Wiesbaden/Berlin (dpa/tmn). Sprechen Sie zu Hause offen über Geldthemen? Mit seiner Partnerin oder seinem Partner sollte man das tun - und zwar nicht erst, wenn man in den Hafen der Ehe einschippert.

Haben Sie finanzielle Geheimnisse vor Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner? Verheimlichen Sie etwa Schulden, geben Sie vor, mehr zu verdienen als Sie tatsächlich tun oder tätigen Sie größere Anschaffungen ohne Absprache? Einer Umfrage zufolge ist das bei rund jedem dritten Paar (31 Prozent) der Fall. Dass das keine gute Idee ist, zeigt die repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinstituts Appinio im Auftrag der Finanz-App Forget Finance aber auch.

Denn nicht nur bei körperlicher und emotionaler Untreue sind Männer und Frauen sehr empfindlich - auch bei finanzieller Unehrlichkeit droht im Zweifel großer Ärger. Beinahe jedes zweite Paar (43 Prozent) hat sich der Umfrage zufolge schon einmal des Geldes wegen in die Haare bekommen. Bei knapp einem Viertel der Paare (23 Prozent) haben finanzielle Streitigkeiten sogar schon mal zu einer Trennung geführt.

Paartherapeutin Nadine Reko überrascht das nicht. Denn eine Betrügerei bleibe eben eine Betrügerei, sagt sie. Sie belaste das Vertrauensverhältnis eines Paares, egal auf welcher Ebene geflunkert wurde. „Wenn die Vertrauensebene ins Wanken kommt oder wegbricht, kann man eigentlich davon ausgehen, dass sich die Beziehung über kurz oder lang lösen wird“, so Reko. Ohne das nötige Vertrauen fehle die Basis, die Sicherheit, die eine gesunde Beziehung ausmacht.

Warum Männer und Frauen sich mit finanzieller Offenheit mitunter schwertun, ist schnell erklärt. „Es geht natürlich darum, dass ich möglichst attraktiv für meinen Partner, meine Partnerin sein möchte“, sagt Paartherapeutin Reko. Da kann es schon helfen, an der einen oder anderen Stelle etwas zu schönen.

Verletzlichkeit schafft Vertrauen

Dabei kann es für die Beziehung eine große Chance sein, finanzielle Dinge offen zu besprechen, findet Monika Müller, Diplom-Psychologin und Finanzcoachin. Die Offenheit schaffe Intimität und stärke die Bindung.

Auf der anderen Seite bedeute es aber, sich verletzlich zu machen, das Risiko einzugehen, abgewiesen oder nicht gewollt zu werden für einen Teil, den man mitbringt oder eben gerade nicht mitbringt. „Dem einen Paar fällt das leichter, dem anderen fällt das nicht so leicht, diese Verletzlichkeit herzustellen“, sagt Müller.

Wer sich traut und mit einer tieferen Bindung belohnt wird, hat es Müller zufolge leichter, auch mal Krisen und Enttäuschungen gemeinsam zu bewältigen. „Ohne diese Intimität, die da entsteht, werden die wenigsten Beziehungen wirklich glücklich und gesund über die Jahre kommen“, sagt Müller. Partnerschaften, die nicht nur nach außen hin, sondern auch im Inneren gesund sind, seien dieses Risiko eingegangen.

Gefühl für den Reifegrad der Beziehung

Allerdings gehört Müller zufolge immer auch ein sinnvolles Gefühl für Geheimnisse dazu. Es gehe darum, zu verstehen, wie reif die Beziehung gerade ist, für welche Probleme und Thematiken sie schon bereit ist. Für manche Dinge, etwa finanzielle Fehltritte oder Peinlichkeiten, hätten junge Beziehungen oft einfach noch keine Tragfähigkeit. Deshalb dürfe und solle der Wissensstand und damit auch die Partnerschaft stetig weiter wachsen.

Aber was, wenn man den richtigen Moment verpasst hat, die Geheimnisse irgendwann unsagbar scheinen? Oder man sich sogar schon in ein Lügennetz verstrickt hat? „Das ist dann eine verfahrene Situation“, sagt Nadine Reko. Unauflöslich ist sie nicht. Müller rät Betroffenen, sich in solchen Fällen zunächst klarzumachen, was sie dazu gebracht hat, so zu handeln. War ich etwa verliebt und hatte Angst, verlassen zu werden? „Das ist ’ne ziemlich menschliche Angst“, sagt die Diplom-Psychologin. „Und aus solchen Ängsten heraus machen wir viel Unsinn.“

Wer die Ursache kennt und sie bei seinem Partner oder seiner Partnerin klar benennt, kann ein größeres Verständnis beim Gegenüber schaffen. Er oder sie könne so besser verstehen, dass das Problem gar nicht unmittelbar etwas mit ihm oder ihr zu tun hat, sagt Reko. Es zeige, dass der Schwindler sich nach und nach selbst in die Situation hineinmanövriert hat, aus der er nun nicht mehr herausfindet und deshalb die Hilfe des oder der Geliebten benötige.

Beichte kann Partnerschaft sogar stärken

Die Erfahrung der Paartherapeutin: „Die Tatsache, dass der Partner irgendwann darüber redet, schafft natürlich wieder neues Vertrauen.“ Das bedeute, dass er oder sie jetzt bereit sei, sich zu öffnen, ehrlich zu sein. „Und dann geht man meistens sehr gestärkt aus so einer großen Herausforderung wieder in die Partnerschaft“, so Reko.

Wichtig ist dafür, dass bei der Aussprache wirklich alle Karten auf den Tisch kommen und nicht nur ein Teil der Wahrheit offengelegt wird. Wer das nicht alleine schafft, kann sich Hilfe holen, etwa eine vertraute Person hinzuziehen oder eine Therapeutin oder einen Coach aufsuchen. Entscheidend ist laut Müller außerdem, dass Mann und Frau nach der Aussprache nicht als Täter und Opfer zurück in die Beziehung kehren, sondern das Stigma ablegen.

Im Idealfall geraten Paare erst gar nicht in so einen Konflikt. Dafür kann es hilfreich sein, von vornherein Vereinbarungen miteinander zu treffen - auch in Sachen Finanzen. Zum Beispiel kann man abstimmen, in welchem Rahmen jeder Partner selbst über sein Geld verfügen kann, ohne den anderen um Erlaubnis zu bitten, sagt Paartherapeutin Reko. Manche seien da schon bei Kleinigkeiten sehr empfindsam, andere eher großzügig. „Kommunikation ist also das A und O“, sagt Reko. „In allen Bereichen der Partnerschaft.“