Langfristig könnten bis zu 50 Jets der A320-Familie im Monat fertiggestellt werden. Das Airbus-Werk auf Finkenwerder würde davon profitieren.

Aschau. Auf den Airbus-Standort Hamburg kommt in den nächsten Jahren wohl noch mehr Arbeit zu: Über die bisherigen Pläne hinaus gebe es Überlegungen, die Produktionsrate bei der A320-Typenfamilie langfristig auf bis zu 50 Jets im Monat hochzufahren, sagte Firmenchef Thomas Enders gestern in Aschau im Chiemgau vor Journalisten. Derzeit werden zusammen knapp 40 Jets dieser Typenreihe in Hamburg, Toulouse und Tianjin (China) endmontiert; das Hochfahren der Fertigungsrate auf 42 Maschinen bis Ende 2012 ist bereits beschlossen.

Anlass derartiger Überlegungen sind die anhaltenden Verkaufserfolge: Für 2011 erwartet Airbus nun rund 1500 Neubestellungen - ein neuer Rekord. Allein für den mit neuen Triebwerken modernisierten A320neo, der im Oktober 2015 auf den Markt kommen soll, gingen innerhalb von weniger als einem Jahr 1000 Aufträge ein. "So etwas hat es in der Geschichte des Jet-Zeitalters noch nicht gegeben", sagte Enders.

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Einen neuen Höchststand soll es auch bei den Auslieferungen geben: In diesem Jahr will das Unternehmen 520 bis 530 Flugzeuge an die Kunden übergeben, verglichen mit 510 im Vorjahr. Die unerwartet gute Entwicklung bei Airbus veranlasste gestern den Mutterkonzern EADS, seine Prognosen hochzusetzen: Für 2011 rechnet der Vorstand jetzt mit einem Umsatzanstieg um mehr als vier Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 45,8 Milliarden Euro; der Betriebsgewinn ohne Berücksichtigung von Einmaleffekten soll sich auf rund 1,45 (2010: 1,3) Milliarden Euro verbessern.

Bereits in den ersten neun Monaten kletterte der EADS-Umsatz um vier Prozent auf 32,7 Milliarden Euro, der Betriebsgewinn legte sogar um 29 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zu. Nach Bekanntgabe der Zahlen schoss der Aktienkurs des Luft- und Raumfahrtkonzerns zeitweise um fast sieben Prozent in die Höhe - und das, obwohl es nicht nur gute Nachrichten gab: Die Markteinführung des neuen, weitgehend aus leichten Kohlefaserwerkstoffen gebauten Langstreckenjets A350 soll nun im ersten Halbjahr 2014 erfolgen und nicht wie bisher geplant bis Ende 2013. Diese Verschiebung, die von vielen Marktbeobachtern bereits erwartet wurde, schmälert den Konzerngewinn um 200 Millionen Euro.

Zumindest auf die Verkäufe der Zivilflieger dürfte die jüngste Verschärfung der Schuldenkrise nach Einschätzung von EADS-Chef Louis Gallois keine gravierenden Auswirkungen haben: "Das betrifft unsere Airbus-Kunden nicht zu sehr." Der Rückgang des Euro-Kurses seit dem Sommer von 1,45 Dollar auf nunmehr etwa 1,36 Dollar erleichtert dem EADS-Konzern sogar die Geschäfte. "Wir bevorzugen aber eindeutig eine stabile Euro-Zone", stellte Gallois klar. Zudem könnten Zulieferer häufiger Probleme bekommen, die benötigten Kapazitätsausweitungen vorzufinanzieren, weil Banken bei der Kreditvergabe zurückhaltender werden.

Als dickes Polster gegen eventuelle konjunkturbedingte Geschäftseintrübungen wirkt der Auftragsbestand der EADS-Gruppe, der Ende September mit 503 Milliarden Euro eine neue Rekordmarke erreichte. "Schon damit ist unsere Produktion für sechs bis sieben Jahre ausgelastet", so Gallois. "Das schützt unser Unternehmen." Zudem sind die Kassen prall gefüllt: EADS verfügt auch nach einigen kleineren Zukäufen noch über eine Nettoliquidität von 11,4 Milliarden Euro.

Nicht so gut sieht es jedoch in der Rüstungssparte aus, denn die Euro-Krise zwingt die Regierungen zu Einsparungen in den Militärhaushalten. So will etwa Deutschland nicht wie zunächst geplant 177 Eurofighter-Kampfflugzeuge abnehmen, sondern nur 140. Die Bestellung von 80 Tiger-Kampfhubschraubern soll sogar auf die Hälfte reduziert werden. "Für diese Programme haben wir aber unterschriebene Verträge", so Gallois. Auf deren Basis müsse man verhandeln. Hinzu kommt, dass die Bundesregierung sich künftig selbst schaden würde, wenn sie dem Konzern Geschäfte wegnimmt: Die staatseigene Förderbank KfW wird ein EADS-Aktienpaket von 7,5 Prozent, das der Autobauer Daimler verkaufen möchte, übernehmen.

Airbus-Chef Enders machte gestern kein Hehl aus seiner Meinung über den beschlossenen Einstieg des Bundes: "Davon halte ich überhaupt nichts. Das geht in die völlig falsche Richtung. Wir brauchen nicht mehr staatliche Aktionäre und nicht mehr staatliche Einflussnahme, sondern weniger - das habe ich schon immer gesagt." Auf französischer Seite ist der Staat mit 15 Prozent an EADS beteiligt, Spanien hält fünf Prozent der Anteile.

Zwar soll die KfW-Lösung, auf die man in Stuttgart und Berlin gekommen war, nachdem sich in Deutschland kein privater Investor fand, zeitlich begrenzt werden. Doch auch im Hinblick darauf zeigte sich Enders skeptisch: "Sogenannte vorübergehende Lösungen haben die unangenehme Eigenschaft, sich langfristig zu verfestigen." Schließlich seien die Staatsanteile Frankreichs und Spaniens bei der Gründung des Konzerns im Jahr 1999 auch als nur vorübergehend bezeichnet worden.