Angeschlagener Warenhauskonzern will auch Filiale in Billstedt aufgeben. Aufsichtsratsboss Stephan Fanderl wird neuer Vorstandschef

Essen. Harte Einschnitte bei Karstadt. Der angeschlagene Warenhauskonzern will nach Informationen des Abendblatts sechs Standorte aufgeben. Neben zwei Karstadt-Filialen in Hamburg-Billstedt und Stuttgart seien auch die auf junge Mode spezialisierten Karstadt-Ableger „K-Town“ in Göttingen und Köln sowie zwei Schnäppchenmärkte des Konzerns in Paderborn und Frankfurt/Oder betroffen. Darüber hinaus soll es 20 Filialen geben, in denen Verluste entstünden, die auf Dauer nicht hinnehmbar seien. Zudem soll auch das neue moderne K-Town-Konzept zur Disposition stehen. Von Karstadt war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Karstadt-Eigentümer Benko soll auch Interesse an Kaufhof haben

In Essen hatte sich am Donnerstag der Aufsichtsrat zur Beratung über die Zukunft der Warenhauskette getroffen. Wie aus Unternehmenskreisen verlautete, wählte das Kontrollgremium zudem den bisherigen Aufsichtsratschef von Karstadt, Stephan Fanderl, zum neuen Vorstandsvorsitzenden. Er war der einzige Kandidat für den derzeit wohl schwierigsten Job im deutschen Einzelhandel. Er sitzt dem Aufsichtsrat seit einem Jahr vor und genießt das Vertrauen des Karstadt-Eigentümers René Benko. Karstadt hat 17.000 Mitarbeiter und 83 Warenhäuser in Deutschland. Die Beratungen des Aufsichtsrats dauerten bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch an. Die Schließung der Karstadt-Filiale in Billstedt soll für Mitte 2015 vorgesehen sein.

Benko signalisierte einem Medienbericht zufolge erneut Interesse an einer Übernahme der Warenhauskette Kaufhof. Der Kaufpreis solle bei 2,5 bis 2,7 Milliarden Euro liegen, schrieb die „Lebensmittel Zeitung“ unter Berufung auf Insider. Konkrete Verhandlungen über einen Verkauf der Metro-Tochter hätten jedoch noch nicht begonnen. Ein Sprecher des österreichischen Benko-Unternehmens Signa wies die Meldung zurück. „Der Bericht entbehrt jeder Grundlage. Die Signa konzentriert sich zusammen mit dem Management von Karstadt voll und ganz auf das Sanierungs- und Zukunftsprogramm für die Karstadt Warenhaus GmbH“, erklärte Signa-Sprecher Robert Leingruber.

Neuer Karstadt-Chef wurde im Edeka-Geschäft seines Vaters ausgebildet

Die auf Immobiliengeschäfte spezialisierte Finanzgruppe Signa hatte in der Vergangenheit schon einmal Interesse an einer Übernahme des Karstadt-Konkurrenten Kaufhof bekundet.

Der Kaufhof-Mutterkonzern Metro lehnte eine Stellungnahme zu „Marktgerüchten und Spekulationen“ ab. Metro sei mit Galeria Kaufhof „sehr zufrieden“. „Wir haben immer betont, dass die Bedingungen für einen möglichen Erwerb des Kaufhofs neben einem angemessenen Preis und einer soliden Finanzierung auch eine langfristige Zukunftsstrategie sein muss“, hieß es in der Stellungnahme. Mit Aufsichtsratschef Fanderl wechselt ein ausgesprochener Handelsexperte an die Spitze von Karstadt. Der Manager entstammt einer Händlerfamilie aus Ingolstadt, im Edeka-Geschäft seines Vaters begann die Ausbildung des heute 51-Jährigen zum Einzelhandelskaufmann. Im Anschluss studierte Fanderl in Köln Betriebswirtschaft, machte Station in Japan und brachte von dort ein Faible für japanisches Essen und Kochen mit.

Dann legte er eine steile Karriere hin: Nach einem Intermezzo bei Metro heuerte Fanderl 2001 bei Rewe an und trieb dort die Expansion in Osteuropa voran. Im Mai 2006 rückte er mit 42 Jahren in den Vorstand des Handelsriesen ein. Ein Jahr später war aber schon Schluss – Fanderl verließ „im gegenseitigen Einvernehmen“ den Kölner Konzern. Insidern zufolge konnte er nicht alles erreichen, was er sich vorgenommen hatte. Stationen bei Wal-Mart und dem Schweizer Discounter Denner folgten.

Anfang Oktober 2013 heuerte Fanderl dann bei Karstadt an, er wurde Chef des Aufsichtsrats.