Reisekonzern will engere Zusammenarbeit der Flugtöchter

Hannover. Der Beifall ist verklungen, der Alltag ist in die TUI-Zentrale in Hannover eingezogen. Am heutigen Dienstag stellt sich der Reisegigant nach der erfolgreichen Fusion mit seiner britischen Tochter zum Weltmarktführer erstmals seinen Aktionären. Doch die Hauptversammlung ist schon jetzt überschattet von handfesten Mitarbeitersorgen. Vor allem am Konzernsitz in Hannover reißen die Schlagzeilen über die Ängste der Belegschaft bei der Tochter TUIfly nicht ab. Verunsicherung macht sich breit bei den Mitarbeitern des Ferienfliegers, bei dem ein Abbau von mehreren Hundert Stellen befürchtet wird. Drohen der Fusion jetzt die Nachwehen?

TUI plant eine stärkere Verzahnung von fünf seiner sechs Airlines. Betroffen ist auch Deutschlands viertgrößte Fluggesellschaft, der Ferienflieger TUIfly. „Es geht darum, unsere Kräfte zu bündeln“, sagte ein TUI-Sprecher. Im Rahmen des Restrukturierungsprogramms One Aviation würden mehrere Modelle geprüft. Dabei gehe es um Überschneidungen beim Kerosineinkauf oder dem Flottenmanagement.

Der TUI-Aufsichtsratschef und frühere Daimler-Manager Klaus Mangold hat schon früh versucht, den Betriebsrat ins Boot zu holen und an den Integrationsplänen zu beteiligen. Auch der von den Aktionären gefeierte TUI-Chef Friedrich Joussen hat eine emsige Reisetätigkeit zwischen den diversen Standorten des TUI-Imperiums entwickelt, um Mitarbeitern im In- und Ausland die Fusion nahezubringen. Es geht um nichts Geringeres als darum, maximale Effizienz zu erzielen und gleichzeitig die Mitarbeiter zu motivieren, das Projekt engagiert mitzutragen. Ziel ist ein Zusammenschluss auf Augenhöhe.

Der Konzernbetriebsratschef Frank Jakobi sieht das Projekt bisher auf Kurs. „Der Prozess steht ja erst am Anfang, aber bisher sind die Grundlagen hervorragend“, sagt er und betont: „Da ist bisher eigentlich alles offen und fair gelaufen.“ Dennoch gebe es unter den Mitarbeitern Ängste vor einem Jobabbau und eine Verlagerung der TUIfly-Zentrale nach London. Joussen habe die Ängste auch ernst genommen und das Thema zur Chefsache erklärt. Jakobi: „Es sind alles Signale, wo ich denke: Die haben es verstanden.“

TUIfly hat zurzeit rund 2400 Mitarbeiter: 1150 Flugbegleiter, 700 Beschäftigte beim Bodenpersonal sowie etwa 550 Piloten. Die Flotte besteht aus 40 Jets, von denen 14 mitsamt Besatzung an Air Berlin vermietet worden sind. Insgesamt verfügt der TUI-Konzern mit seinen 77.000 Mitarbeitern im Fluggeschäft bei den konzerneigenen Airlines TUIfly Deutschland, Thomson Airways, TUIfly Nordic, Jetairfly sowie ArkeFly über 140 Flugzeuge. Die französische TUI-Fluglinie Corsair spielt bei den Plänen bisher keine Rolle.

Doch nach der Kür der Fusion steht nun die Pflicht: Die Aktionäre erwarten Einsparungen. Über Kräftebündelung, Sparchancen und sinkende Steuerlasten will der im Londoner Leitindex FTSE gehandelte neue Konzern ein jährliches Gewinnplus von rund 100 Millionen Euro verdienen. Daher steht erst einmal die interne Neuordnung an. Sich überlappende Doppelstrukturen sollen abgebaut werden. „Wir wollen schnelle Entscheidungswege: Ich bin ein Freund von flachen Hierarchien“, hatte Joussen vor der Fusion gesagt – und ergänzt, dass keine Entlassungswelle anstehe: „In Summe brauchen sich die Leute keine Sorgen machen: Das wird kein Kahlschlag werden.“

Zentralfunktionen sollen aber gestrafft werden. Etwa bei der IT-Abteilung, wo aus 30 Standorten zwei werden sollen. Die Kosten der Fusion hatte Joussen auf 45 Millionen Euro veranschlagt. Die Aktionäre schätzten seinen Kurs: Die Aktie ist von unter vier Euro Anfang 2012 auf gut 15 Euro gestiegen.