Rückgang bei den Bestellungen in diesem Jahr erwartet. Der A380 macht immer noch Ärger. Wird der A400M gestoppt?

Hamburg/Sevilla. Thomas Enders könnte zufrieden sein. Angesichts des wirtschaftlichen Umfelds habe Airbus im vergangenen Jahr "relativ gute Ergebnisse erzielt", sagte der Unternehmenschef auf der Jahrespressekonferenz im spanischen Sevilla. So erzielte der Flugzeugbauer mit insgesamt 498 ausgelieferten Maschinen einen neuen Produktionsrekord und übertraf mit brutto 310 Neubestellungen im Krisenjahr sogar die eigene Prognose, woran vor zwölf Monaten kaum ein Branchenexperte glauben mochte. Auch die befürchtete Stornierungswelle ist bislang ausgeblieben - die Kunden bestellten lediglich 39 Jets wieder ab. Damit blieben immerhin netto 271 Neuaufträge im Katalogwert von 30,3 Milliarden Dollar (20,3 Milliarden Euro) in den Büchern. Doch Enders weiß sehr gut, dass die Branchenkrise noch nicht vorüber ist. "Über den Berg sind wir noch nicht", räumte er gestern ein.

Die Prognose

Dennoch lautete die wichtigste Nachricht des Firmenchefs an die Beschäftigten: "Produktionskürzungen sehe ich derzeit nicht." Geplant sei, die Fertigungsraten auf dem Niveau der Jahre 2008 und 2009 zu halten.

In der Prognose von Verkaufsvorstand John Leahy für die Neubestellungen zeigt sich jedoch, dass es den Fluggesellschaften noch längst nicht wieder gut geht: Leahy rechnet mit Aufträgen über 250 bis 300 Jets in diesem Jahr. Ein Zuwachs sei nicht vor 2012 zu erwarten. Beruhigend wirkt allerdings der Auftragsbestand von 3488 Flugzeugen per Ende 2009. Er reicht bei voller Produktion für etwa sechs Jahre.

Das größte Risiko

Doch Enders' größtes Problem ist derzeit nicht der Zivilflugzeugmarkt. Das größte Risiko für Airbus stand gestern bei der Präsentation in Sevilla massig und grau direkt hinter dem Chef: Der Militärtransporter A400M. Das Projekt liegt um mindestens drei Jahre hinter dem Zeitplan zurück und überschreitet den Kostenrahmen um mehr als fünf Milliarden Euro.

Airbus fordert eine finanzielle Beteiligung der Abnehmerländer - es sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Luxemburg, Spanien und die Türkei - an den Mehrkosten. Ausgerechnet Deutschland, mit 60 von insgesamt 184 bestellten Maschinen größter Kunde, will aber hart bleiben.

Wichtigste Aufgabe in den kommenden Wochen sei die "Sicherung einer soliden Finanzbasis" für das Programm, sagte Enders gestern. Er hat den Regierungen eine Frist bis Ende Januar gesetzt, die Chance für eine Einigung veranschlagte er auf 50 Prozent. Anderenfalls werde Airbus das Projekt, das monatlich mehr als 100 Millionen Euro verschlinge, fallen lassen. "Wir werden die Zukunft von Airbus nicht in Gefahr bringen", so Enders. "Wir müssen auch für das Schlimmste planen." Zwar sei der Hersteller bereit, "den Großteil" der finanziellen Lasten zu tragen. "Aber die Regierungen müssen jetzt einen beträchtlichen Beitrag leisten."

Morgen wollen sich die Rüstungs-Staatsekretäre der Abnehmerländer in London treffen, um abermals über die jeweiligen Positionen im Hinblick auf den A400M zu beraten.

Das Dauerproblem A380

Abgesehen vom Militärtransporter sieht sich Enders aber auch im Zivilbereich einer "Baustelle" gegenüber: Mehr als zwei Jahre nach der ersten Auslieferung an einen Kunden läuft die Fertigung des Riesen-Airbus A380 noch immer nicht rund. Im vergangenen Jahr gingen nur zehn dieser doppelstöckigen Maschinen an die Kunden - und das waren sogar zwei weniger als im Vorjahr.

Enders bezeichnete dies als "große Enttäuschung". Für 2010 legte er die Messlatte hoch: "Wir wollen mindestens 20 Maschinen abliefern." Zwar werde sich der A380 über die gesamte Laufzeit des Programms von 40 Jahren zum Gewinnbringer entwickeln, doch müssten die ungeplanten Mehrkosten in der Produktion abgebaut werden. Noch immer sind mehr als 600 Beschäftigte von Airbus Deutschland an der Endmontagelinie in Toulouse eingesetzt, um Nacharbeiten an der Verkabelung der aus Hamburg gelieferten Rumpfsektionen vorzunehmen.

Hinzu kommt: Im vergangenen Jahr wurden nur vier A380 neu bestellt und mehrere Kunden baten wegen der Branchenkrise um eine Verschiebung der Auslieferung ihrer zuvor georderten Maschinen.

Das Basismodell

Mit insgesamt 402 Auslieferungen ist die A320-Familie der Kurz- und Mittelstreckenjets das Hauptgeschäft von Airbus. Dabei wurden 211 dieser Flieger in Hamburg endmontiert, elf kamen aus dem neu gebauten Montagewerk im chinesischen Tianjin. Im Oktober war die Fertigung von 36 auf 34 Maschinen im Monat zurückgefahren worden.

Das Dollar-Problem

Trotz des Anstiegs der Auslieferungszahl sank der Umsatz des Airbus-Mutterkonzerns EADS um 3,7 Prozent auf 41,7 Milliarden Euro. EADS-Chef Louis Gallois führte dies auf die Dollarschwäche zurück. Er forderte mit Blick auf die Währung eine "europäische Industriepolitik" und kündigte an, mehr Produktion in den Dollarraum zu verlagern.