Obwohl der deutsche Weinmarkt schumpft, legt die Hamburger Weinhandelsgruppe Hawesko zu. Die zunehmende Konkurrenz durch Start-ups sieht Hawesko gelassen und will den Versandhandel ausbauen.

Hamburg. Vor der Vorstellung des Geschäftsberichts trinkt Alexander Margaritoff, Vorstandsvorsitzender der Hawesko Holding AG, Apfelsaftschorle und plaudert über sein erstes Mal. In Italien, mit sechs Jahren. Damals, während eines Urlaubs auf Ischia, hat er zum ersten Mal Wein getrunken. Aus Versehen, natürlich! Weil er die rote Flüssigkeit für Saft hielt. Geschmeckt habe es ihm aber nicht. Damals. Heute ist das anders. Heute, nach mehreren 1000 Weinverkostungen, schmeckt Alexander Margaritoff nicht nur der Wein, sondern auch die Umsätze und Gewinne, die man mit Wein erzielen kann.

Obwohl der deutsche Weinmarkt im Jahr 2013 um 1,4 Prozent geschrumpft ist, legte die Hamburger Weinhandelsgruppe Hawesko zu. Der Konzern-Umsatz stieg um 4,2 Prozent von 446,4 auf 465,2 Millionen Euro. „Wir sind schneller gewachsen als der deutsche Weinmarkt – und zwar auf allen unseren Vertriebswegen“, sagte Alexander Margaritoff. Die börsennotierte Hawesko Holding AG, Deutschlands größtes Handelshaus für hochwertige Weine und Champagner, vertreibt seine Waren über den Versand- und Onlinehandel (unter anderem Hanseatisches Wein & Sekt Kontor), den Großhandel (Wein Wolf) und den stationären Einzelhandel (Jacques’ Wein-Depot). Jährlich sind es rund 70 Millionen Flaschen Wein. Obwohl es dem Unternehmen nach Angaben von Alexander Margaritoff gelungen sei, einen neuen Höchststand zu markieren, beläuft sich das operative Ergebnis auf 22,6 Millionen Euro – nach 25,6 Millionen Euro im Vorjahr. Grund für diesen Rückgang: die beabsichtigte Trennung von Château Classic. Die Tochtergesellschaft Château Classic ist auf den Handel mit Bordeaux-Spitzenweinen spezialisiert und beschert Hawesko seit Jahren Verluste.

Da keine Besserung abzusehen ist, hat Hawesko bereits Ende vergangenen Jahres die Einstellung der Gourmet-Marke bekannt gegeben. „Man muss den Mut haben, sich von Konzepten zu trennen, die nicht funktionieren“, sagte Alexander Margaritoff. Da bis jetzt trotz eines „halben Dutzends“ Gespräche kein Käufer gefunden worden sei, laufen derzeit die notwendigen Maßnahmen, um die Gesellschaft bis zum Ende des Jahres abzuwickeln. Der Mietvertrag ist bereits gekündigt, das Lager wird derzeit aufgelöst.

Trotz dieser strukturell bedingten Belastungen erwartet der Vorstand für das aktuelle Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum im Hawesko-Konzern zwischen einem und zwei Prozent. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist für 2014 mit einem operativen Ergebnis in der Größenordnung von 27 bis 28 Millionen Euro zu rechnen“, sagte Finanzvorstand Ulrich Zimmermann und legte den Quartalsbericht vor. Demnach erhöhte sich der Umsatz des Hamburger Weinhändlers im Jahresvergleich um 4,8 Prozent auf 108 Millionen Euro.

Eine zentrale Rolle beim Erfolg des Unternehmens spielt der Versandhandel, der 2013 um 2,8 Prozent auf 149,3 Millionen Euro zugelegt hat. Das Ebit stieg um 26 Prozent auf 11,1 Millionen Euro. „Nach unseren Kenntnissen ist der Hawesko-Konzern inzwischen der größte Online-Weinhändler der Welt“, so Alexander Margaritoff. Diese Position wolle man weiter ausbauen. „Ebenso schnell wie das Netz und damit die Kaufgewohnheiten im Online-Bereich sich wandeln, werden auch wir uns wandeln“, so der Firmenchef. Das unterscheide das Unternehmen von den zahlreichen Start-ups. Inzwischen gibt es in Deutschland rund 150 Online-Weinhändler, die Hawesko mit günstigen Angeboten Konkurrenz machen. „Da sich diese Start-ups durch den Preis etablieren müssen, spüren wir den Preisdruck“, sagte Margaritoff. Es sei „nicht schön“, dass Suchmaschinen im Internet nur danach filterten– und nicht nach Qualität oder Exklusivität.

Alexander Margaritoff selbst will dem Bordeaux übrigens auch weiterhin treu bleiben. Trotz des Debakels mit Château Classic. Oder gerade deswegen. „Schließlich muss ich unsere Bestände reduzieren“, sagt er. Dann geht es weiter nach Frankfurt zur Analystenkonferenz. Diese findet extra am Abend statt. Damit den Experten nicht nur die Zahlen schmecken. Sondern auch der Wein.