Auf Gut Basthorst kann jeder seinen persönlichen Tropfen reifen lassen

Basthorst. Als Magnus Dandanell die Tür zum Whisky-Lager öffnet, tanzt der Staub im Sonnenlicht. Braun und rau reihen sich die Holzbäuche der Fässer an der Wand entlang, die Luft prickelt in der Nase. „Das ist der angel’s share“, sagt Dandanell lachend, der Schluck der Engel, der hier zum Niesen reizt. Dass nach und nach ziemliche Mengen Alkohol verdunsten, ist, wie der Gründer des Whisky-Anbieters Mackmyra erzählt, durchaus Sinn der Sache: Der metallische Geschmack eines frischen Destillats verschwindet mit der Reifung im Fass nach und nach, dafür löst der Alkohol Aromen aus dem Holz. Wenn Whisky-Kenner von Vanille und Eiche schwärmen, von süß und malzig, dann geht es um das Zusammenspiel all der Prozesse, die schließlich den ganz eigenen Geschmack des Gerstensaftes generieren.

Auf Gut Basthorst ist mit dem Fasslager von Mackmyra jetzt die bundesweit erste Produktion für individualisierbare Whiskys in Betrieb gegangen. Eine halbe Stunde Fahrt von Hamburg, die Straßen werden immer schmaler, eine alte Kirche erscheint am Wegesrand, dann liegt das Lager auf der rechten Seite. Untergebracht ist es in einem alten Haus mit Garten, einem Weiher gegenüber. Die Pflasterstraße führt weiter vor die Tore des Gutshauses in Basthorst, Heimat von Enno von Ruffin, Ex-Mann von Vicky Leandros.

Jeder kann sich hier ein eigenes Fässchen mieten, ein Destillat aussuchen, Jahr für Jahr das Zwischenprodukt kosten und irgendwann die Geburtsstunde „seines“ Whiskys einleiten. „Viele Kunden haben Tränen in den Augen, wenn sie nach Jahren ihre erste eigene Flasche aus dem Fass abfüllen“, berichtet Angela Pulejo von ihren Erfahrungen aus Schweden, wo Mackmyra schon länger mit den Whisky-Unikaten gutes Geld verdient. In seiner skandinavischen Heimat hat der Anbieter bereits 12.000 Fässer an zukünftige Whisky-Eigner verkauft, hat übrigens auch den ersten schwedischen Single-Malt-Whisky überhaupt ins Leben gerufen und damit schon zahlreiche Preise gewonnen.

Angela Pulejo zieht als Chefin von Mackmyra in Deutschland das Geschäft auf und schwärmt vom Potenzial, das diese Expansion der Firma bietet: Es gebe mit Dutzenden mittelständischen deutschen Whisky-Herstellern zwar mehr Konkurrenz, aber zugleich deutlich mehr potenzielle Kunden. „Schweden zählt neun Millionen Einwohner, und in Deutschland gibt es allein sechs Millionen regelmäßige Whisky-Trinker“, sagt die 48-Jährige, die vor ihrem Engagement bei Mackmyra bereits bei verschiedenen, größeren Getränkeherstellern tätig war.

Offenbar hatten die Schweden mit der Wahl Norddeutschlands als zweitem Firmensitz eine gute Nase. Obgleich erst wenige Monate seit der Eröffnung vergangen sind, stehen bei Angela Pulejo schon 70 neue Kunden in den Büchern. 180 Fässern bietet das rund 30.000 Euro teure Lager in Basthorst Platz, es gibt also noch Chancen für weitere Eigner, die ihren Namen auf einem Messingschild am Fass lesen wollen.

Das Prinzip: Der Kunde erhält gegen Zahlung von gut 2000 Euro etwa einen vier Jahre im Bourbonfass vorgelagerten Mackmyra Elegant und ein 30-Liter-Fass auf Gut Basthorst. Inbegriffen sind die Miete, die Fasspflege und eine Versicherung. Nach drei bis fünf Jahren ist der Geschmack voll entwickelt, wobei jeder Eigentümer den Abfüllzeitpunkt selber bestimmen kann, ganz nach Geschmack. Ein Fass ergibt am Ende etwa 50 Flaschen à 50 cl, die Menge hängt wiederum vom angel’s share ab. Auch die Flaschen können am Ende individualisiert werden, mit dem eigenen Namen, dem Logo einer Firma oder eines Vereins.

Das Besondere: Der Whisky kann während der Reifezeit immer wieder verkostet werden, der Kunde erlebt die Entwicklung des Aromas direkt vor Ort. Verschiedene Fässer, in denen einst Sherry oder Bourbon ihr Aroma hinterließen oder neue Exemplare aus schwedischer Eiche lassen Spielraum für die individuelle Note. Dazu kommt die Auswahl aus unterschiedlichen Destillaten. Mackmyra bietet Rezepturen, die mit Wacholderreisig geräuchert werden oder etwa den Elegant, der die Süße der Gerste betont.

Die Erfindung der Mietfässer geht auf eine Schnapsidee zurück

„Wir haben hier eine saubere Luft wie in Schweden und auch ein gleichmäßiges Klima“, freut sich Magnus Dandanell. Zudem sei Gutsherr Enno von Ruffin gleich von der Idee begeistert gewesen und haben der Firma gerne das Gebäude auf dem Gutsgelände vermietet, erzählt der 47-Jährige. Der Stockholmer gehört zu den Gründungsvätern des schwedischen Whiskys.

Eine Erfindung, die auf eine Schnapsidee zurückgeht: Gut 15 Jahre ist es her, als sich Magnus Dandanell mit ehemaligen Kommilitonen aus dem Ingenieurstudium auf einer Skihütte traf. Jeder hatte eine Flasche Whisky für den Abend mitgebracht. Ein paar Promille später kam vor dem Kamin irgendwann die Frage auf, warum es eigentlich keinen Whisky aus Schweden gebe. Gefragt, getan. Die acht Techniker fingen an zu experimentieren, verhandelten mit den Behörden und stellten dann auch eine Reihe alter Traditionen auf die Probe.

Dazu gehörte die Größe der Fässer. Warum müssen es 200-Liter-Behältnisse sein, die ihre Aromen nur langsam abgeben? Man wollte ja schließlich aus dem Projekt keine Geschichte für Generationen machen. Damit war die Idee der 30-Liter-Fässer geboren. In Schweden lässt Mackmyra seine Spirituosen inzwischen an fünf Orten reifen, so erfolgreich wurde das Konzept. Auch für die Kunden auf Gut Basthorst bedeutet die Erfindung eine kürzere Wartezeit auf ihren Whisky. Mit einem kleinen Wermutstropfen: Sie müssen damit rechnen, auch einen größeren Schluck mit den Engeln zu teilen.