitik einher. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) stoppte die Stadtbahnplanung, beendete mit einem "Basta" die Diskussion in seinem Senat um Citymaut und Umweltzone und setzt stattdessen auf "die Energiewende" gemeinsam mit den Konzernen Vattenfall und E.on sowie auf den Ausbau des Hamburger Bussystems. Dabei waren Stadtbahn, Citymaut und Umweltzone drei Dinge, die maßgeblich zur Titelvergabe an Hamburg beigetragen hatten. Ebenso die angekündigte Landstromverbindung für Kreuzfahrtschiffe im Hamburger Hafen: Obwohl das Projekt Teil der Bewerbung war, verabschiedete sich Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) im Juni zunächst davon.

Stellte sich Hamburg in der Bewerbung zur Umwelthauptstadt 2011 noch als "Europas CO2-Reduzierungsmeister" dar, musste der neue Senat im Sommer eingestehen, dass die Angaben in der Bewerbung um 1,6 Millionen Tonnen CO2 zu niedrig und damit falsch waren. Tatsächlich steht Hamburg mit den echten Werten im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld.

Der neue SPD-Senat kürzte die Mittel für das Klimaschutzkonzept von bisher jährlich 25 Millionen Euro auf 22,5 Millionen.

Das Thema Luftreinheit bekommt der Senat nicht in den Griff. Seit Jahren überschreitet Hamburg die Grenzwerte. Nun hat die EU ein Disziplinarverfahren gegen die Bundesrepublik gestartet - eine Klage droht, samt Strafen in Millionenhöhe auch für Hamburg. Ein Konzept ist nicht in Sicht.

Einen Schritt nach vorn hat Hamburg in Sachen Mülltrennung gemacht. Durch eine neue Gebührenordnung belohnt die Stadtreinigung Recycling. Wer mehr trennt, zahlt weniger. Trotzdem bleibt Hamburg bundesweit Schlusslicht bei der Mülltrennung. Auch werden die Überkapazitäten an Müllverbrennungsanlagen nicht abgebaut.

Der Artenrückgang in Hamburg konnte nicht, wie angestrebt, erreicht werden, genauso wenig wie die Ziele, mehr Grünflächen als bisher zu erhalten und einen Biotopverbund zu realisieren. Die Naturschutzgebiete weisen laut Experten "massive Pflegerückstände" auf, auch bei der Pflege der Park- und Grünanlagen gibt es wegen Geld- und Personalmangels große Defizite.

Ein Satz in der Begründung der Jury für die Wahl Hamburgs zur Umwelthauptstadt lautete: "Die Stadt hat sehr ehrgeizige Pläne für die Zukunft, die zusätzliche Verbesserungen versprechen." Würde man den Erfolg des Umwelthauptstadtjahres ausschließlich an noch vorhandenen Plänen messen - aus Sicht der Naturschutzverbände bliebe wohl nicht mehr viel zum Messen übrig.

2012 darf die baskische Stadt Vitoria-Gasteiz den Titel tragen. Andrés Fernández vom Organisationsteam besuchte mit seinen Kollegen zweimal Hamburg. "Wir haben eine Menge interessanter Sachen gelernt", sagt Fernández. "Wir haben ein Programm mit Unternehmen gestartet, das stark an das Hamburger Projekt Umweltpartnerschaft angelehnt ist, wir nennen es Pacto Verde (grüner Pakt). Spannend ist auch das Projekt HafenCity, speziell sein Motto ,mehr Stadt in der Stadt', also innerstädtische Bauprojekte. Und natürlich haben wir auch zweimal den Zug der Ideen besucht."