Finanzsenator Peter Tschentscher fordert beim Jahresessen des Börsenpräsidenten weiter eine solide Haushaltspolitik

Hamburg. Wäre es so im ganzen Land, Deutschland hätte viele Sorgen weniger. Im vergangenen Jahr hat Hamburg seine finanzielle Leistung um 750 Millionen Euro verbessert und einen Haushaltsüberschuss von rund 420 Millionen Euro erzielt. Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) mahnte am Montag, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen: „Diese Leistung konnten wir erbringen, weil die starke regionale Wirtschaft uns ein hohes Steueraufkommen beschert und weil die Zinsen für den Schuldendienst niedrig sind“, sagte Tschentscher beim Jahresessen des Hamburger Börsenpräsidenten im Hotel Vier Jahreszeiten. „Entscheidend ist aber, dass unsere Ausgaben im vergangenen Jahr bei 11,9 Milliarden Euro fast exakt so ausgefallen sind, wie wir sie geplant haben. Sie wurden sogar um 13 Millionen Euro unterschritten.“

Tschentscher war für den eigentlich vorgesehenen Gastredner eingesprungen, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der abgesagt hatte. Der Senator warnte davor, aus hohen Steuereinnahmen automatisch wachsende öffentlichen Ausgaben abzuleiten. „Die Steuereinnahmen sind in den vergangenen 30 Jahren zumeist gestiegen – dennoch ist die Verschuldung des Bundes, der Länder und der Kommunen stetig gewachsen. Das Problem ist, dass die Ausgabensteigerungen meist über dem Wachstum der Einnahmen lagen.“ Die Ausgabendisziplin der Hansestadt müsse auch in den kommenden Jahren strikt eingehalten werden. „Hamburg hat 25 Milliarden Euro Schulden. Die gilt es schrittweise zu tilgen, sonst bleiben sie in einem volatilen wirtschaftlichen und finanziellen Umfeld ein hohes Risiko für die Stadt.“

Nach dem Wahlsieg der SPD bei der Bürgerschaftswahl am Sonntag dürfte Tschentscher sicher auch dem nächsten Hamburger Senat angehören. Mehr als jeder andere Senator steht er mit seiner Bilanz für die solide Politik von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Tschentscher machte deutlich, dass alle 16 Bundesländer zusammen im vergangenen Jahr rund 720 Millionen Euro Haushaltsüberschuss erzielt haben – wovon weit mehr als die Hälfte allein auf Hamburg entfiel. „Wir werden damit für 2014 im Länderfinanzausgleich wieder deutlicher als Zahlerland in Erscheinung treten“, sagte der Finanzsenator.

Peter Griep, Leiter der Bundesbankdirektion für Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, skizzierte die Risiken für die Finanzmärkte: die Entkopplung der Schweizer Währung Franken vom Euro zählte er dazu, die massiven Anleihenaufkäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB), vor allem aber die wieder aufgeflammte Wirtschafts- und Finanzkrise in Griechenland. „Die Uhr für Griechenland steht auf unmittelbar vor zwölf“, sagte Griep zur Finanzsituation des Landes, das nach der Wahl der neuen griechischen Regierung nicht mehr mit der Troika von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) kooperieren will. „Man muss die Reformanstrengungen Griechenlands während der vergangenen Jahre anerkennen – aber das reicht noch längst nicht aus.“ Alle Beteiligten fürchteten die hohen finanziellen wie auch die politischen Kosten für den Fall, dass Griechenland in eine ungeordnete staatliche Insolvenz gehe. Es stelle sich aber auch die Frage „wer den Stecker zieht“, wenn Griechenland nicht zu einem Reform- und Entschuldungskurs zurückkehre. Dies sei auch deshalb so schwer zu entscheiden, „weil es eine systemische Frage“ mit Blick vor allem auf die Europäische Währungsunion sei.

Griep kritisierte – wie immer wieder auch sein Chef, Bundesbankpräsident Jens Weidmann – die enormen Programme der EZB zum Ankauf von Staatsanleihen, die mittlerweile ein Volumen von mehr als einer Billion Euro im Jahr hätten. Eine der Folgen sind historisch niedrige Zinsen im Euro-Raum. „Was tritt eigentlich in der Euro-Zone an die Stelle des Marktes? Sind die Regeln der EU tatsächlich so stark wie der Markt?“ Anders als die Mehrheit der in EZB-Rat vertretenen Staaten glaube die Bundesbank nicht, dass eine wachsende Deflationsgefahr bestehe – die Gefahr sinkender Preise –, der die EZB durch eine so massive Erhöhung der Liquidität begegnen müsse.

Die extrem niedrigen Zinsen haben auch Auswirkungen auf die Hamburger Börse. Der Handel mit fest verzinslichen Wertpapieren wie Staatsanleihen sei stark zurückgegangen, der Aktienhandel hingegen wachse mit dem immer weiter steigenden Kursniveau, sagte Gastgeber und Börsenpräsident Friedhelm Steinberg: „Das Leben ist zu kurz, um auf höhere Zinsen zu hoffen.“ Das Umfeld für die Börse bleibe schwierig: „Die Finanzmarktkrise ist keineswegs gelöst, sie kommt mir vor wie endlose Geschichte.“ Allerdings seien die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Hamburg und Deutschland insgesamt „nicht schlecht“.