Anprobe live auf Facebook und Twitter: Adidas Neo greift Modeketten H&M und Zara an. Bundesweit erstes Geschäft eröffnet heute in Hamburg.

Hamburg. Adidas läutet schon mal die warme Jahreszeit ein. Während sich die Hamburger schlotternd durch die Innenstadt kämpfen, dröhnt im neuen Geschäft der Marke Neo der Sommerhit "Like Ice in the Sunshine" aus den Lautsprechern. Mitarbeiter räumen pinkfarbene Jeans, Kapuzenpullover und Blusen mit Blümchenmustern in die Regale. Letzte Vorbereitungen für die Eröffnung des neuen Ladens an der Poststraße, zu der morgen Modeblogger und andere geladene Gäste erwartet werden.

Wer in dem Shop des Sportartikelkonzerns aber Trainingsanzüge und Laufschuhe erwartet, ist hier falsch. Stattdessen gibt es lässige Straßenkleidung, Hemden, Hüte und T-Shirts. Das neue Geschäft in bester Lage ist ein Frontalangriff auf Hennes & Mauritz (H&M), Zara und andere Ketten, die bislang mit preisgünstiger Mode das junge Trendpublikum umwerben.

"Mit Adidas Neo wollen wir bis zum Jahr 2015 einen Umsatz von einer Milliarde Euro erwirtschaften", sagt der Markenvorstand des Sportartikelkonzerns, Erich Stamminger, dem Abendblatt. Bislang gibt es das Teenielabel vor allem in Schwellenländern wie Indien oder China, wo der Konzern schon mit rund 1000 Läden - überwiegend im Franchisesystem - präsent ist. Die Hamburger Filiale ist nun die erste in Deutschland, zehn weitere in Großstädten wie Berlin, Köln oder München sollen noch in diesem Jahr folgen. "Wir testen die Marke jetzt auf dem wirklich heiß umkämpften deutschen Markt", sagt Stamminger. "Wenn wir erfolgreich sind, wird das Konzept auf ganz Europa ausgeweitet."

+++ Adidas eröffnet in Hamburg erstes Neo-Geschäft +++

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Als Zielgruppe hat Adidas vor allem weibliche Teenager im Visier, an denen die sündhaft teuren Werbekampagnen des Konzerns bislang weitgehend vorbeigegangen sind. Während Jungen schon früh über Sportarten wie Fußball mit den bekannten drei Streifen in Berührung kommen, tragen Mädchen und junge Frauen ihr Taschengeld lieber zur Konkurrenz. "Wir wollen die Jugendlichen aber so früh wie möglich an Adidas binden", sagt Stamminger. "Teenager sind heute extrem markenbewusst und kaufkräftig."

4,5 Milliarden Euro haben Jugendliche unter 18 Jahren jährlich in Deutschland laut der aktuellen Kids-Verbraucheranalyse zur Verfügung. Um dieses Budget buhlen allerdings nicht nur klassische Marken wie Zara oder H&M, sondern auch neue In-Labels wie die britische Fleecepullimarke Bench oder die US-Kultmarke Hollister, deren Shops von außen wie Surferbuden aussehen und innen Hosen oder Pullis in einem düsteren, klubartigen Ambiente verkaufen.

Um beim verwöhnten Publikum zu punkten und die Jugendlichen möglichst lange in den Geschäften zu halten, hat sich Adidas daher jede Menge Spielereien ausgedacht. So gibt es in dem neuen Geschäft einen interaktiven Spiegel, über den sich das Konterfei des Betrachters in soziale Netzwerke wie Facebook hochladen lässt. Freunde und Bekannte können das neue Outfit dann gleich ausführlich kommentieren: "Steht mir das neue Teil, oder sieht es eher blöd aus?"

Die Umkleiden sind besonders groß, damit die Freundin zur Beratung auch noch mit hineinpasst. Zudem können die Jugendlichen über berührungsempfindliche Bildschirme die Musik, die im Laden läuft, mitbestimmen und es gibt eine kleine Bühne, auf der unter anderem lokale Bands auftreten sollen. Sogar die Beleuchtung soll per SMS steuerbar sein. Wer die Begriffe "Blue", "Red" oder "Green" an den Shop sendet, sorgt dafür, dass sich das Licht entsprechend ändert. "Die Geschäfte sollen zu einem Treffpunkt für die Jugendlichen werden", so Stamminger.

Aus Sicht von Branchenexperten stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich Adidas mit dem neuen Konzept auch in Deutschland wird durchsetzen können. "Neo ist preisaggressiv und kann zugleich mit einer großen Marke im Hintergrund punkten", sagt Nina Piatschek, Modeexpertin der Fachzeitschrift "Textilwirtschaft". Die Reaktion auf die jüngste Kollektion, die in der Bundesrepublik bislang nur über den Fachhandel zu beziehen war, sei überwiegend positiv gewesen.

Allerdings besteht auch die Gefahr, dass sich der Sportartikelriese mit einer zu starken Konzentration auf Mode und Lifestyle verzetteln und so den Kern der Marke aus dem Blick verlieren könnte. So ging es zuletzt dem Konkurrenten Puma, der sich nach schlechten Erfahrungen im Modesegment eher aus diesem Bereich zurückzieht. Puma-Chef Franz Koch kündigte vor einigen Wochen an, zunächst den sportbezogenen Performance-Bereich zu stärken, um wieder eine glaubwürdige Basis für Lifestyle-Produkte zu haben.

Um die Marke nicht zu verwässern, hat Adidas-Vorstand Stamminger daher die klare Devise ausgegeben, dass mindestens zwei Drittel des Gesamtumsatzes des Konzerns aus dem Kerngeschäft Sport kommen sollen. Momentan liegt dieser Anteil bei Dreivierteln. "Adidas wird sich nicht zu einem zweiten H&M oder Zara entwickeln", beruhigt Stamminger.