Online-Reinigungsdienste wie Putzfee, Helpling oder Book a Tiger drängen auf den Hamburger Markt. Doch was taugen die Angebote?

Hamburg. Maria Amalia Bejarano möchte eine „Putzfee“ werden. Erfahrungen im Reinigungsgewerbe hat die 59-jährige Kolumbianerin bereits, zurzeit macht sie regelmäßig in einem Hamburger Kindergarten sauber. Nun will die zurückhaltende Frau bei diesem neuen Unternehmen mit dem märchenhaften Namen anheuern, von dem ihr eine Freundin erzählt hat. „Ich brauche das Geld“, sagt sie auf Spanisch. „Mein Verdienst reicht nicht aus.“

Zusammen mit drei anderen Interessenten ist Bejarano in eine ehemalige Fabrikhalle in Ottensen gekommen, in der sonst vor allem junge Internetfirmen ihren Sitz haben. Die Firma Putzfee aus Berlin hat hier einen Konferenzraum angemietet, um Personal für ihren groß angelegten Einstieg in den Hamburger Reinigungsmarkt zu rekrutieren und um die neuen Kräfte mit den wichtigsten Putzregeln vertraut zu machen.

„Immer von oben nach unten und von hinten nach vorne putzen“, lautet der oberste Grundsatz, den ein spanischsprachiger Einweiser den Interessenten vermittelt. Er führt den Allzweckreiniger („Passt für alle Flächen“) und die Putztücher in drei Farben vor („Rot fürs WC, Gelb für Waschbecken und Fliesen, Blau für Schreibtische, Stühle und Türen“). Die dreckigen Scheiben des Konferenzraums müssen für eine Kurzdemonstration in Fensterreinigung herhalten, es folgt eine Einweisung im optimalen Falten von Putztüchern, dann ist die halbstündige Minischulung auch schon fast wieder vorbei. Maria Bejarano und ihre Mitstreiter sind nun bereit für ihren ersten Einsatz in Hamburger Wohnungen.

Die Firma Putzfee zählt zu jenen rasch wachsenden Online-Reinigungsdiensten, die ihre Kräfte per Internet an Privatkunden vermitteln und die derzeit geradezu wie Pilze aus dem Boden schießen. Clean Agents, Book a Tiger oder Helpling heißen die Mitbewerber, die alle von dem lukrativen Markt profitieren wollen. Das Geschäft erscheint vielversprechend, Schätzungen zufolge arbeiten mehr als 90 Prozent der Haushaltshilfen in Deutschland schwarz. Ein Milliardenumsatz, der nach Meinung der jungen Firmen auch legal erwirtschaftet werden könnte.

„Der durchschnittliche Stundenlohn für eine schwarz beschäftigte Putzfrau liegt derzeit bei rund zehn Euro in der Bundesrepublik“, sagt Putzfee-Chef Stefan Gärtner, der für die Rekrutierung der neuen Kräfte extra nach Hamburg gekommen ist. „Bei uns kostet die Stunde 11,90 Euro, von denen zehn Euro an die Reinigungskräfte gehen. Für knapp zwei Euro mehr bekommen die Kunden also eine legale Alternative zur Schwarzarbeit und ein gutes Gewissen.“ Buchen können Kunden die Reinigungskräfte direkt über die Internetseite von Putzfee.de, aber auch über das Tablet oder ein Smartphone. Vereinbart wird die Dauer des Einsatzes, der im Normalfall die Klassiker wie Fensterputzen, Staubwischen, Staubsaugen und Badreinigung umfasst. Extrawünsche wie Aufräumen oder Bügeln können darüber hinaus individuell vereinbart werden.

Nach dem Einsatz bekommen die Kunden eine Rechnung ausgestellt, die es laut Gärtner auch ermöglicht, die Kosten von der Steuer abzusetzen. Darüber hinaus seien alle Reinigungskräfte unfallversichert, bei etwaigen Schäden am Mobiliar springt eine zusätzliche Haftpflichtversicherung ein.

Mit rund 50 Reinigungskräften will Gärtner zunächst in Hamburg an den Start gehen. Dies sei das Minimum, um die Reinigungsdienste effizient in der ganzen Stadt anbieten zu könne, sagt er. In Berlin hat das Unternehmen bereits 200 „Putzfeen“ engagiert, die alle auf selbstständiger Basis für die Firma tätig sind und per SMS über ihre neuen Aufträge informiert werden. Parallel zur Expansion in der Hansestadt ist Putzfee gerade auch in der französischen Hauptstadt Paris gestartet. „Im Prinzip lässt sich unser Geschäftsmodell auf ganz Europa übertragen“, sagt Gärtner.

