Der Unternehmer Alfred Ritter spricht im Hamburger Abendblatt über steigende Rohstoffkosten, Bio-Produkte und seine Firmenphilosophie.

Hamburg. Ganz so leicht ist Alfred T. Ritter eigentlich nicht aus der Ruhe zu bringen. Doch was dem gemütlichen Schwaben und Genussmenschen derzeit an Briefen auf den Schreibtisch flattert, macht den Ritter-Sport-Chef dann doch ein wenig nervös. Unverhohlen drohen große Zuckerhersteller mit einer bevorstehenden Knappheit des süßen Rohstoffs und kündigen gleichzeitig drastische Preissteigerungen an. "Wir sehen uns derzeit mit Preiserhöhungen beim Zucker von bis zu 50 Prozent konfrontiert", sagt der Geschäftsführer des Schokoproduzenten dem Abendblatt. Hintergrund sei eine weltweit gestiegene Nachfrage nach dem Lebensmittelgrundstoff, aber auch die zunehmende Produktion von Bio-Sprit aus Zucker. "Mit solchen Marktkapriolen hat niemand gerechnet", sagt Ritter.

Die generell gestiegenen Rohstoffkosten dürften laut Ritter auch zu einer Verteuerung der eigenen Schokotafeln führen. "Wir haben die Preise für unsere Schokolade seit 2008 stabil gehalten, doch das wird sich aufgrund der höheren Rohstoff-, Energie- und Personalkosten auf Dauer nicht mehr durchhalten lassen", sagt der Ritter-Sport-Chef. "Ich gehe davon aus, dass es in diesem oder spätestens im nächsten Jahr zu Preiserhöhungen kommen wird."

Die letzte Preiserhöhungsrunde hatte Ritter, dem in Deutschland zweitgrößten Schokoladenanbieter nach Milka-Hersteller Kraft, allerdings erheblichen Ärger mit dem Bundeskartellamt eingebracht. Die Behörde wirft Ritter Sport und mehreren anderen Süßwarenherstellern vor, sensible Daten an Wettbewerber weitergegeben und so die Preisentwicklung am Markt beeinflusst zu haben. Es droht ein erhebliches Bußgeld von bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes. "Wenn wir die Maximalstrafe von über 30 Millionen Euro zahlen müssten, wäre die Firma so stark angeschlagen, dass man sich über die Zukunft Gedanken machen müsste", sagt Mitinhaber Ritter. Bereits Ende vergangenen Jahres hatte er vor den möglichen Konsequenzen eines hohen Bußgeldes gewarnt.

Ob es allerdings am Ende tatsächlich zur Maximalstrafe oder überhaupt nur zu einem Bußgeld kommt, ist nach wie vor unklar. Das Kartellamt will sich mit Blick auf das laufende Verfahren nicht äußern. Ritter selbst hält die Vorwürfe für haltlos. "Es wurde behauptet, dass wir sensible Daten an Wettbewerber weitergegeben hätten. Dieser Vorwurf ist aber falsch", sagt er. In jedem Fall wäre eine Kartellstrafe in Millionenhöhe ein erheblicher Rückschlag für den Schokohersteller.

Eigentlich laufen die Geschäfte so gut wie selten zuvor. Nach einem Umsatzzuwachs um 8,4 Prozent auf fast 300 Millionen Euro im vergangenen Jahr konnte das Familienunternehmen auch zu Beginn dieses Jahres nochmals zulegen. "Wir haben den Umsatz im ersten Quartal um 20 Prozent steigern können", sagt der Chef. Für das Gesamtjahr geht er von einem Wachstum im "hohen einstelligen Prozentbereich" aus. Der Gewinn wird nach Einschätzung von Ritter zwar nicht im gleichen Umfang zulegen, doch in jedem Fall werde man schwarze Zahlen schreiben.

Das war nicht immer so. Als Alfred Ritter im Jahr 2005 das Ruder bei Ritter Sport in der dritten Generation übernahm, steckte das Traditionsunternehmen in einer Krise und tief in den roten Zahlen. Der studierte Volkswirtschaftler und Psychologe entließ kurzerhand den damaligen Chef, investierte ins Marketing und in hochwertige Rohstoffe. "Unsere langfristige Qualitätsstrategie setzt sich jetzt langsam bei den Kunden durch", erklärt Ritter die jüngsten Erfolge. Vom Kakao über Nüsse bis hin zu Trauben setze man ausschließlich auf hochwertige Zutaten.

Die Zuwächse sind umso erstaunlicher, da sich Ritter Sport in einem schrumpfenden Markt bewegt. Allerdings dürften auch zusätzliche Marketingaktivitäten und eine Zurückhaltung des Marktführers Kraft zu der positiven Entwicklung beigetragen haben. Im vergangenen Jahr hatte der Milka-Hersteller die Konkurrenz noch mit großen Werbekampagnen unter Druck gesetzt.

Während sich die klassische Ritter-Sport-Schokolade gut verkauft, hat sich das vor drei Jahren eingeführte Bio-Sortiment weitgehend als Flop erwiesen. "Die Verkaufszahlen unserer Bio-Schokolade sind leider weit hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben", sagt Ritter. Zum einen seien die Verbraucher nur bedingt bereit, einen höheren Preis für die Bio-Qualität zu zahlen. Zum anderen boykottiere der Öko-Fachhandel die Produkte aus dem Hause Ritter. "Die Bio-Fachhändler nehmen uns nicht ins Sortiment auf, weil wir auch im konventionellen Handel gelistet sind", erklärt der Chef. "Dadurch fehlt uns etwa die Hälfte des gesamten Bio-Marktes."

Die Enttäuschung über den Flop ist Alfred Ritter anzumerken. Die Einführung der Bio-Schokolade war eine Herzensangelegenheit für den überzeugten Öko-Unternehmer. Vor mehr als 20 Jahren schon gründete er ein eigenes Unternehmen, das unter anderem Solar-Wärmeanlagen und Holzpellet-Heizungen vermarktet. Beim familieneigenen Schokohersteller ließ er ein Blockheizkraftwerk installieren, Atomenergie hält er für einen Irrweg.

Auch bei der Durchsetzung seiner Bio-Schokolade will sich Ritter noch nicht geschlagen geben. Er wird am Bio-Sortiment festhalten, auch wenn dies zulasten des eigenen Profits gehen sollte. "Gewinnmaximierung ist kein Ziel an sich. Ich möchte nur, dass es dem Unternehmen langfristig gut geht."