Kaffeeröster schlägt Container in Wilhelmshaven um. Kritik an anderen Seehäfen. Verliert Hamburg Ladung?

Hamburg. Für den JadeWeserPort in Wilhelmshaven ist es eine werbewirksame Aufwertung: Der Hamburger Kaffee- und Handelskonzern Tchibo hat begonnen, den einzigen deutschen Tiefwasserhafen als Terminal für den Import von Containern zu testen. Tchibo verbindet das mit einer deutlichen Kritik an den Straßen- und Schienenverbindungen der Nordseehäfen Hamburg und Bremerhaven. „Die etablierten Seehäfen verfügen zwar über eine gute Infrastruktur, allerdings ist die Zuverlässigkeit aufgrund der bekannten Engpässe nicht mehr grundsätzlich garantiert“, sagte Tchibo-Logistikmanager Marc-Stephan Heinsen am Donnerstag. „Daher müssen wir Alternativen prüfen. In Wilhelmshaven gibt es solche Infrastrukturengpässe nicht.“

Tchibo importiert seinen Kaffee komplett über Hamburg. Die Non-Food-Artikel werden über Bremerhaven und Hamburg eingeführt. Mengen dafür nennt Tchibo nicht. Das Unternehmen zählt mit seinen häufig wechselnden Gebrauchsgütersortimenten in den Kaffeeläden aber zu den führenden deutschen Handelsorganisationen. Wilhelmshaven wäre, würden die Logistiktests erfolgreich verlaufen, eine direkte neue Konkurrenz für Hamburg und Bremerhaven. Vor allem rund um den Hamburger Hafen nahmen die Engpässe auf der Straße in jüngerer Zeit zu, bedingt auch durch Ausbauarbeiten an der Autobahn 7 und am Elbtunnel. Im Frühjahr verursachten Abfertigungsprobleme am größten Containerterminal der Stadt, dem HHLA-Burchardkai, zudem Verzögerungen im Güterbahnverkehr. Verbände der Straßentransportwirtschaft kritisierten die Engpässe in Hamburg und drohten, von ihren Kunden Aufschläge für Stauzeiten zu fordern. Die aktuellen Tests von Tchibo in Wilhelmshaven wiederum hängen nach Information des Abendblatts vor allem mit möglichen Straßenengpässen in Bremerhaven zusammen.

Der Vorstoß von Tchibo nützt zunächst vor allem Eurogate, Mehrheitsgesellschafter und Betreiber des Containerterminals in Wilhelmshaven. Eingeweiht im September 2012, werden derzeit jährlich nur einige Zehntausend Containereinheiten (TEU) am JadeWeserPort bewegt. Die Jahreskapazität des Terminals liegt bei 2,5 Millionen TEU. „Wir freuen uns, dass Tchibo Interesse am Standort Wilhelmshaven zeigt“, sagte Mikkel Andersen, Geschäftsführer des Eurogate Container Terminals Wilhelmshaven. „Wir können Container direkt vom Schiff auf die Bahn verladen, ohne Zeitverluste. Die Infrastruktur bietet hervorragende Voraussetzungen, um Zeit- und Fahrpläne einzuhalten und eine insgesamt pünktliche und zuverlässige Lieferkette zu ermöglichen.“

Eurogate mit Hauptsitz in Bremen betreibt Containerterminals unter anderem in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven. Anders als Hamburgs führender Hafenlogistikkonzern HHLA kann Eurogate in Absprache mit seinen Großkunden Ladeströme in den deutschen Nordseehäfen variieren, ohne insgesamt Mengen zu verlieren. Der JadeWeserPort wird derzeit im Interkontinentalverkehr nur von der weltgrößten Linienreederei Maersk angelaufen. Deren Schwesterunternehmen APMT ist Minderheitsgesellschafter des Containerterminals in Wilhelmshaven. Maersk will den JadeWeserPort in der geplanten Allianz 2M mit der Reederei MSC künftig stärker auslasten. Eurogate und APMT stehen unter hohem Druck, mehr Ladung nach Wilhelmshaven zu holen. Andernfalls drohen Konflikte und womöglich Strafzahlungen vor allem mit Niedersachsen als Eigner des neuen Tiefwasserhafens.

Denkbar wäre es deshalb, dass Eurogate Tchibo mit Sonderkonditionen zu den Tests in Wilhelmshaven bewogen hat. Der Handelskonzern jedenfalls lobte den neuen Importhafen vorab schon einmal mit deutlichen Worten. Welches Volumen und welche Dauer die Tests haben, ließ Tchibo offen: „Der Logistikstandort Wilhelmshaven ist für uns eine attraktive Alternative zu den etablierten Seehäfen“, sagte Logistikmanager Heinsen. „Für uns ist es geschäftskritisch, unsere Kunden schnell und zuverlässig mit ihren bestellten Waren zu versorgen. Von daher benötigen wir eine staufreie Transportkette.“

Nicht wegen der Straßenanbindungen, sondern vor allem wegen der Beschränkungen der Wasserwege in Hamburg und Bremerhaven dient sich der JadeWeserPort als Alternative an. Die geplante Vertiefung der Weser ist derzeit durch Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ebenso blockiert wie die Vertiefung und Verbreiterung der Elbe. Niedersachsen forderte deshalb jüngst wieder nachdrücklicher eine „Hafenkooperation“ zwischen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven als Alternative zu den umstrittenen Flusserweiterungen. Den JadeWeserPort können Großschiffe ohne nautische Beschränkungen erreichen.