Hamburger Kette Bijou Brigitte erprobt neues Filialkonzept. Kundinnen sollen in The P. cookery nach Anleitung basteln

Hamburg. Es glitzert überall. Bunte Perlen liegen in kleinen Kästchen, dahinter hängen an der Wand verschiedene Schnüre aus Stoff, Plastik oder Leder. An einem Tisch sitzen vier Frauen unterschiedlichen Alters und kreieren in dem Geschäft The P. cookery, zu Deutsch die Perlenküche, ihren eigenen Schmuck. Jedes Stück soll ein Unikat werden, Massenware ist in diesem Bastelladen nicht gefragt. Eine weitere Frau setzt sich an den Tisch. Sie hält ein Tablett in der Hand, auf dem Anhänger aus Silber liegen, Schmuck aus Glas sowie Verschlüsse für Halsbänder in unterschiedlichen Farben. Was daraus werden soll? Sie weiß es noch nicht. „Aber es macht Spaß, sich ein eigenes Schmuckstück herzustellen“, sagt sie in dem Laden, dessen Interieur an eine Küche erinnert. Materialien wie Holz, Stein und Keramik dominieren.

Die Modeschmuckkette Bijou Brigitte hat mit der Perlenküche Anfang September in Hamburg Neuland betreten. Statt fertigen Schmuck in den Filialen – wie es bei Bijou Brigitte üblich ist – bietet das neue Tochterunternehmen nun 4500 verschiedene Artikel an wie Perlen, Anhänger, Glieder für eine Kette oder Anstecker, die Kunden in der Filiale am Eppendorfer Baum selbst zu einem Kunstwerk fertigen können.

Das Unternehmen musste extra eine neue Software für die Geschäftsidee einführen, da die Zahl der angebotenen Artikel sehr groß und nicht vergleichbar mit den Angeboten des Mutterkonzerns ist. Das Konzept läuft offenbar gut, ein zweiter Laden befindet sich bereits im Einkaufszentrum Hamburger Meile. „Es gibt Milliarden von Möglichkeiten, sich seinen eigenen Schmuck selbst zu fertigen“, sagt Firmenchef und Gesellschafter Roland Werner. Wenn die Idee in Hamburg gut angenommen wird, soll sie bundesweit ausgerollt werden.

An der Wand stehen auf Regalen abgewandelte Zuckerdosen mit Perlen oder anderen kleinen Artikeln. „Die Kunden können bei uns nach Anleitung wie etwa bei einem Rezept vorgehen. Wie in einer Cookery, also Küche, können sie sich ihre Produkte zusammenstellen und dann als Gesamtwerk zusammenbauen“, sagt Werner.

Der Trend zum Do-it-yourself, also etwas selbst zu machen, hat in den Vereinigten Staaten schon Zigtausende Menschen angesteckt. Auf YouTube gibt es Videos diverser Bastelportale, von deren Internetseite millionenfach Anleitungen heruntergeladen werden. „Diesen Trend wollen wir nun professionell in Deutschland umsetzen. Wir sind längst nicht am Ende unserer Möglichkeiten“, so Werner.

Die Filialen von The P. cookery sind größer als die typischen Läden von Bijou Brigitte, es gibt auch mehr Personal in den Räumen. „Wir wollen den Kunden genügend Platz zur Verfügung stellen, damit sie auch in Ruhe ihre Unikate fertigen können“, sagt Werner. „Zudem leiten auf Wunsch Mitarbeiterinnen die Kunden an“, so der Firmenchef. Das Unternehmen bietet Interessenten auch Kurse an, wenn nicht anders möglich auch am Wochenende.

Ein gewisses Geschick ist beim Basteln schon erforderlich, vor allem wenn es um kleine Teile geht wie etwa um Perlen, die einen Durchmesser von gerade mal einem halben Zentimeter haben und eingefädelt werden sollen. Wer es größer mag, kann sich auch an glitzernden Ohrsteckern, Arm- oder Fußbändern versuchen.

„Unsere Kunden sind Individualisten, die sich bei uns fantasievolle Unikate zusammenstellen“, so Werner. Oder sie können kleine Tüten mit dem notwendigen Material und der Anleitung für ein neues Schmuckstück erwerben und direkt im Laden zusammensetzen.

Die Bijou Brigitte AG gehört zu den wenigen Unternehmen, die es geschafft haben, mit preiswertem Schmuck Geld zu verdienen. Erst 1977 eröffnete der Firmengründer Friedrich-Wilhelm Werner sein erstes Geschäft in Hamburg. Die Kunden waren begeistert, denn einen solchen Laden gab es in Deutschland zuvor nicht. Werner hatte den richtigen Riecher, die Damen kauften gerne seine relativ preiswerten Ringe, Ketten oder Ohrstecker. Aus dem kleinen Geschäft wurde ein Konzern mit europaweit knapp 1100 Filialen, davon rund 440 in Deutschland.

Doch seit der Euro-Krise, die das Unternehmen vor allem in Spanien und Portugal traf, gehen Umsatz und Gewinn zurück. Allein im ersten Halbjahr 2014 reduzierte sich der Umsatz von Bijou Brigitte um 4,9 Prozent auf 156,3 Millionen Euro. Zwischen Januar und März rutschte das Konzernergebnis sogar leicht ins Minus. Zudem wurden insgesamt mehr Filialen geschlossen als eröffnet. Gleichzeitig steckte das Unternehmen aber Geld in die Modernisierung bestehender Filialen.

Im Bericht zum ersten Quartal verwiesen die Hamburger auch auf die „wirtschaftspolitischen Unsicherheiten aufgrund des Ukraine-Konflikts“. Allerdings gibt es aus Sicht von Bijou Brigitte allmählich wieder Zeichen dafür, dass die Konjunktur im Euro-Raum an Fahrt gewinnt. „Ich hoffe, dass wir die Talsohle der Krise nun durchschritten haben“, sagt Werner. Der neue Perlenladen könnte dabei womöglich helfen.