Erfahrungen im Reinigungsgewerbe hat der Betriebswirt nicht vorzuweisen, wohl aber im Aufbau von rasch wachsenden Internetfirmen. Als Mitarbeiter einer großen Investmentbank beriet er zunächst Start-ups bei der Kapitalsuche, bevor er Anfang 2011 die Seiten wechselte und mit Kinderfee den Vorgänger von Putzfee aufbaute. Das Konzept funktioniert ganz ähnlich wie der Online-Reinigungsdienst, nur dass es hier um die Vermittlung von Babysittern geht. „Wir haben unser Grundkonzept einfach nur auf einen anderen Bereich übertragen“, sagt Gärtner.

Die Entstehung von Putzfee ist durchaus typisch für die Onlinereinigungsdienste, die sich alle erst seit wenigen Monaten auf dem deutschen Markt tummeln. So ist etwa der Konkurrent Book a Tiger von zwei Berlinern gegründet worden, die zuvor den Essenslieferdienst Lieferheld gestartet hatten. Auch Book a Tiger ist seit Kurzem auf dem Hamburger Markt aktiv. 15 Euro kostet eine Stunde putzen hier, wobei im Gegensatz zu Putzfee schon gleich auf der Internetseite Zusatzleistungen wie Wäschewaschen oder Bügeln gebucht werden können.

Zum Verwechseln ähnlich sieht die Homepage der Firma Helpling aus, die ihre Dienste ebenfalls für knapp 15 Euro die Stunde anbietet, bei Mehrfachbuchungen allerdings einen Rabatt von zwei Euro gewährt. Helpling ist der am schnellsten wachsende Wettbewerber in dem noch jungen Markt. Nach der Ausweitung des Angebots auf diverse deutsche Städte haben die Chefs Mitte Oktober bekannt gegeben, nun auch zeitgleich nach Italien, Spanien und Brasilien expandieren zu wollen.

„Hamburg ist für uns ein besonders attraktiver Markt, hier arbeiten wir schon mit mehr als 100 Helplingen zusammen“, sagt Mitgründer Benedikt Franke. „Die Nachfrage nach unseren Dienstleistungen ist hoch.“ Angetrieben wird die rasche Ausbreitung von der Start-up-Schmiede Rocket Internet, die schon dem Onlinehändler Zalando zu schnellem Wachstum verhalf. Erst Anfang Oktober sammelten die Brüder Oliver, Marc und Alexander Samwer an der Börse mehr als 600 Millionen Euro für den weiteren Ausbau ihres Durchlauferhitzers für junge Internetfirmen ein. Geld, von dem auch Helpling zumindest indirekt profitieren dürfte. Dass sich Internetunternehmer nach dem Handelsgeschäft nun vor allem auf Dienstleistungen im Haushalt stürzen, hat einen simplen Grund. In kaum einem anderen Bereich lässt sich so mit geringem Aufwand ein so großer Profit erzielen. Außer einem zentralen Büro mit einigen Angestellten zum Betrieb der Website und einem Algorithmus, der die Putzkräfte effizient verteilt, brauchen die Anbieter nicht viel. Personal- und andere Fixkosten fallen kaum an, weil keines der Portale die Reinigungskräfte anstellt, sondern sie lediglich vermittelt.

Eben diese Geschäftspraxis bringt den Portalen allerdings auch herbe Kritik von den etablierten Reinigungsunternehmen ein. „Die Anbieter arbeiten mit sogenannten Selbstständigen und umgehen so Tarifverträge und den Mindestlohn“, wetterte jüngst etwa der Geschäftsführer der Bundesinnung der Gebäudereiniger, Johannes Bungart, in der „Wirtschaftswoche“.

Bei Preisen von zwölf bis 13 Euro pro Stunde gingen 20 Prozent Provision ab, rechnete Bungart vor. Gleichzeitig müsse der „sogenannte Selbstständige“ die Kosten für Krankenkasse, Rente, Versicherungen, Reinigungsmittel, Fahrtkosten und Ausfallzeiten selbst aufbringen. „Die Nettoverdienste liegen dann unter dem Mindestlohn. Das ist moderne Tagelöhnerei“, meint Bungart. Schwarzarbeit werde so lediglich durch Scheinselbstständigkeit ersetzt.

