Chinas Ministerpräsident Li Keqiang zeigt bei Konferenz in Hamburg Interesse an Investitionen in Windenergie

Hamburg. Von seinem Besuch in Deutschland wird der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang daheim so einiges zu berichten haben – auch aus dem ganz normalen Alltag. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging der Staatsgast am Freitag in einem Supermarkt in der Nähe des Brandenburger Tores shoppen. Unter den Augen neugieriger Kunden fachsimpelten beide über verschiedene Gemüsesorten und machten an der Fleischtheke halt. Schließlich kaufte die Kanzlerin für Li Grußkarten, Salz und einen Nikolausstiefel – und bezahlte in bar.

Nach den Regierungskonsultationen in der Hauptstadt machte Li am Sonnabend Station in Hamburg, als Ehrengast der Wirtschaftskonferenz Hamburg Summit. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nahm den hohen Besuch unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen in Empfang. Als sich Li in der Handelskammer ins goldene Buch der Stadt eingetragen hatte, zeigte ihm der Bürgermeister stolz die Modelle der Konvoischiffe aus dem 17. Jahrhundert, die unter dem Dach der Handelskammer hängen und an die Zeiten alter Seehelden erinnern.

Um Handel ging es dann auch bei der Veranstaltung Hamburg Summit, an der neben Li unter anderen EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier teilnahmen. „Wir freuen uns sehr, dass nach Wen Jiabao im Jahr 2006 mit Li Keqiang nun schon zum zweiten Mal ein chinesischer Ministerpräsident zu unserer Konferenz in die Hansestadt kommt“, sagte Fritz Horst Melsheimer, Präses der Handelskammer, welche die Wirtschaftskonferenz mit rund 600 Teilnehmern organisierte. Die Hansestadt betont immer wieder, wirtschaftliches Einfallstor für die Chinesen in Deutschland zu sein, auch wenn böse Zungen neuerdings behaupten, Düsseldorf schicke sich an, Hamburg dabei den Rang abzulaufen. Insgesamt sind laut chinesischer Handelskammer inzwischen mehr als 2500 Firmen aus dem Land der Mitte in Deutschland aktiv, davon 800 in Nordrhein-Westfalen und 500 in Hamburg. Allein im vergangenen Jahr haben nach Angaben der Handelskammer Hamburg Investoren aus China, inklusive Hongkong, 120 Unternehmen in Europa gekauft.

Außenminister Steinmeier sagte dazu: „Beim Hamburg Summit werden Gedanken entwickelt und Kontakte geknüpft, um das deutsch-chinesische Verhältnis noch fruchtbarer zu gestalten. Hamburg steht wie kaum ein anderer Ort für Chinas Beziehungen zu Deutschland und Europa.“

Deutsche und chinesische Wirtschaftsvertreter warnten vor allem vor Handelsbeschränkungen. Die Volksrepublik brauche die europäische Qualität und Technologie, während Europa den chinesischen Markt und Chinas Tempo wolle, sagte der Vorsitzende des chinesischen Industrieverbands, Li Yizhong. Melsheimer betonte, nachhaltiges Wachstum oder der Kampf gegen den Klimawandel könnten nicht von China oder Europa allein bewältigt werden: „Wir werden diese Probleme nicht lösen, wenn wir weitere Handelsbarrieren errichten.“ Li erklärte, dass sich die weltwirtschaftliche Lage eintrübe. Dennoch müsse China sein Wachstumsziel von etwa 7,5 Prozent in diesem Jahr nicht korrigieren. Er rechne weiter mit einem „hohen bis mittleren“ Wachstum.

Am Rande des Besuchs wurden mehrere Wirtschaftsvereinbarungen unterzeichnet , etwa von VW und Daimler . Gute Nachrichten gab es dabei auch für Hamburg: Der Flugzeugbauer Airbus konnte eine Bestellung von A320-Jets besiegeln. Chinas größte Reederei Cosco kündigte an, ihre Aktivitäten in Europa auszubauen und dabei auch auf Hamburg zu setzen. „Wir werden unsere Zusammenarbeit mit Europa unter anderem in den Häfen von Hamburg und Rotterdam vertiefen“, so der Chef der China Ocean Shipping Company (Cosco), Li Yunpeng.

Regierungschef Li soll dem Vernehmen nach im Gespräch mit Scholz Interesse an erneuerbaren Energien gezeigt haben und würde gerne in Hamburg als „Hauptstadt der Windenergie“ investieren.

Während vor der Handelskammer etwa 50 Menschen für die Freiheit von Tibet und für die Rechte von Mitgliedern der Falung-Gong-Bewegung demonstrierten, ging auch Außenminister Steinmeier auf das Thema Menschenrechte ein: „Wenn ich von Regeln, Recht und Menschenrechten spreche, dann zeige ich nicht nur auf die Politik (...). Auch Unternehmen müssen mit gutem Beispiel vorangehen“, sagte Steinmeier.