Günter Butschek hört überraschend zum Jahreswechsel auf. Nachfolger Klaus Richter kommt aus dem Unternehmen

Hamburg. Erst vor wenigen Tagen brachte der Airbus-Konzern ein Ende des A380-Programms ins Gespräch, nur um diese Nachricht gleich danach zu relativieren. Jetzt kommen schon wieder Aufsehen erregende Neuigkeiten von Airbus, die auch den Standort Hamburg betreffen: Das Unternehmen erhält zum 1. Januar einen neuen Deutschland-Chef. Günter Butschek, der im Vorstand für den Bereich Entwicklung und Produktion verantwortlich ist (Chief Operating Officer, COO) und in Personalunion die nationale Tochterfirma mit Sitz in Hamburg führt, wird Airbus verlassen, um „neue berufliche Ziele zu verfolgen“, wie es in einer Mitteilung heißt.

„Ich bedaure die Entscheidung von Günter Butschek“, wird Tom Enders, Chef des Mutterkonzerns Airbus Group, zitiert. Er sei in einer Zeit zu Airbus gekommen, „als wir vor einer Reihe strategischer und operativer Herausforderungen standen“, so Enders.

Seither habe das Unternehmen von seiner großen Erfahrung im Automobilsektor und seiner Führungskompetenz sehr profitieren können. „Ich danke ihm für seine wertvollen Beiträge“, erklärt Enders. Butschek hat sein Amt erst Anfang März 2011 als Nachfolger von Gerald Weber angetreten. Während seiner Amtszeit erhöhte sich die Produktionsrate der Kurz- und Mittelstreckenjets der A320-Familie von 34 auf 42 Maschinen pro Monat, wobei die Fertigung in Hamburg überproportional ausgebaut wurde: 23 Jets monatlich entstehen in Hamburg, also mehr als die Hälfte der Gesamtproduktion aller drei Endmontagestandorte Hamburg, Toulouse und Tianjin (China).

Gewerkschaft zeigt sich überrascht von der Personalie

Bereits beschlossen ist eine weitere Ausweitung der Produktion auf firmenweit 46 Flugzeuge im Monat bis zum zweiten Quartal 2016, wobei zuvor ein vierter Endmontagestandort in Mobile (USA) eröffnet wird.

Butscheks Name wird mit dem im Februar 2012 unterschriebenen Zukunftstarifvertrag verbunden bleiben. Der mit dem Betriebsrat und der IG Metall ausgehandelte Vertrag sieht unter anderem die Sicherung der Beschäftigung und der Standorte in Deutschland bis Ende 2020 vor. Außerdem wurde vereinbart, dass in der Serienfertigung mindestens 80 Prozent fest angestellte Stammkräfte und höchstens 20 Prozent Zeitarbeiter, befristet Beschäftigte und Werkvertragskräfte arbeiten. Als Gegenleistung sagten Betriebsrat und Gewerkschaft spürbare Produktivitätsfortschritte zu. Zwar konnte die Produktivität nach Angaben von Airbus tatsächlich gesteigert werden. Unklar ist, ob man sich ursprünglich in Toulouse nicht womöglich noch größere Steigerungen versprochen hat.

Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste, zeigte sich überrascht von dem Wechsel. Auch wenn zwischen Butschek und der Arbeitnehmerseite damals hart um den Zukunftstarifvertrag gerungen wurde, habe man ihn „als verlässlichen Verhandlungspartner erlebt“, so Geiken. „Wir erwarten, dass die Geschäftsführung – unabhängig von den personellen Veränderungen – die langfristige Perspektive für die Airbus-Standorte Bremen, Buxtehude, Hamburg und Stade im Blick behält.“

Zuletzt hat Butschek die Fertigung des neuen Langstreckenjets A350 auf den Weg gebracht, wobei es gelang, Schwierigkeiten und Verzögerungen, wie sie beim A380 auftraten, zu vermeiden. Wie auch Butschek, der viele Jahre für den Daimler-Konzern arbeitete, hat sein designierter Nachfolger im Amt des Chefs von Airbus Deutschland, der Einkaufschef Klaus Richter, Erfahrungen in der Automobilindustrie gesammelt. Nach einem Maschinenbaustudium und der Promotion an der TU München ging er zunächst für zwei Jahre als Forscher an die University of California in Berkeley. Anschließend arbeitete er zehn Jahre lang für das Beratungshaus McKinsey, bevor er im Jahr 2003 zu BMW wechselte. Im November 2007 kam er zu Airbus. Richter ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er gilt als begeisterter Skifahrer, außerdem spielt er Tischtennis und beherrscht mehrere Musikinstrumente.

Nachfolger von Butschek als Airbus-Vizechef im Amt des COO wird der Brite Tom Williams, 62, der bisher im Vorstand die Verantwortung für die Flugzeugprogramme hat. Mit seiner umfangreichen Erfahrung bringe Williams alles mit, was nötig sei, „um in dieser überaus wichtigen Position erfolgreich zu sein“, so Enders. Das Amt von Williams übernimmt der Franzose Didier Evrard, derzeit Leiter des A350-Programms. Klaus Richter rückt den Angaben zufolge in die erste Führungsebene der Airbus Group auf.