Als Ambassador knüpft die Internet-Unternehmerin Petra Vorsteher Wirtschaftskontakte in San Francisco

Hamburg. Oben in einer Etage des Emporio-Towers bekommt Petra Vorsteher einen guten Eindruck von dem Ausblick, den ihre Mitarbeiter demnächst genießen werden. Regen trübt an diesem Tag zwar das Panorama im Zentrum der Stadt. Doch wer hier in dem denkmalgeschützten, aufwendig sanierten Hochhaus sitzt, der einstigen Unilever-Deutschland-Zentrale, der gehört fest dazu – zu Hamburg und zur Wirtschaft der Elbmetropole. Im September sollen rund 70 Mitarbeiter des Unternehmens Smaato aus der Gerhofstraße am Gänsemarkt in die neu gestaltete Etage des Emporio-Hauses umziehen. „Wir haben hier Platz für gut 100 Mitarbeiter“, sagt die Co-Chefin des Internetunternehmens. Den Platz wird Smaato brauchen, denn die Firma wächst. Und der größte Teil der international derzeit rund 120 Mitarbeiter arbeitet in Hamburg.

Der Umzug in der Hansestadt, die Entwicklung des Unternehmens, ein Leben auf Reisen und in vielen Netzwerken, all das scheint Petra Vorsteher, 57, leichthin zu gelingen. Man merkt ihr nicht an, dass es das Ergebnis harter, disziplinierter Arbeit ist. Annähernd die Hälfte des Jahres ist sie weltweit unterwegs, mehr denn je auch für Hamburg. Im Mai ernannte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die Unternehmerin zum Hamburg Ambassador, zur ehrenamtlichen Repräsentantin der Hansestadt in San Francisco. Zuvor schon wirkte Vorsteher im Vorstand von Hamburg@work, dem Netzwerk von rund 700 Unternehmen aus der Informationstechnologie mit Sitz in Hamburg.

Vorstehers Unternehmen Smaato vermittelt Werbung für Smartphones

Vorstehers Berufung zur Repräsentantin der Hamburger Wirtschaft in Kalifornien war ein kluger Zug. Seit mehr als 30 Jahren begleitet die Managerin und Unternehmerin die Entwicklung der Informationstechnologie in deren global wichtigstem Zentrum, dem Silicon Valley, aus nächster Nähe. Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) lernte Vorsteher im Oktober 2013 bei seiner Delegationsreise an die Ostküste der USA und Kanadas kennen und schlug sie dem Bürgermeister als Hamburg Ambassador vor. „Frau Vorsteher ist in zwei Welten zu Hause – in Hamburg und in San Francisco. Sie ist damit eine ideale Besetzung für dieses Ehrenamt“, sagt Horch. „Petra Vorsteher steht nun auch für die Idee unserer Stadt: weltoffen zu sein, modern und einladend, wirtschaftlich und kulturell attraktiv für Bürger, Unternehmen und Reisende. Sie wird Hamburg in den USA hervorragend repräsentieren.“

Derzeit 35 Hamburg Ambassadors – verdiente Personen aus Wirtschaft, Politik und Kultur – vertreten Hamburg weltweit. Das Auswärtige Amt in Berlin schaute beim Aufbau des neuen Hamburger Netzwerks in den 2000er-Jahren schon mal skeptisch auf die ehrenamtlichen Botschafter von der Elbe. Für die Hansestadt aber hat sich die Idee vielfach bewährt. „Damit spannt Hamburg ein weltweites Netz an Persönlichkeiten, das in dieser Form einmalig ist“, sagt Horch. Vor allem Wirtschaftskontakte, Rat beim Aufbau neuer Unternehmen und Repräsentanzen steuern die Hamburg Ambassadors bei – und Werbung für Hamburg im Ausland, ob in Tokio oder Paris, Boston oder Shanghai. Und nun auch in San Francisco.

