Notenbank schafft Mindestkurs des Franken zum Euro ab. Fest steht damit auch: Skiurlaub in der Alpenrepublik wird für Hamburger nun teurer.

Zürich/Hamburg. Paukenschlag für die weltweiten Finanzmärkte, aber auch für die Schweizer Wirtschaft und alle Deutschen, die gerne in der Alpenrepublik ihren Urlaub verbringen. Die Schweizer Notenbank hat am Donnerstag eine radikale Kehrtwende vollzogen und den Mindestkurs des Franken zum Euro abgeschafft. Die Währungshüter begründeten ihre überraschende Entscheidung mit dem immer stärker werdenden Dollar und dem anhaltend fallenden Euro. Dies hätte bei einem Festhalten an dem Mindestkurs von 1,20 Franken anhaltend starke Interventionen zur Folge gehabt. „Es machte keinen Sinn, eine wirtschaftlich nicht nachhaltige Politik weiterzuführen“, sagte der Präsident der Schweizerische Nationalbank (SNB), Thomas Jordan. Experten und die Schweizer Wirtschaft kritisierten die Entscheidung. Die Schweizer Börse reagierte schockiert, die Kurse sackten zeitweise um bis zu 14 Prozent ab.

Experten befürchten, dass die Schweizer Exportwirtschaft in Bedrängnis gerät, wenn der Euro zum Franken nicht wieder aufwertet. Am Donnerstag sackte die Einheitswährung weiter ab und notierte erstmals seit August 2011 zeitweise bei einem Franken. Erwartet werden zudem negative Auswirkungen auf den Tourismus, weil Urlaub in der Schweiz durch den starken Franken deutlich teurer wird.

Vor der Entscheidung der Schweizer Nationalbank wurden für einen Franken rund 83 Eurocent fällig. Gestern Nachmittag waren es fast 97 Eurocent. Dies dürfte schon bald auch viele Hamburger treffen, die in den Märzferien gerne zum Skifahren in die Schweiz reisen. Sie müssen sich auf Mehrkosten von rund 17 Prozent allein durch die Wechselkursveränderungen einstellen.

Stärkster Tageseinbruch seit 1989

Die Schweizer Börse erlebte am Donnerstag ihren stärksten Tageseinbruch seit 1989. Aktienanleger verloren bis zu 140 Milliarden Franken. Devisenanleger dagegen, die zum bisherigen Mindestkurs in den Franken gewechselt waren, konnten einen hohen Gewinn einstreichen.

Durch den vor mehr als drei Jahren eingeführten Mindestkurs war die SNB seit Wochen wieder gezwungen, Euro in Milliardenhöhe zu kaufen, da es die Einheitswährung nicht schaffte, sich von der Marke von 1,20 Franken zu lösen. Die internationale Entwicklung sei auseinandergedriftet, sagte Jordan. Die heftigen Marktreaktionen seien für die Währungshüter zweitrangig. Der Fall des Euro und der Aktienkurse seien eine Übertreibung, zu der die Kapitalmärkte nach einer so überraschenden Entscheidung einer Notenbank neigten, betonte Jordan. „Die Volatilität an den Märkten muss man hinnehmen.“ Der Markt werde sich auf einem vernünftigen Niveau einpendeln.

Die SNB habe ihren Handlungsspielraum zurückgewinnen müssen, den sie durch die Bindung an den Euro aufgegeben habe, betonte der Notenbankchef. Gravierende dauerhafte Nachteile für die Schweizer Wirtschaft befürchtet er nicht. Die Unternehmen hätten in den vergangenen Jahren Zeit gehabt, sich an einen starken Franken anzupassen.

Für die Schweizer Wirtschaft dürfte das Exportgeschäft durch die massive Aufwertung des Franken schwieriger werden, weil ihre Waren im Ausland nun mehr kosten. Mehr als 50 Prozent der Produkte „made in Switzerland“ gehen in die Länder der Euro-Zone. Importierte Waren werden dagegen billiger. Und die Schweizer Konsumenten dürften mit ihrem starken Franken noch mehr im Ausland kaufen, auch ihren Urlaub dürften sie vermehrt außerhalb der Schweiz verbringen. Dies freut vor allem deutsche Einzelhändler in den grenznahen Regionen wie Baden-Württemberg, die nun auf einen Ansturm kaufkräftiger Schweizer hoffen.

Vertreter der Wirtschaft kritisierten den Schritt der Währungshüter. „Bei einer schockartigen Aufwertung ist die Industrie überfordert“, sagte Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse. „Das wird sehr große Probleme geben.“ Entscheidend werde sein, wo der Euro Boden findet. „Mit 1,15 kann die Wirtschaft leben“, erklärte Misch. „Bei 1,05 würde es zu einem größeren Einbruch kommen.“ Der Gewerkschaftsbund warnte, der Entscheid der SNB gefährde Löhne und Arbeitsplätze in der Exportwirtschaft massiv. Nach Ansicht von UBS-Volkswirt Daniel Kalt hat das Risiko einer Rezession durch den Schritt der SNB schlagartig zugenommen. „Es fehlen einem die Worte!“, sagte Nick Hayek, Chef des Uhren-Herstellers Swatch. „Was die SNB da veranstaltet, ist ein Tsunami“, so Hayek. „Für die Euro-Zone dürften die Auswirkungen der SNB-Entscheidung begrenzt sein“, so Christian Schulz, Europa-Volkswirt der Hamburger Berenberg Bank.

Die SNB hatte die Euro-Kursuntergrenze im September 2011 zum Schutz der exportorientierten Industrie des Landes und zur Abwehr von Deflationsgefahren aufgrund sinkender Importpreise festgesetzt. Sie kaufte dann Euro in Milliardenhöhe. „Der Mindestkurs ist absolut zentral“, hatte Jordan noch vor zehn Tagen gesagt. Dass nun der Druck auf die Preise in der Schweiz steigen dürfte, weil importierte Güter billiger werden, will die Notenbank hinnehmen. Gleichzeitig mit der Aufhebung des Mindestkurses beschloss die SNB, den Strafzins auf Einlagen von Banken bei der Notenbank auf 0,75 Prozent von 0,25 Prozent zu erhöhen. Das soll Geld aus dem Ausland abschrecken und so den Franken schwächen.