Christoph Hantke importiert das edle Gewürz aus dem Iran. Fälschungen, Preisschwankungen und Sanktionen gegen die islamische Republik machen den Handel zur Herausforderung

Hamburg. Der Herbst ist die Erntezeit im Nordosten Irans. Hunderttausende von Krokussen blühen dann auf den kargen Feldern rund um die zweitgrößte Stadt Maschhad. In mühsamer Handarbeit sammeln Erntehelfer die violetten Blüten des Crocus sativus und bringen sie zu den Zwischenhändlern, wo Frauen mit geübten Griffen die aromatisch duftenden, tiefroten Narbenschenkel aus den Blüten zupfen. Was bei diesem aufwendigen Prozess übrig bleibt, ist eines der teuersten und edelsten Gewürz der Welt: Safran. Etwa 80.000 Blüten sind notwendig, um gerade einmal ein Kilo des roten Goldes zu gewinnen. Daher die exorbitant hohen Preise, zu denen die Spezerei hierzulande verkauft wird.

Christoph Hantke ist schon mehrmals bei der Safranernte im Iran dabei gewesen. Jeweils im Frühjahr und im Herbst reist der Hamburger Gewürzhändler in den Mittleren Osten, um die Qualität seiner bestellten Waren zu überprüfen. Mit dem Flugzeug landet er dann in Teheran und steigt in eine wenig Vertrauen erweckende, kleinere Maschine um, die ihn in den nordöstlichen Bundesstaat Razavi-Chorasan bringt. Dort lässt er sich dann zu seinem langjährigen, iranischen Geschäftspartner kutschieren.

„Im Normalfall wäre ich auch jetzt vor Ort“, sagt Hantke, während er auf einem schlichten, weißen Sofa in seinem Geschäft Safran- und Vanillehandel Pütter unweit der S-Bahn-Haltestelle Rissen sitzt. „Ich bin aber gerade zum zweiten Mal Vater geworden“, erzählt der 38-Jährige mit einem Lächeln. „Das geht natürlich vor.“

Seit nunmehr sieben Jahren handelt Hantke schon mit Safran und anderen edlen Gewürzen wie Vanille, Zimt oder Muskat. In dieser Zeit hat sich der zurückhaltende, fast hagere Mann zu einem der wenigen Experten für das rote Gold in Hamburg entwickelt. 200 Kilo importiert er jährlich und verkauft Fasern oder Pulver in Kleinstmengen von 0,5 bis zehn Gramm dann weiter auf der eigenen Internetseite oder über Feinkostgeschäfte wie Oschätzchen. Auch Spitzenköche aus dem Hotel Louis C. Jacob oder dem Landhaus Scherrer schwören auf die Qualität des Hamburgers.

Dabei hatte der gelernte Kulturwissenschaftler ursprünglich überhaupt keinen Bezug zum Gewürzhandel. Nach dem Studium arbeitete er zunächst für eine Kölner TV-Firma, die Serien wie „Richterin Barbara Salesch“ für das Privatfernsehen produzierte. „So richtig glücklich war ich da aber nicht“, erzählt Hantke, der schon Ende der 90er-Jahre begann, im Safranhandel des bekannten Hamburger Gastronomen Eberhard Pütter, einem langjährigen Freund der Familie, auszuhelfen.

Als Pütter 2007 in den Ruhestand ging, übernahm Hantke das Geschäft, stellte auf Direktimport aus dem Iran um und erweiterte das Sortiment um weitere Gewürze. Dass er seinen Safran ausschließlich aus dem Mittleren Osten bezieht, hat einen einfachen Grund: „Weit über 90 Prozent des weltweit angebotenen Safrans stammen aus dem Iran, hier haben die empfindlichen Pflanzen optimale Bedingungen“, sagt Hantke.

Möglichst konstante Temperaturen um 15 Grad und karge Böden braucht der Crocus sativus, um ein besonders intensives Aroma zu entwickeln. „Zwar wird Safran auch in Spanien und sogar in bestimmten Lagen in Österreich angebaut, doch die Qualität ist mit der iranischen nicht zu vergleichen“, so Hantke. „In Spanien sind die Sommer einfach zu heiß, die hohen Temperaturen sind Gift für das Aroma.“

Hinzu kommt, dass angeblich in Europa angebauter Safran in vielen Fällen doch aus dem Iran stammt. „Insbesondere die Spanier betreiben Herkunftsschwindel“, sagt Hantke. „Weil die im Land produzierten Mengen gar nicht ausreichen, um die Nachfrage zu befriedigen, kaufen viele Anbieter im Iran zu und verpacken diesen dann nur in Spanien.“ Auch bei den Österreichern habe er diese Praxis schon erlebt.