Als Reisekauffrau ging Vorsteher, geboren in Stade, zu Beginn der 80er-Jahre in die USA, kam aber schon bald darauf als Beraterin in der Welt der Informationstechnologie an. An der Westküste der Vereinigten Staaten nahm damals, mit Unternehmen wie Microsoft und Apple, Cisco Systems und Oracle, eine technologische Revolution ihren Lauf, die die Welt fundamental veränderte. Während der Zeit der sogenannten New Economy baute Vorsteher das deutsche Unternehmen Intershop mit auf, einen Entwickler von Marktplätzen für das Internet, der mittlerweile zum Ebay-Konzern gehört.

2005 gründete sie mit ihrem Mann in San Francisco das Unternehmen Smaato – und stand damit wieder am Beginn eines technologischen Schubs in der Informationstechnologie. „Wir entwickelten zu Hause quasi am Wohnzimmertisch eine Anwendung für Mobiltelefone – das, was man heutzutage App nennt – um die Kosten für das Telefonieren im Blick zu behalten.“ Bald darauf konzentrierte sich Smaato jedoch auf die Vermittlung von Werbung für Smartphones, ein Geschäft, das mit der Einführung des ersten iPhones von Apple im Jahr 2007 und der Entwicklung Zehntausender Apps eruptiv wuchs. Rund 90 Milliarden Werbeelemente, sogenannte Banner, vermittelt Smaato laut Vorsteher in allen denkbaren Landessprachen weltweit – jeden Monat. „Wenn ein Marathon zum Beispiel in Hamburg stattfindet, kann ein Hersteller von Laufschuhen wie etwa Nike gezielt Werbung in Apps schalten, die hier regional genutzt werden“, sagt Vorsteher, „für einige Stunden, einige Tage, völlig flexibel.“ Smaato verbindet auf seinen Internetplattformen die Anbieter von Apps und die Werbetreibenden mit den Betreibern der Mobilfunknetze. Ein Geschäft, das sich blitzschnell verändert und weiterentwickelt. „Wir sind weltweit das führende unabhängige Unternehmen, das speziell diese Dienstleistung anbietet“, sagt Vorsteher mit Blick auf den Internetkonzern Google, den wichtigsten Konkurrenten.

Der Hauptsitz von Smaato und der Experten für Innovationen ist San Francisco. In Hamburg ist die gesamte technische Umsetzung konzentriert. Von Singapur aus kümmert sich das Unternehmen um den rasch wachsenden asiatischen Markt. Als Standort junger, innovativer Unternehmen aus der Branche konkurriert Hamburg in Deutschland intensiv vor allem mit Berlin. Smaato entschied sich für Hamburg als Europazentrale: „Die Entscheidung für Hamburg als europäische Zentrale fiel schon sehr früh“, sagt Vorsteher. „Hamburg ist eine etablierte Kaufmannsstadt und für die wirtschaftliche Entwicklung der Informationstechnologien, für die immensen Möglichkeiten ihrer Anwendung sehr aufgeschlossen. Die Stadt fördert Unternehmen aus der Branche vor allem durch Vernetzung. Und die hiesigen Universitäten schaffen ein starkes Fundament für gut ausgebildeten Nachwuchs.“

Die Verbindung mit San Francisco durch die verschiedenen Funktionen von Vorsteher ist für die Hansestadt von besonderem Wert. Umgekehrt profitiert Smaato von der engen Einbindung seiner Co-Chefin in das wirtschaftliche Netzwerk der Elbmetropole. Diese Botschaft verbreitet Vorsteher nun noch intensiver als früher auch im Silicon Valley. Ihren ersten Hamburg-Abend in San Francisco hat sie im Juni bereits organisiert. Gut 80 Gäste folgten der Einladung der neuen Hamburg Ambassador ins deutsche Generalkonsulat der Pazifikmetropole. „Ich sehe es als große Ehre an, die schönste Stadt der Welt zu vertreten“, sagt Vorsteher, die Wohn- und Firmensitze in gleich zwei der weltschönsten Städte unterhält.