Anbieter schließen zehn offene Immobilienfonds. Die Branche hat rund 25 Milliarden Euro eingefroren - Anleger haben keinen Zugang.

Hamburg. Werner Hecht benötigt dringend Geld für die Reparatur seines Hauses. Doch leider steckt er dabei in der Bredouille. Der Hamburger Rentner kommt derzeit nicht an seine Ersparnisse heran, die mehrheitlich in einem offenen Immobilienfonds liegen. Der Mann hatte zwar gehofft, seine Anteile jetzt endlich wieder einlösen zu können, nachdem der Fonds SEB Immoinvest bereits für drei Monate geschlossen war. Doch sein Wunsch ging ins Leere. Die Aussetzung der Rücknahme von Fondsanteilen wurde um bis zu weitere neun Monate verlängert.

Drei Millionen Bürger besitzen Anteile an offenen Immobilienfonds

Der Fonds ist kein Einzelfall. Auch KanAm Grundinvest will bis zu neun Monate weiteren Aufschub, bevor Anleger wieder Fondsanteile zu Geld machen können. Insgesamt sind hierzulande zehn offene Immobilienfonds mit einem Gesamtvermögen von mehr als 25 Milliarden Euro geschlossen. Die Liquidität reicht nicht aus, um alle Rückgabewünsche zu erfüllen, da sich Immobilien nicht so schnell verkaufen lassen.

"So lange kann ich mit der Erneuerung der Heizungsanlage nicht mehr warten, jetzt muss ich einen Kredit aufnehmen", sagt Hecht. Sonst bleibe nur noch ein Notverkauf über die Börse. "Dort können die Fondsanteile trotz Schließung verkauft werden", sagt die Vebraucherschützerin Annabel Oelmann. "Allerdings liegen die Verkaufskurse bei einzelnen Fonds um bis zu 30 Prozent unter den offiziellen von den Fondsgesellschaften veröffentlichten Anteilswerten."

Dabei hatte Hecht das Geld gerade deshalb in einem offenen Immobilienfonds angelegt, weil es dort sicher und jederzeit verfügbar schien: jährliche Renditen von drei bis vier Prozent, zum großen Teil noch steuerfrei und Verluste ausgeschlossen. "Es war eine ideale Anlage", sagt Hecht. Er ist einer von drei Millionen Deutschen, die ihr Geld in offenen Immobilienfonds investiert haben. Die Fonds stecken das Kapital der Sparer in Bürogebäude, Einkaufszentren und Logistikzentren, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Jeder Fünfte, der in Investmentfonds investiert, bevorzugt offene Immobilienfonds, in denen die Anleger insgesamt 88 Milliarden Euro geparkt haben. Doch sie blicken immer sorgenvoller auf ihre Anlage. Viele ziehen ihr Geld ab. Allein im zweiten Quartal 2010 verkauften Sparer Fondsanteile im Wert von 1,1 Milliarden Euro.

Die Branche macht dafür die Politik verantwortlich. Ein Gesetzentwurf, der eine Zwangsabwertung aller Fonds von zehn Prozent und Haltefristen von bis zu vier Jahren vorsah, ließ vor allem gut informierte Anleger aus den Produkten flüchten . Doch wenn zu viele Anleger, vor allem Großanleger wie Dachfonds oder Vermögensverwalter, gleichzeitig an ihr Geld wollen, geraten die Fonds schnell in Geldnot. Seit knapp vier Jahren steckt die Branche deshalb in Schwierigkeiten. Bereits im Herbst 2006 hatte die Deutsche Bank erstmals einen offenen Immobilienfonds zeitweise geschlossen. Im Herbst 2008 - auf dem Höhepunkt der Finanzkrise - kam es zu einer weiteren Schließungswelle. Auch andere Fondsgesellschaften müssen in diesen Tagen entscheiden, ob sie ihre Fonds wieder öffnen. "Wir werden in dieser Woche eine Entscheidung bekannt geben", sagt eine Sprecherin von Credit Suisse. Der Fonds CS Euroreal wurde im Mai für drei Monate geschlossen.

Doch ob die jetzt geschlossenen Fonds von der weniger strengen Regulierung profitieren können, ist zweifelhaft. Die Bundesregierung hat ihren Gesetzentwurf überarbeitet. "Das hilft eher den noch offenen Fonds, die sich auf einen starken Bankenvertrieb stützen können", sagt ein Branchenkenner. So hat die Regierung die geplante Zwangsabwertung der Fonds gekippt. Nach Informationen aus Finanzkreisen sind Kleinanleger nicht von Mindesthaltefristen betroffen und können monatlich bis zu 5000 Euro aus den Fonds abziehen. Bisher gibt es keinerlei Beschränkungen. "Die Vorschläge, die jetzt in der Diskussion sind, signalisieren eine deutliche Verbesserung für die Privatanleger", sagt ein Sprecher des BVI Bundesverbands Investment und Asset Management.

Den jetzt geschlossenen Fonds bleibt dagegen nur die Hoffnung, einige ihrer Immobilien bald verkaufen zu können, um die Liquidität zu erhöhen. Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht, da die Investitionsbereitschaft wieder steigt. "Unser Investitionsklimaindex kommt mit 67,5 Punkten wieder nah an den bisherigen Höchstwert von 68,7 Punkten im Jahr 2007 heran", sagt Olaf Janssen, Leiter Immobilien Research bei Union Investment. Barbara Knoflach von SEB Asset Management rechnet "mit den ersten Abschlüssen nach der Sommerpause".

Doch nicht alle Fonds sind von der Schließungswelle betroffen. Keine Liquiditätsprobleme haben Fonds, die über ein großes Filialnetz vertrieben werden. Allein sieben offene Fonds (siehe Tabelle) werden von der Ratingagentur Scope mit der Note A bewertet. Vor allem die Fonds Grundbesitz Europa und Grundbesitz Global (Deutsche Bank) und Uni Immo Deutschland (Genossenschaftsbanken) zeichnen sich durch eine hohe Liquidität von rund 30 Prozent aus. Allerdings geht eine hohe Liquidität zulasten der Rendite, da das Geld nur niedrig verzinst wird.

Immobilienpreise in Deutschland schwanken vergleichsweise gering

Als besonders wertstabil gilt der Fonds Uni Immo Deutschland, da er zu knapp 70 Prozent in Deutschland investiert, wo die Immobilienpreise nicht so hohen Schwankungen ausgesetzt sind. Auf Sicherheit bedachte Anleger sollten sich auch an den Mietverträgen orientieren, rät Sonja Knorr von Scope. So laufen beim Hausinvest Europa 76 Prozent aller Mietverträge erst 2014 oder später aus. Bei Grundbesitz Europa sind es 75 Prozent. Weiteres wichtiges Kriterium ist die Vermietungsquote. Unter 92 Prozent sollte sie nicht liegen. Neben der regionalen Aufteilung der Immobilien können sich Anleger auch an der Aufteilung der Immobilien orientieren. So reagieren Büroimmobilien sensibler auf Konjunktureinbrüche als Handelsobjekte. Wer also noch in offene Immobilienfonds investieren möchte, muss sich vorher gründlich informieren.