Viele Reisende strandeten am Hauptbahnhof wegen des Streiks

Hamburg. Mit ihrem Warnstreik haben die Lokführer in Hamburg den Berufsverkehr auf der Schiene am Montagabend regelrecht zum Erliegen gebracht. Ab Punkt 18 Uhr rollte in der Hansestadt auf den Schienen im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr praktisch nichts mehr. Im Hamburger Hauptbahnhof suchten Tausende gestrandete Fahrgäste orientierungslos nach Rat und einer Alternative für ihren Weg nach Hause oder zu ihrem Reiseziel. Auf den Anzeigetafeln hieß es jedoch lediglich: „Streikauswirkungen: Zug fährt etwa zwei Stunden später.“

Besonderes Pech hatten Fahrgäste eines ICE, der vom Hauptbahnhof aus um 18.01 Uhr nach München starten sollte. Der Zug blieb auf Gleis 14 liegen – und sollte laut Bahnangaben mehr als zwei Stunden später starten. Vor den Zuganzeigetafeln bildeten sich unterdessen Menschentrauben.

Viel Verständnis fanden die Streikenden bei den Reisenden nicht: „Das ist einfach zum Kotzen“, sagte ein junges Mädchen, das eigentlich am Abend noch nach Leipzig fahren wollte. „Ich habe von dem Streik nichts gewusst.“ Eine andere Frau mit Reiseziel Rostock fluchte ebenfalls: „Zwar wusste ich von dem Streik, doch ich ging davon aus, dass es nur Güterzüge treffen würde.“

Auch der S-Bahn-Verkehr lag über mehrere Stunden still. Es fuhren nur Busse und U-Bahnen. Der Grund: Selbst Zugführer, die nicht bei der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) organisiert sind, kamen mit ihren Zügen nicht voran, da die Gleise von bestreikten Zügen blockiert waren. „Wenn Sie nach Bergedorf wollen, dann nehmen Sie am besten den Schnellbus“, sagte ein hilfsbereiter Mitarbeiter der Bahn.

Die GDL hatte ihre Mitglieder bundesweit dazu aufgerufen, von 18 bis 21 Uhr die Arbeit niederzulegen. Schwerpunkte des Streiks waren Hamburg, Frankfurt und Berlin. In der Hansestadt waren nach Auskunft der Bahn 165 Züge betroffen. Die Gewerkschaft verlangt fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Sie will neben Lokführern auch weiteres Zugpersonal vertreten.

„Der Streik ist für uns eine große Unterstützung“, sagte der Hamburger GDL-Bezirksvorsitzende Hartmut Petersen zum Ende der Aktion. Er schätzt, dass sich allein im Norden 400 bis 500 Bahnangestellte beteiligt hatten, größtenteils Lokführer. Petersen: „Ich glaube, das ist heute ein ziemlich deutliches Zeichen gewesen.“

Die GDL will mit dem Ausstand Bewegung in die stockenden Tarifverhandlungen bringen. Zwar hatte die Bahn am frühen Morgen überraschend ein neues Angebot vorgelegt, doch dieses lehnt die Gewerkschaft ab. „Wir haben das Angebot sehr genau gelesen. Es stellt in den entscheidenden Punkten keinerlei Verbesserung dar“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der GDL Lutz Schreiber, der zum Streik nach Hamburg gereist war. Er kündigte weitere Warnstreiks an, „wenn die Bahn ihre Blockadehaltung nicht aufgibt“.

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber wies den Blockade-Vorwurf zurück: „Wir werden in der Sache nicht vorankommen, wenn wir uns über die Medien unterhalten, statt miteinander am Verhandlungstisch zu sitzen.“