Sieben Prozent mehr Ertrag im Firmenkundengeschäft. Doch die Privatkunden wandern ab. Frühere Skandale belasten

Hamburg. Der Nord-Chef der Deutschen Bank wertet die Einführung einer neuen Organisationsstruktur vor einem Jahr als Erfolg. „Die Region Nord hat sich im innerdeutschen Vergleich sehr erfreulich entwickelt“, sagt Cornel Wisskirchen, Vorstand der regionalen Geschäftsleitung mit Sitz in Hamburg. So sei der Ertrag im Firmenkundengeschäft in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen um knapp sieben Prozent gestiegen.

Im Frühjahr 2013 hatte das Geldhaus beschlossen, Firmenkunden im Norden künftig an 43 Standorten zu betreuen, bis dahin war das nur an zwölf Standorten möglich. „Mit den Veränderungen in unserem Betreuungsansatz haben wir das Ziel verfolgt, näher an die Kunden heranzurücken“, sagt Wisskirchen. „Dies hat erkennbar neue Kräfte freigesetzt.“ Der Nord-Chef räumt ein, dass derartige Veränderungen – nicht zuletzt durch den damit verbundenen Wechsel von Betreuern – immer auch Verunsicherung bei den Kunden auslösen. Deren Reaktion aber sei „konstruktiv bis positiv“ gewesen. Offenbar habe man die Vorteile verständlich machen können und die Umsetzung operativ gut gestaltet.

Im Zuge der Neuorganisation ist auch Wisskirchens Position neu geschaffen worden: Als einer von deutschlandweit fünf Regionalleitern berichtet der 47-jährige Manager direkt an Jürgen Fitschen, den Co-Chef des Konzerns. Wisskirchen arbeitet seit 2006 für die Deutsche Bank, zuvor war er Unternehmensberater unter anderem bei McKinsey. In seinem Verantwortungsbereich im Norden sind gut 3000 Beschäftigte tätig.

„Ich verstehe meine Rolle dreigeteilt“, sagt er: „Es geht darum, die Bank gegenüber der Politik, Verbänden und der Öffentlichkeit nach außen zu vertreten, zum anderen darum, intern die nahtlose Zusammenarbeit der unterschiedlichen Geschäftsbereiche für unsere Kunden sicherzustellen.“ Schließlich sehe er seine Aufgabe aber auch darin, den Kontakt zu den Kunden zu halten und die Geschäftsbereiche im Markt zu unterstützen. „Ich sehe eigentlich jeden Tag Kunden“, sagt Wisskirchen. Zwei bis drei Tage in der Woche sei er im Norden unterwegs, den Rest der Zeit widme er Hamburg. „Alle zwei Wochen vielleicht bin ich für einen Tag in Frankfurt oder im Ausland.“

Die Ertragssteigerung im Firmenkundenbereich gelang der Bank trotz eines schwierigen Umfelds. „Im Geschäft mit dem klassischen Unternehmenskredit sind die Margen kräftig unter Druck, weil die Nachfrage der Kunden zuletzt abgenommen hat und zudem ausländische Wettbewerber in den Markt drängen“, erklärt Wisskirchen. „Dafür haben wir auf der Anlageseite erhebliche Zuwächse.“

Zwar liege die Kundenabdeckung bei den mehr als 1000 Weltmarktführern aus Deutschland im Bereich von 85 Prozent. Am anderen Ende der Skala nach Kundengröße sei man bei den Freiberuflern „in speziellen Segmenten außerordentlich erfolgreich“. So sei jeder vierte Arzt und jeder zweite Insolvenzverwalter Kunde der Deutschen Bank. „Wo wir erhebliches Wachstumspotenzial sehen, ist im breiten gewerblichen Mittelstand“, sagt Wisskirchen. „Hier haben wir in der Vergangenheit unsere Chancen nicht immer genutzt.“

Im Segment der Privatkunden lief zuletzt nicht alles nach Wunsch – die Deutsche Bank hat im vorigen Jahr im Norden Kunden verloren. „Nicht alle Kunden, die wir in der Vergangenheit durch spezielle Zinsangebote gewonnen haben, konnten wir an uns binden“, sagt Wisskirchen dazu. Generell stehe das Institut vor der Herausforderung, für die junge Generation attraktiv zu bleiben. Dafür verzahne man die Filialen enger mit dem digitalen Angebot.

„Das Internet ist schon heute unsere größte Filiale“, erklärt der Nord-Chef. 90 Prozent des einfachen Zahlungsverkehrs würden bereits online abgewickelt und 80 Prozent der Produkte könnten mittlerweile auch elektronisch abgeschlossen werden. Dennoch sei die Zahl der Zweigstellen in der Metropolregion zuletzt weitgehend stabil geblieben: „In den zurückliegenden zehn Jahren ist die Anzahl durch Randbereinigungen von 32 auf 28 gesunken – wir haben keine Filialen geschlossen, sondern nur zusammengelegt.“ Trotz der zuletzt negativen Tendenz bei der Kundenzahl ist Wisskirchen überzeugt, auch im Privatkundengeschäft den Marktanteil ausbauen zu können, „schon weil die wahrgenommene Qualität unserer Lösungen sehr hoch ist“.

Starkes Wachstum verzeichnete die Deutsche Bank zuletzt in der Baufinanzierung. „Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass es in Deutschland keine Immobilienblase gibt – auch nicht in Hamburg“, sagt der Regionalleiter. „Metropolen sind die Orte, an denen die Menschen leben wollen.“ Allerdings steige bei dem jetzt erreichten Preisniveau eindeutig die Gefahr, zu teuer zu kaufen.

Anders als Immobilienkredite sind Wertpapierinvestments bei Privatkunden nicht sehr gefragt. „Trotz des niedrigen Zinsniveaus sind die Menschen immer noch sehr zurückhaltend, wenn es etwa um Aktien oder Aktienfonds geht“, bestätigt Wisskirchen. „Damit kann die Deutsche Bank ihre Stärken in der Anlageberatung nicht voll entfalten.“

Eine weitere, große Herausforderung für die Bank liegt darin, mit den Nachwirkungen der Fehlleistungen früherer Jahre umzugehen. So waren Mitarbeiter daran beteiligt, wichtige Marktzinsen wie den sogenannten Libor zu manipulieren. Aus Geschäften mit faulen US-Hypothekenkrediten drohen hohe Schadenersatzzahlungen, außerdem ermitteln Staatsanwälte unter anderem wegen Steuerbetrugs mit Klimazertifikaten. „Der Wandel in der Unternehmenskultur ist noch immer bei vielen Gesprächen mit unseren Kunden ein Thema“, räumt Wisskirchen ein. „Ich höre häufig Sätze wie diesen: ‚Könnt ihr nicht aus den Schlagzeilen herauskommen?‘“

Nach dem Eindruck des Regionalleiters nehmen die Kunden dem Institut das ernsthafte Bemühen um einen Wertewandel jedoch ab – „und man wünscht uns Erfolg“.