Die Umwelthauptstadt Hamburg hat einiges bewegt, die Welt kann sie nicht verändern

Hybris und Häme liegen in Hamburg dicht beieinander. In der Stadt, die viele für die schönste der Welt halten, wird gern gemäkelt, gemeckert, gemault. Und so ist es kein Wunder, dass auch die große Bilanz zur Umwelthauptstadt 2011 ziemlich kritisch ausfiel. Die Umweltverbände und die GAL zumindest stellten ihr ein ziemlich schlechtes Zeugnis aus. Zu unambitioniert, enttäuschend, ja gescheitert, befanden BUND, Nabu, Botanischer Verein und der Fahrradfahrerverband ADFC. Allerdings war der Adressat der Kritik weniger der EU-Titel als der SPD-Senat.

Tatsächlich stand das Jahr der Umwelthauptstadt politisch unter keinem guten Stern. Der schwarz-grüne Senat hatte überraschend den Titel in Brüssel errungen und durchaus ambitionierte Ziele. Doch die Auftaktveranstaltung auf Kampnagel war kaum vorbei, da zerlegte sich das Bündnis. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet die GAL mit dem Koalitionsbruch dem Projekt gleich auf den ersten Metern Steine in den Weg legte. Die hehren Ziele der damaligen Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) waren damit Geschichte. Dass ihre Übergangsnachfolgerin Herlind Gundelach (CDU) in Wahlkampfzeiten kaum Akzente setzen konnte, verwundert nicht. Und die SPD - hier haben die Umweltverbände sicherlich recht - fremdelte mit dem Thema Umwelt. Ihre Senatorin Jutta Blankau verstand sich als Anwältin des Wohnungsbaus und der Arbeitsplätze, nicht aber als Kämpferin für den Schierlings-Wasserfenchel oder die Mülltrennung.

Politisch blieb die Umwelthauptstadt ein Stiefkind. Es gibt erfolgreiche Aktionen ("Mein Baum - meine Stadt"), bewegende Projekte ("StadtRad" oder die Miet-Smarts); doch insgesamt gelang es nur unzureichend, die Hamburger zu stolzen Bürgern wie Akteuren der Umwelthauptstadt zu machen.

Und doch, und hier irren viele in ihrer Nabelschau, konnte sich Hamburg in Europa profilieren: Der Zug der Ideen, den Erbsenzähler früh als Steuerverschwendung kritisiert hatten, fuhr erfolgreich quer über den Kontinent und wurde zum Werbeträger der Stadt. Und er spielte eine wichtige Rolle, dass Hamburg bei der Wahl überhaupt den Zuschlag bekam - übrigens eine wichtigere Rolle als das später von Bürgermeister Scholz kassierte Stadtbahn-Projekt.

Dass die Umweltverbände über den Titel "Green Capital" alte Lieblingsprojekte wie City-Maut oder Umweltzone voranbringen wollten, mag nachvollziehbar sein, ganz redlich ist es nicht. Denn diese Vorhaben spielten bei der Kür Hamburgs keine Rolle. Und die Ökobewegung hat selbst eine Chance verspielt, die Umwelthauptstadt zum Thema aller zu machen: Der BUND stieg Ende 2010 mit einem Knall aus den Planungen aus, weil er sich am Sponsor Siemens störte.

Dabei liegen in der Wirtschaft Möglichkeiten, die weit über das Umwelthauptstadtjahr 2011 hinausweisen. Hamburg, das im vergangenen Jahrzehnt viele Chancen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Metropole ausließ, hat sich gemausert: Die Stadt, die noch vor wenigen Jahren Windräder als ästhetische Beeinträchtigung der Internationalen Gartenschau stoppte, ist heute der wichtigste Standort der Windbranche. In der Energiepolitik hat Hamburg aus dem fatalen HEW-Verkauf gelernt und setzt mit Hamburg Energie richtige Akzente. Sogar die Mülltrennung, lange vernachlässigt, hat sich in der Umwelthauptstadt verbessert. Alles kein Grund zur Hybris. Aber Häme ist fehl am Platz.