Unternehmenszentrale des Schokoladenherstellers verlässt Köln. 130 neue Arbeitsplätze in der Metropolregion

Köln/Norderstedt. Für den Norden ist es eine positive Nachricht: Der Schokoladenhersteller Stollwerck verlagert seine Unternehmenszentrale von Köln nach Norderstedt vor den Toren Hamburgs. Gesamtwirtschaftlich verbirgt sich hinter dieser Nachricht aber eine tragische Geschichte. Denn das traditionsreiche Unternehmen, das mit Marken wie Sarotti und Alpia sowie ehemals Sprengel berühmt wurde, muss sparen und verlässt deshalb den Kölner Standort, mit dem es eigentlich tief verwurzelt ist.

Schon im kommenden Jahr soll die Verwaltung nach Norderstedt umziehen. Dazu gehören die Entwicklungsabteilung, die Qualitätssicherung sowie Vertrieb, Marketing, Finanzen, Personalwesen, IT-Support und Einkauf. Den 130 Mitarbeitern werde ein Arbeitsplatz in Norderstedt angeboten, teilte das Unternehmen mit, das seit 2011 zur belgischen Baronie-Gruppe gehört. In Norderstedt befindet sich eine der drei deutschen Produktionsstätten der Stollwerck GmbH. Hier werden vor allem Pralinen hergestellt. Daneben gibt es noch ein Werk in Berlin, das auf die Produktion von Tafelschokoladen und Dragees ausgerichtet ist, sowie eines im thüringischen Saalfeld, das Trüffel, Saison- und Spezialprodukte herstellt.

Erweitert wird aber nicht: „Wir haben in Norderstedt ein ausreichend großes Verwaltungsgebäude mit Platz für die 130 Mitarbeiter“, sagte Stollwerck-Marketingmanager Jan Zuther dem Abendblatt am Mittwoch. Unklar sei, wie viele der am Kölner Standort in Porz Beschäftigten mit umziehen werden. „Die Gespräche mit dem Betriebsrat haben erst begonnen“, sagte Zuther. Nach einer größeren Restrukturierung, bei der mehrere Arbeitsplätze abgebaut wurden, arbeiten in Norderstedt 100 Mitarbeiter, davon 30 in der Verwaltung und 70 weitere in der Produktion.

In Köln produziert Stollwerck seit annähernd zehn Jahren nicht mehr. Damals gehörte das Unternehmen zum weltweit größten Kakao- und Schokoladenhersteller Barry Callebaut, der mehrheitlich im Besitz der Schweizer Familie Jacobs ist. Barry Callebaut nahm Stollwerck von der Börse und schloss das traditionsreiche Werk in Köln. Produktionshallen und Lager wurden leer und untervermietet. Lediglich die Verwaltung blieb auf dem 68.000 Quadratmeter großen Firmengelände übrig, nach dem sogar die Straße benannt ist, an dem es liegt: Stollwerckstraße.

Vor 175 Jahren startete Franz Stollwerck in Köln seine Hustenbonbonproduktion, erst 20 Jahre später kamen Schokolade, Marzipan und Printen hinzu. Bis 1902 wuchs das Unternehmen zu einer weltweit operierenden Aktiengesellschaft mit Werken in Europa und den USA heran. Stollwerck erfand den Schokoladenverkauf per Automaten. Allein auf New Yorker Bahnhöfen sollen vor der Jahrhundertwende mehr als 4000 davon in Betrieb gewesen sein.

Nach dem Krieg, bei dem die Produktionsstätten stark im Mitleidenschaft gezogen worden waren und der erfolgten Zwangsenteignung des Auslandsgeschäfts, fasste Stollwerck nach der Übernahme durch den Schokoladenhersteller Hans Imhoff und dem Zukauf bekannter Marken wie Sprengel, Sarotti und der zwischenzeitlich wieder veräußerten Gubor erneut Tritt. 2011 erfolgte der Verkauf an die belgische Baronie-Gruppe, die das Norderstedter Werk restrukturierte. Die Belegschaft mit ihren damals 400 Mitarbeitern schrumpfte stark. Jetzt wächst sie in der Unternehmenszentrale wieder.

In Köln zurück bleibt der Name, mit dem sich einst ein Weltkonzern verband: Dort gibt es ein Stollwerck-Veranstaltungshaus. Das Imhoff-Stollwerck Schokoladenmuseum war schon früher an Lindt & Sprüngli übergegangen. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagte Alleininhaber Fons Walder von der belgischen Baronie-Mutter Sweet Products Chocolate. „Aber die aktuelle Kostensituation, die dramatisch gestiegenen Rohstoffkosten und das starke Wettbewerbsumfeld zwingen uns zu diesem Schritt, um unsere Position am Markt zu behaupten und auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.“

Tatsächlich befindet sich Stollwerck in einem hart umkämpften Markt, der vor allem von großen Unternehmen bestimmt wird. Zwar ist Stollwerck mit einem Umsatz von rund einer halben Milliarde Euro im Jahr kein kleines Unternehmen. Gegen internationale Branchengrößen wie Cadbury, Mars oder Ferrero, die jährlich mehrere Milliarden Euro umsetzen, ist das Unternehmen aber eher ein Leichtgewicht, das es gegenüber den Großkonzernen schwerer hat, im Einkauf niedrige Preise zu erzielen. Zumal die Rohstoffkosten teilweise extrem in die Höhe geschossen sind. Eine Tonne Kakaobohnen kostete vor einem Jahr noch 2090 Euro. Heute sind es 2900 Euro. Kakaobutter hat sich von 4700 Euro auf 6900 Euro pro Tonne verteuert. Mandeln kosten knapp ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr. Lediglich die Preise für Milchpulver und Zucker sanken.