Der Herkunftsschwindel ist nur einer von vielen Tricks, auf die deutsche Verbraucher gefasst sein müssen. „Safran ist nicht nur eines der teuersten, sondern auch das am häufigsten gefälschte Gewürz der Welt“, weiß Hantke. Eher plump sind etwa die Versuche von Händlern, unbedarften Touristen die safranähnliche Färberdistel Safflor als edles Gewürz anzudrehen. Diese gibt beim Kochen zwar ebenfalls eine intensive, gelbe Farbe ab, schmeckt aber nach gar nichts.

Schwieriger sind schon die Tricks zu durchschauen, mit denen professionelle Händler wie Hantke getäuscht werden sollen. „Als ich noch neu im Geschäft war, bekam ich mal eine Charge angeboten, die mit eingefärbten Fleischfasern gestreckt war“, sagt der Hamburger. Ausgesprochen beliebt und zugleich gesundheitsschädlich sei auch die weit verbreitete Praxis, minderwertigen, aber echten Safran mit Hilfe eines giftigen Farbstoffs tiefrot und damit höherwertig erscheinen zu lassen. „Eingefärbte Fasern erkennt man spätestens, wenn diese beim Kochen komplett die Farbe verlieren.“

Hantke selbst verlässt sich neben seinen langjährigen Geschäftsbeziehungen vor allem auf regelmäßige, chemische Analysen. In seinem Internetshop bietet er ausschließlich Safran der Qualitätsstufe Coupé, zertifiziert nach ISO Norm 3632 an. „Coupé“ bezeichnet Fäden, bei denen die gelben, minderwertigen Teile abgeschnitten wurden.

Neben dem Kampf gegen die Fälscher hält der Safranhandel noch eine Reihe anderer Herausforderungen bereit. So sind die Geschäftsbeziehungen mit dem Iran alles andere als einfach. Gewürze wie Safran fallen zwar nicht unter das derzeit geltende Handelsembargo, mit dem der Staat zum Einlenken im seit Jahren schwelenden Atomstreit gezwungen werden soll. Doch Geld für eine Lieferung lässt sich dennoch nicht direkt an einen iranischen Partner überweisen, weil den deutschen Banken aufgrund eines gleichzeitig geltenden Finanzembargos jegliche Geschäftsbeziehungen mit iranischen Kreditinstituten untersagt sind. „Zur Bezahlung meiner Waren muss ich mich daher diverser Mittelsmänner im Ausland bedienen“, sagt Hantke. Schwierigkeiten mit den Behörden habe er aufgrund dieser Praxis aber noch nie bekommen. Auch sei das Geld trotz der Umwege immer bei seinen Partnern angekommen.

Der hohe Aufwand und die Risiken des Safrangeschäftes lohnen sich für Hantke vor allem wegen der hohen Gewinnmargen. Das Kilo kauft er im Iran derzeit für rund 2000 Euro ein, ein Gramm Fäden kostet in seinem Internetshop sechs Euro – eine Rendite von satten 300 Prozent. Allerdings geht längst nicht der gesamte Safran zu diesen Preisen weg, zudem tauchen im Markt wegen Missernten oder anderer Einflussfaktoren auch enorme Schwankungen auf. Im Jahr 2007 etwa kauften die Chinesen fast die gesamte Welternte auf, was zu einem Preisanstieg auf 3000 Euro pro Kilo führte.

In China ist der Safran vor allem wegen seiner gesundheitsfördernden Wirkung beliebt, ein Aspekt, den auch Hantke hervorhebt. „Die Fäden sind ausgesprochen vitaminreich“, sagt der Händler. Er selbst verfeinert jetzt im Herbst gern eine selbst gemachte Kürbissuppe mit dem Gewürz. „Und ich tue jeden Morgen drei Fäden in meinen schwarzen Tee.“ Wegen der Gesundheit – und natürlich auch wegen des guten Geschmacks.