Paychex erstellt die monatlichen Abrechnungen für Beschäftigte in 5900 Firmen bundesweit. Ein lohnendes Geschäft

Hamburg. Hohe Regale voller Ordner, wohin der Blick auch fällt. Überall wo beim Hamburger Unternehmens Paychex Platz ist, stehen Regale und Ordner, die nur Befugte einsehen dürfen. Die Ordner tragen nur Nummern und keine Namen. Ihr Inhalt ist streng geheim, denn es geht um eine Sache, über welche die meisten Menschen ungern sprechen – ums Gehalt.

An der Ecke Kieler Straße und Holstenkamp befindet sich mit dem Unternehmen Paychex Deutschlands wohl größtes Büro für Lohnabrechnungen. Vor allem kleinere Unternehmen nutzen diesen Service und sparen so eine eigene Buchhaltung ein. „Wir wachsen jedes Jahr um rund 24 Prozent“, sagt Chef Dirk Stefan Haase, der von Beruf Jurist ist. Nach seinem Studium in Deutschland und den USA gründete der heute 51-Jährige in Flensburg sein eigenes Unternehmen Lohndirect. „Wenige Jahre später, 2003, kam der US-Konzern Paychex auf mich zu und fragte, ob ich als Deutschland-Chef für sie arbeiten könnte.“ Er sagte zu.

Das Büro wurde in Hamburg eröffnet, die ersten drei Mitarbeiter konnte er einstellen. Das Geschäft wächst. Inzwischen sind 118 Beschäftigte an Bord. Und es sollen noch mehr werden. Haase hat zwei Trainer eingestellt, die das Personal schulen sollen mit Filmen, Lernmanagementsystemen und Fragebögen. Die Fläche des Unternehmens hat er gerade von 856 auf 1100 Quadratmeter vergrößert, damit noch mehr Arbeitskräfte eingestellt werden können. 5900 Kunden aus ganz Deutschland nutzen den Service des Hamburger Unternehmens bereits. In der Mehrheit handelt es sich um kleine Firmen zwischen einem und 200 Beschäftigten. Zehntausende Gehaltsbescheinigungen werden jeden Monat an die Arbeitgeber verschickt, die sie dann an ihre Mitarbeiter weitergeben. Hinzu kommen die jährlichen Bescheide an die Rentenversicherung.

Das Unternehmen ist streng abgeriegelt. Wer von außen kommt, wird persönlich abgeholt und zum entsprechenden Gesprächspartner geführt. Die Mitarbeiter, die meist aus kaufmännischen Berufen kommen, müssen gegenüber Gästen, ihren Angehörigen und Freunden bezüglich ihrer Arbeit schweigsam sein. So verlangt es der Datenschutz. „Lohnsachbearbeiter sind Geheimnisträger. Auch meine Frau weiß nicht, welche Kunden wir haben“, sagt Haase. „Wir schulen unsere Mitarbeiter in Fragen des Datenschutzes und stehen in ständigem Kontakt mit dem Datenschutzbeauftragten.“

Bei Paychex entsteht der Umsatz durch die Masse. Das Unternehmen verlangt von seinen Kunden pro Bescheid 9,80 Euro. Neue Mitarbeiter werden von dem Unternehmen geschult. „Drei Karriereschritte sind möglich. Nach der ersten Prüfung werden sie bei uns Junior, danach sind sie Mitarbeiter, und im dritten Schritt können sie sich zum Senior oder Gruppenleiter hocharbeiten“, sagt Haase. „Sie werden dann in den USA ausgebildet und bekommen gute Perspektiven angeboten, wie etwa die Betreuung von internationalen Kunden.“

Das Unternehmen will in Deutschland weiterwachsen, doch das ist nicht einfach. „Unsere größten Konkurrenten sind die rund 85.000 Steuerberater in Deutschland“, sagt Haase. Auch sie können für kleine und große Unternehmen neben der Steuer auch die monatlichen Gehaltsbescheide erstellen. Dennoch wenden sich immer mehr Steuerbüros in puncto Abrechnung an das deutsch-amerikanische Unternehmen. „Wir arbeiten inzwischen für 450 Steuerberater in Deutschland. Die Lohnabrechnung ist nicht immer gleich. Kompliziert ist es etwa, wenn es um den Baulohn geht. Steinmetze, Gerüstbauer und Dachdecker oder der Baulohn für den Hoch- und Tiefbau lässt sich nicht so einfach berechnen, weil die Arbeitszeiten oft vom Wetter abhängig sind“, sagt Haase.

Das Spektrum der Kunden ist groß. Unter anderem betreut Paychex Mitarbeiter ausländischer Firmen, die in Deutschland aktiv sind. „Erklären Sie einmal einem Unternehmer aus Übersee, was das Wort Mutterschutz bedeutet“, sagt Haase und lacht. Das Unternehmen ist auch Mittler in solchen Fragen. Nachdem Haase das Berliner Unternehmen Lohndata übernommen hat, peilt er weitere Zukäufe an. „Wir haben vier Unternehmen im Visier“, sagt er. Weitere Einzelheiten will er nicht nennen. Paychex in Deutschland ist eine Tochter des im Jahr 1971 gegründeten gleichnamigen US-Unternehmens mit aktuell einem Umsatz von 2,8 Milliarden Dollar. Die erste Tochterfirma wurde 32 Jahre später in Hamburg gegründet. Inzwischen gibt es auch eine Niederlassung in Brasilien. Aktuell betreuen die Amerikaner 580.000 Kunden in der Lohnbuchhaltung. Davon träumt Haase zwar nicht, aber er strebt schon eine Kundenzahl im fünfstelligen Bereich an. Mögliche Übernahmen würden ihm dabei helfen.