Politische Krisen und turbulente Märkte irritieren Anleger. Wir haben mit Dr. Christian Jasperneite von der Privatbank M.M.Warburg & CO gesprochen.

Dr. Christian Jasperneite, Chief Investment Officer der Privatbank M.M.Warburg & CO
Dr. Christian Jasperneite, Chief Investment Officer der Privatbank M.M.Warburg & CO © M.M.Warburg & CO

Dr. Jasperneite hat an der Universität Passau studiert und promoviert. Der Volkswirt ist seit 2009 Chief Investment Officer bei der Warburg Bank. Er macht Anlegern auch in diesen turbulenten Zeiten Mut: Trotz der Volatilität an den Märkten führe kein Weg an Aktien vorbei.

Der Brexit hat die Kapitalmärkte kalt erwischt

Obwohl verschiedene Umfragen einem Brexit durchaus eine hohe Wahrscheinlichkeit eingeräumt hatten, hätten die Märkte selbst am Tag des Referendums nicht ernsthaft damit gerechnet, sagt Dr. Jasperneite. Ein klares Indiz dafür: Nach dem Referendum haben manche britische Aktien bis zu 50% verloren, während sie Tage und Wochen davor keinerlei Auffälligkeiten in ihrer Kursentwicklung gezeigt hatten. Zwar hätte sich inzwischen die Lage an den Märkten wieder normalisiert. “Aber viele negative Effekte eines Brexits werden nach wie vor unterschätzt“, erläutert Dr. Jasperneite. Es liegt somit ein gewisses Enttäuschungspotenzial in der Luft. In naher Zukunft könnten neben dem Brexit auch noch weitere Themen auf die Stimmung drücken.

Italien, Spanien und die USA

Der Experte der Warburg Bank wirft einen Blick auf die kommenden Wochen und Monate:

In Italien steht ein Referendum zu einer Verfassungsreform an, die den Politikbetrieb verschlanken soll. "Scheitert das Referendum, so ist die politische Zukunft Renzis ungewiss und die europakritische Fünf-Sterne-Protestbewegung könnte die Politik Italiens mächtig durcheinander wirbeln", sagt Dr. Jasperneite. In Spanien bahnt sich unterdessen die dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres an und die US-Wahl im Herbst sowie die jüngsten Entwicklungen in der Türkei sorgen für weitere Verunsicherung. Gleichzeitig, so Dr. Jasperneite, hätten zuletzt viele Konjunkturdaten eher enttäuscht. Außerdem stieße die expansive Geldpolitik sowie die antizyklische Fiskalpolitik in Japan und anderen Ländern an ihre Grenzen. Darüber hinaus hat der Fachmann von der M.M.Warburg & CO den Eindruck, dass an den Aktienmärkten in den USA Gewinnerwartungen zu optimistisch eingeschätzt würden und Bewertungen zu ambitioniert seien.

Durch die anhaltende Niedrigzinspolitik der Zentralbanken fallen immer mehr rentable Investitionsmöglichkeiten weg. Daher führt vielfach kein Weg an Aktien vorbei.
Durch die anhaltende Niedrigzinspolitik der Zentralbanken fallen immer mehr rentable Investitionsmöglichkeiten weg. Daher führt vielfach kein Weg an Aktien vorbei. © M.M.Warburg & CO



Aktien gehören ins Portfolio

Da kann man schon mal nervös werden. Dr. Jasperneite warnt jedoch ausdrücklich vor überstürzten Aktienverkäufen. Zwar sei auch das Bankhaus M.M.Warburg & CO zuletzt ein wenig vorsichtiger geworden, doch führe an Aktien gerade bei einer langfristigen Anlage grundsätzlich kein Weg vorbei, selbst wenn man nach Kosten und Steuern nur eine bescheidene positive Rendite anstrebe. Es sei damit zu rechnen, dass die EZB die Leitzinsen noch lange Zeit im negativen Bereich belässt. Selbst Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren weisen eine negative Rendite auf und kosten den Anleger somit Geld. Dr. Jasperneite: „Unter diesen Umständen ist auch eine höhere Bewertung von Aktien zu rechtfertigen, sodass sie in jedes Portfolio gehören.“

Weitere Einschätzungen der Experten von M.M.Warburg & CO zu vielen relevanten Themen finden sich auch auf der Internetseite der Bank. Aufgrund der unterschiedlichen Situationen und individuellen Bedürfnisse sollte sich jeder Anleger persönlich beraten lassen.