Einen Vorwurf, den Putzfee-Chef Stefan Gärtner nicht auf sich sitzen lassen will. „Wenn man von den zehn Euro, die wir unseren Putzkräften zahlen, alle Kosten und Steuern abzieht, liegt der Verdienst über dem Nettomindestlohn im Osten und leicht unter dem im Westen“, sagt er. Vor diesem Hintergrund von „Tagelöhnerei“ zu sprechen sei eine Unverschämtheit. „Letztlich müssen wir mit unseren Preisen mit dem Schwarzmarkt konkurrieren. Wenn wir mehr von den Kunden verlangen, nimmt einfach niemand unsere Dienste in Anspruch.“

Auch Helpling verteidigt sich gegen die Kritik des Verbandschefs. Es gehe darum, „haushaltsnahe Dienstleistungen zu professionalisieren und zu legalisieren“, sagt Mitgründer Franke. „Bei uns erhalten die selbstständigen Reinigungsunternehmer ein Entgelt von 10,32 bis 11,90 Euro pro Stunde. Sie können selbst für sich entscheiden, ob dies für sie attraktiv ist.“

In der Kritik stehen die Putzportale allerdings nicht nur wegen der Entlohnung der Mitarbeiter, sondern auch wegen der Qualität ihrer Leistungen. Auf Facebook geben die Kunden ein durchwachsenes Feedback. Bei Putzfee finden sich neben positiven Kommentaren („Alles sauber. Bin sehr zufrieden.“) auch negative Stimmen („Ich durfte eine Stunde nachputzen. Na ja, in zwei Stunden zwei kleine Räume ist vielleicht zu anspruchsvoll.“)

Bei Helpling berichten Kunden sogar von mehrfach abgesagten Terminen, plötzlichen Stornierungen, unbeantworteten Anfragen und gebrochenen Werbeversprechen. So bemängelt etwa ein Hamburger Kunde, dass es ihm entgegen einer Zusage auf der Website nicht gelungen sei, stets die gleiche Reinigungskraft für seine Wohnung zu buchen. „Scheinbar wächst die Plattform so schnell, dass die Qualität auf der Strecke bleibt“, lautet sein Fazit.

Die Stiftung Warentest stuft nach der Überprüfung von Putzfee, Homejoy, Helpling, Clean Agents und Book a Tiger keines der Portale als empfehlenswert ein. Der Kunde erfahre kaum, wer seine Wohnung putzen werde, in vielen Fällen kämen Menschen ohne Deutschkenntnisse ins Haus, berichten die Tester. Sich über Putzmittel oder andere Details der Reinigung zu verständigen, sei vor diesem Hintergrund schwierig.

Bei Putzfee bemängelt Stiftung Warentest, dass das Unternehmen zwar mit „professionellen Reinigungskräften“ werbe, die „geprüft und qualifiziert“ seien. Zugleich fordere die Firma den Kunden in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber auf, Unterlagen wie Ausweis oder Zeugnis selbst zu prüfen. Eine Garantie, Gewährleistung oder Haftung für die Qualität der Reinigungskraft wird ausgeschlossen.

Die Tester stellen zudem das Versprechen aller Portale infrage, dass sich die ausgestellten Rechnungen von der Steuer absetzen lassen. Probleme mit den Finanzämtern könne es geben, weil die Portale das Geld von den Kunden kassierten und es nach Abzug ihrer Provision an die Putzkraft weiterleiteten. Das Einkommenssteuergesetz verlange aber ausdrücklich „die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung“, also der Putzkraft persönlich.

Putzfee-Chef Gärtner sieht hingegen keine steuerlichen Probleme auf die Kunden zukommen. „Bei unserem zweiten Portal Kinderfee werden die Rechnungen für die Babysitter ohne Schwierigkeiten von den Finanzämtern akzeptiert“, sagt er. „Ich sehe keinen Grund, warum dies bei den Putzkräften anders sein sollte.“

Mit allzu vielen Bedenken will sich Gärtner ohnehin nicht aufhalten. Für ihn sind die haushaltsnahen Dienstleistungen ein Geschäftsfeld, das gerade erst von den Internetunternehmen erschlossen wird und in dem es noch jede Menge Möglichkeiten zur Expansion gibt. „Ich könnte mir gut vorstellen, auch eine Betreuung für Senioren anzubieten“, sagt er. Was für eine „Fee“ dann ins Haus schneit, um bei den täglichen Einkäufen oder beim Kochen zu helfen, will er allerdings noch nicht verraten.