Wie Hamburg mehr Menschen aus dem bevölkerungsreichsten Land der Erde anlocken und damit Geld verdienen will.

Hamburg. China ist mit gut 1,3 Milliarden Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Erde – doch Hamburg besuchen nur wenige von ihnen: Im vergangenen Jahr haben gerade einmal 54.400 Chinesen hier übernachtet. Damit rangierten sie auf Platz 14, noch hinter den arabischen Golfstaaten.

Ein nicht unwesentlicher Grund dafür dürfte sein, dass es keinen Direktflug zwischen Hamburg und China gibt. Zwar hatte die Fluggesellschaft China Eastern im August 2011 eine Linienverbindung nach Shanghai mit einem Zwischenstopp in Frankfurt aufgenommen, doch im April 2013 wurde sie wieder eingestellt. Chen Mang, der Chef des Reiseveranstalters Caissa Touristic mit weltweit mehr als 3000 Beschäftigten, lässt sich dadurch nicht in seinem Bestreben bremsen, mehr Besucher aus seinem Geburtsland in seine Wahlheimat Hamburg zu holen. „Wir bemühen uns, schon im nächsten Jahr einen regelmäßigen Charterflug einzurichten“, sagt er. Man sei dazu in Gesprächen mit einer Fluggesellschaft. Gute Kontakte in diese Richtung hat Chen Mang: Einer der Gesellschafter von Caissa ist die chinesische HNA Group, zu der mehrere Fluglinien gehören – darunter die Hainan Airlines mit rund 130 Jets, die bereits Berlin anfliegt.

Dass die Hamburg-Verbindung von China Eastern kein Erfolg wurde, wundert Chen Mang nicht: „Ohne Anschlussflüge geht es nicht.“ China Eastern aber hat keinen Partner in Deutschland. Aus der Sicht des Reiseexperten kämen nur zwei chinesische Fluggesellschaften für eine neue Hamburg-Linie infrage: Air China, wie die Lufthansa Mitglied der Star Alliance, sowie die Hainan Airlines, die mit Air Berlin ein Kooperationsabkommen geschlossen hat. Der von Chen Mang angestrebte Charterflug könnte zwar nicht von Hamburgern für China-Reisen gebucht werden. Er wäre aber zumindest ein erster Schritt hin zu einer neuen Linienverbindung.

Allerdings gilt es aus Hamburger Sicht, die Reisegewohnheiten der Chinesen zu berücksichtigen. „Wenn sie zum ersten Mal nach Europa kommen, möchten sie gern mehrere Staaten sehen“, sagt Chen Mang, der seit 1993 in Hamburg lebt. Er plant, Caissa-Niederlassungen in Skandinavien einzurichten, um die Gäste aus dem fernen Osten auch dort betreuen und Mehrländertouren anbieten zu können.

„Man muss groß denken“, sagt auch Dietrich von Albedyll, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hamburg Tourismus. Ihm schwebt vor, die Hansestadt als Abschnitt innerhalb einer „Perlenkette“ von Städten wie Amsterdam, Berlin und St. Petersburg zu vermarkten. Auch eine Kooperation mit Kopenhagen böte sich an. Jedenfalls werde es sich lohnen, verstärkt um Besucher aus China zu werben: „Die Gäste, die von dort zu uns kommen, geben hier mehr Geld aus als zum Beispiel die Amerikaner.“ Das liege schon daran, dass Luxusgüter in China wegen hoher Steuern viel teurer seien als in Deutschland, ergänzt Chen Mang.

In jedem Fall gelte es, Hamburgs Bekanntheitsgrad in China zu steigern, sagt er. Wenn man dort eine deutsche Stadt kenne, sei dies eher München – und zudem habe die bayerische Metropole den Vorteil der Nähe zur Schweiz und zu Österreich, weiteren beliebten Reiseländern der Asiaten. Besonders gefragt seien jedoch Frankreich und Italien, nicht zuletzt wegen der dort beheimateten Luxusmodemarken. „Frankreich ist zudem sehr viel großzügiger bei der Vergabe von Visa als die Bundesrepublik“, sagt der Caissa-Chef. „Wir weisen das Auswärtige Amt immer wieder auf diesen Nachteil Deutschlands hin.“ Von Albedyll setzt auf die maritime Komponente Hamburgs: „Es gibt eine Initiative einer großen Reederei, künftig Siebentagekreuzfahrten von Hamburg aus anzubieten.“

Für regelmäßigen Reiseverkehr sorgen auch chinesische Unternehmen, von denen es mehr als 500 in der Elbmetropole gibt. Allerdings hat Düsseldorf mit einem hohen Werbebudget zuletzt stark aufgeholt, als Bundesland ist Nordrhein-Westfalen bereits an Hamburg vorbeigezogen. Die Rheinländer argumentieren in der Ansiedlungspolitik mit der hohen Einwohnerzahl von mehr als 17 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen – das sind zehnmal so viele wie in Hamburg. „Industrieunternehmen suchen die Nähe zu den Kunden“, räumt Chen Mang ein. „Aber auch Hamburg als Hafenstadt bleibt attraktiv.“ So würden „in absehbarer Zeit“ große chinesische Handelskonzerne mit Niederlassungen in die Hansestadt kommen.

„Noch immer werden pro Jahr um die 20 Firmen mit chinesischem Kapital in Hamburg gegründet“, sagt Stefan Matz, Bereichsleiter für die Ansiedlung internationaler Unternehmen bei der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF). Vor allem für Firmen aus der maritimen Wirtschaft und aus dem Sektor der erneuerbaren Energien sei Hamburg interessant.

Einen Ratschlag hat Chen Mang noch für die Hamburger: Bei ihren China-Kontakten sollte sich die Hansestadt aber nicht zu stark auf die Partnerstadt Shanghai konzentrieren. „Man sollte offen sein. Es gibt in China viele Provinzen, die sich für wirtschaftliche Kooperationen anbieten.“