Gewerkschaft Ver.di kritisiert Tarifflucht. Vorstand orientiert sich an Logistikbranche

Bonn. Die Deutsche Post will neuen Mitarbeitern in ihrem boomenden Paketgeschäft künftig niedrigere Löhne zahlen als der Stammbelegschaft. Im Gegenzug will der Bonner Konzern Tausende Arbeitsplätze schaffen. „Wir rechnen im Paketgeschäft mit 10.000 neuen Stellen bis 2020 und wahrscheinlich 20.000 in Summe bis 2025“, sagte der für das Brief- und Paketgeschäft zuständige Vorstand Jürgen Gerdes. Gerdes will aber zugleich auf die Kostenbremse treten: Neue Mitarbeiter sollen in neu gegründeten Gesellschaften arbeiten, der Hausvertrag der Post gilt für sie damit nicht. Vielmehr sollen sich die Löhne der neuen Zusteller an den Tarifen der Logistikbranche orientieren. Diese liegen vielfach unter denen des Bonner Konzerns.

Gerdes hatte immer wieder beklagt, die Personalkosten seien im Durchschnitt doppelt so hoch wie die der Wettbewerber: „Die Paketzustellung ist auf Dauer nicht innerhalb der existierenden Tarifverträge machbar, der Wettbewerbsnachteil ist nicht tragbar.“ Die Gewerkschaft Ver.di kritisierte die Pläne als „groß angelegte Tarifflucht“.

Gerdes und Ver.di liegen im Clinch, der Post-Vorstand forderte für Neueinstellungen immer wieder eine „marktgerechte Bezahlung“. „Unser altes Tarifsystem in der AG kommt aus den 70er-Jahren, aus den Zeiten der Bundespost“, beklagte Gerdes: „Heute sind wir ein modernes Dienstleistungsunternehmen und brauchen somit auch ein modernes Tarifgefüge.“ Ziel ist dabei, die Lohnkosten näher an die von Wettbewerbern wie UPS oder TNT zu bringen. Die Tarifentgelte in der Logistik beginnen bei Stundenlöhnen von knapp über zehn Euro, in einigen Bezirken – wie etwa in Süddeutschland – liegen sie deutlich höher. An dem Logistik-Tarif orientiert sich auch der Versandhändler Amazon.

Die Post habe bundesweit bereits 49 neue Gesellschaften gegründet, die die neuen Mitarbeiter einstellen sollen. Unter anderem in Rostock, Bremen und Frankfurt/Main sollen sie bald Bezirke für die Paketzustellung übernehmen. Der Bonner Konzern werde durch den Schritt auch bei den Arbeitszeiten flexibler, Überstunden würden leichter möglich. Die Post beschäftigt derzeit in Gerdes’ Sparte in Deutschland rund 180.000 Mitarbeiter, die Personalaufwendungen machen einen großen Kostenblock aus. Für die bereits bei der Post beschäftigten Mitarbeiter gilt weiter der Haustarifvertrag.