Hansestadt bei befristeten Jobs bundesweit an der Spitze. Heute Protestaktionen

Hamburg. Die Zahl der befristeten Stellen in Hamburg erklimmt Rekordwerte: 2013 arbeiteten rund 95.000 Hamburger mit einem zeitlich begrenzten Vertrag. Das ist jeder achte Erwerbstätige (12,43 Prozent) in der Stadt, wie aus dem Mikrozensus – ausgewertet von der Gewerkschaft Ver.di – hervorgeht. Gegenüber 2012 nahm die Zahl der befristeten Jobs um 7000 zu. Im bundesweiten Vergleich nimmt Hamburg damit eine Spitzenposition ein. Denn im Schnitt sind auf ganz Deutschland gerechnet nur 7,5 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse zeitlich begrenzt.

Ver.di macht nun gegen diesen – aus ihrer Sicht – „Befristungswahn“ mobil. Sie hat mit 60 Betriebs- und Personalratschefs einen „Hamburger Appell“ unterzeichnet, in dem konkrete Schritte gegen die Befristung auf Landesebene gefordert werden. Unter anderem haben ihn Betriebsräte der Post, von Karstadt, Lufthansa Technik, der Asklepios Kliniken und der Hamburg Port Authority unterschrieben. „Viele befristet Beschäftigte haben mit Unsicherheit am Arbeitsplatz und Problemen bei der Familien- und Lebensplanung zu kämpfen “, sagt Ver.di-Landeschef Berthold Bose. „Mit unserem Appell wollen wir auf die hohe Befristungsquote in der Stadt aufmerksam machen und gleichzeitig ein Umdenken bei Politik und Wirtschaft einfordern.“ Betroffen sind vor allem Frauen, Menschen mit geringer Qualifikation und jüngere Arbeitnehmer.

Besonders brisant ist die Situation bei der Deutschen Post. Hier ist fast jeder fünfte Brief- und Paketzusteller nur zeitlich begrenzt angestellt. „Im Großraum Hamburg sind in der Brief- und Paketzustellung rund 1100 Mitarbeiter befristet beschäftigt, was einem Anteil von 18,9 Prozent an der Belegschaft in dem Bereich entspricht“, sagt Lars-Uwe Rieck, Landesbezirksfachbereichsleiter für Postdienste, Spedition und Logistik der Gewerkschaft Ver.di. Bundesweit arbeiten in dem Konzern knapp 24.000 Beschäftigte mit befristeten Verträgen und damit laut Ver.di rund 18 Prozent der Gesamtbelegschaft.

Als Zeichen gegen diese Personalpolitik der Post finden an diesem Freitagnachmittag bundesweit in 31 von 33 Paketzentren Betriebsversammlungen statt – auch in Allermöhe. Dadurch stehen die Sortieranlagen etwa drei Stunden lang still. „In dieser Zeit werden allein in Hamburg rund 70.000 Sendungen liegen bleiben, die nicht zu Nikolaus, sondern teilweise erst nächste Woche ihre Empfänger erreichen werden“, schätzt Rieck. Der Gewerkschafter appelliert an den Postvorstand, die „verantwortungslose Befristungspraxis“ endlich zu stoppen. Die Mitarbeiter seien über diesen „ungerechten und unhaltbaren Zustand“ sehr wütend.

Man wolle aber keinesfalls alle befristeten Arbeitsverhältnisse verdammen, sagt Björn Krings, Projektleiter der Ver.di-Aktion „Unbefristet“. Aber es komme immer häufiger vor, „dass Arbeitgeber das Kündigungsschutzgesetz mit Kettenbefristungen und sachgrundlosen Befristungen umgehen und ihr unternehmerisches Risiko auf die Arbeitnehmer abwälzen“. Gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund fordert Ver.di deshalb ein „Gesetz für gute Arbeit“ in Hamburg, das auch eine Selbstverpflichtung der Stadt gegen Befristungen vorsieht.