Urlaubsgeld wird gestrichen, die Kurzarbeit ausgeweitet. Bei der Reederei Hapag Lloyd ist auch ein Stellenabbau nicht ausgeschlossen.

Hamburg. Freitagmorgen, zehn Uhr bei Hapag-Lloyd am Ballindamm: Zwei Sitzungssäle sind für eine Mitarbeiterversammlung reserviert, aber die 500 Zuhörer stehen bis in die Ballinhalle im Foyer. An diesem Morgen wird klar, dass die Einsparungen bei Hamburgs Traditionsreederei die Beschäftigten stärker treffen als bisher geplant. Die Unsicherheit über den Arbeitsplatz ist bei vielen zu spüren. "Viele waren bedrückt, manche waren aber eher erleichtert, dass sie jetzt besser wissen, woran sie sind", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Dieter Lübkemann am Freitag über die Stimmung bei dem knapp einstündigen Treffen. "Wir waren gefasst, wir sehen einen gangbaren Weg", sagte ein anderer Mitarbeiter dem Abendblatt.

Hapag-Lloyd-Chef Michael Behrendt und der Arbeitsdirektor Roland Kirch skizzierten, mit welchen Einsparungen sie die Reederei in diesem Jahr durch die Krise bringen wollen. Statt wie bisher 400 Millionen Euro sollen es nun 560 Millionen Euro sein. Das wird für die Mitarbeiter harte finanzielle Einschränkungen mit sich bringen. "Auch ein Stellenabbau ist nicht ausgeschlossen", sagte Hapag-Lloyd-Sprecher Klaus Heims am Freitag dem Abendblatt. Gegen betriebsbedingte Kündigungen sperrt sich allerdings der Gesamtbetriebsrat. "Die sind mit uns nicht machbar", sagte der Vorsitzende Dieter Lübkemann dem Abendblatt.

Entschieden ist über die Maßnahmen noch nicht. "Die Gespräche mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft Ver.di haben erst begonnen", sagte Heims. "Es gibt aber einen ganzen Strauß von Vorschlägen."

Dazu gehören Einschränkungen bei den Gehältern und bei Bonuszahlungen, die Streichung des Urlaubsgeldes sowie die Verlängerung der Kurzarbeit über Ende Oktober hinaus. Bisher arbeiten etwa zehn Prozent der 1200 Beschäftigten in der Zentrale kürzer. "Der Vorstand und das höhere Management werden stärkere Einbußen hinnehmen als die anderen Mitarbeiter", sagte Heims. Derzeit verzichtet das Management bis hin zu den Abteilungsleitern bereits auf fünf Prozent seiner Bezüge. "Die Mitarbeiter werden ihren Beitrag leisten. Dazu sind wir bereit", sagte Lübkemann. Auch in der Belegschaft sei inzwischen klar, dass man zur Rettung der Reederei nicht um Sparmaßnahmen herumkomme. "Wir denken dabei aber auch an Altersteilzeit und die Möglichkeit, freiwillig in Teilzeitarbeit zu gehen", so der Betriebsratschef. Auch sperre man sich nicht gegen den verhängten Einstellungsstopp.

Erst am Dienstagabend hatten drei der Hapag-Lloyd-Eigentümer aus dem Konsortium Albert Ballin frisches Geld für die Reederei bereitgestellt. Der Reisekonzern TUI, die Stadt und die Versicherung Signal Iduna kaufen der Reederei für 315 Millionen Euro ihren 25,1-prozentigen Anteil am Containerterminal Altenwerder ab. Die Finanzspritze soll das Unternehmen zunächst für die kommenden Monate sichern. Doch nach unbestätigten Informationen verliert die Reederei jeden Monat 100 Millionen Euro. Eine umfassende Lösung, durch die Hapag-Lloyd mit bis zu 1,75 Milliarden Euro durch die Schifffahrtskrise gebracht werden soll, steht aus.

Weltweit leiden die internationalen Schifffahrtslinien unter dem Verfall der Frachtraten. Die HSH Nordbank in Hamburg, das weltgrößte Institut für Schiffsfinanzierungen, geht in ihrer jüngsten Monatsanalyse davon aus, dass mit einer Trendwende frühestens Mitte 2010 zu rechnen ist und mit einer "nachhaltigen Erholung" des Marktes im Jahr 2011. "Weltweit sind die Containerschiffe nach wie vor in schwerer See unterwegs", heißt es in dem Bericht. In der Containerschifffahrt drohe laut Fachinformationsdienst Drewry 2009 weltweit ein Verlust von 20 Milliarden Dollar. Besonders dramatisch wirke sich aus, dass die Überkapazitäten bei der Schiffstonnage weiter wüchsen.

Um dem entgegenzuwirken, hat Hapag-Lloyd bereits mit Containerterminals und Charterreedereien über Verträge verhandelt sowie Linien zusammengefasst oder gestrichen. "Dieses Sparprogramm ist von der Unternehmensberatung Roland Berger geprüft und als wichtiger positiver Beitrag des Unternehmens beurteilt worden", so Heims. Solche internen Aktivitäten seien notwendig, um auch externe Hilfe zu bekommen. Dabei geht es neben der Hilfe vom Konsortium auch um Bürgschaften des Bundes für weitere Kredite.

Vorstand und Betriebsrat wollen nun am Dienstag und Mittwoch weiter verhandeln. Dabei wollen sich die Arbeitnehmer auch in die Diskussion um die Sachkosten einschalten. Lübkemann: "Wir schlagen dafür eine Arbeitsgruppe vor, an der wir uns auch beteiligen würden."