Rotation bei der Zentralbank. Bundesbank-Präsident darf nicht mitentscheiden

Frankfurt. Im Mai 2015 darf Bundesbank-Vorstand Jens Weidmann erstmals keine Stimme bei den geldpolitischen Entscheidungen im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) abgeben. Hintergrund ist ein Beschluss der Europäischen Union aus dem Jahr 2003, wonach das Stimmrecht im EZB-Rat rotiert, sobald die Euro-Gruppe mehr als 18 Mitglieder hat. Damit soll sichergestellt werden, dass der EZB-Rat Entscheidungen auch dann rasch und effizient treffen kann, wenn die Euro-Gruppe wächst. Das System tritt mit dem geplanten Euro-Beitritt Litauens am 1. Januar 2015 in Kraft.

Der Rat der Notenbank legte am Donnerstag im Losverfahren fest, wann welche nationalen Notenbankpräsidenten an den Abstimmungen über das Zinsniveau oder andere geldpolitische Maßnahmen nicht teilnehmen dürfen. Als Erste haben im Januar 2015 Spaniens Luis María Linde sowie die Gouverneure der Notenbanken aus Estland, Irland und Griechenland kein Stimmrecht.

Für das Rotationsprinzip wurden die Euro-Länder je nach Größe in zwei Gruppen eingeteilt. So müssen sich die fünf größten Volkswirtschaften Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande vier Stimmrechte teilen – jede dieser nationalen Notenbanken hat folglich in jedem fünften Monat kein Stimmrecht. Weidmann, der die größte Volkswirtschaft des Euro-Raums vertritt, muss im Oktober 2015 erneut aussetzen. Die anderen 14 Länder verfügen von Januar an über elf Stimmrechte: Jeder nationale Notenbankpräsident kann sich künftig in drei Monaten in Folge nicht am Votum beteiligen.

Nicht von der Systemumstellung betroffen sind allein die sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums. Auch künftig dürfen Notenbank-Präsident Mario Draghi oder die Deutsche Sabine Lautenschläger stets eine Stimme abgeben.

An den Diskussionen im Rat, die den Abstimmungen vorausgehen, dürfen sich alle Mitglieder weiterhin beteiligen. Die EZB geht daher nicht davon aus, dass die Rotation Auswirkungen auf die Beschlüsse im Rat haben wird. Schließlich würden die meisten Entscheidungen im Konsens getroffen.