HHLA-Tochterunternehmen HCCR wartet jährlich rund 80.000 Transportbehälter. Die Schifffahrtskrise sorgt für schlechtes Material

Hamburg. Der rote 20-Fuß-Container der Reederei Hamburg Süd ist wohl nicht mehr zu retten. An seiner Vorderseite durch einen Aufprall schwer ramponiert, steht er auf dem Gelände von HCCR im Zentrum des Hafens. Die anderen Transportbehälter auf den weitläufigen Lagerflächen sehen trotz Rost, Schrammen und mancher Delle besser aus. Nach Typ oder Eigner sind sie sortiert, nach Aufgabengebiet oder nach Zustand.

Container sind die Lastenträger des Welthandels, ein Massenprodukt, zwar bunt in ihren vielfältigen Lackierungen, zumeist aber ohne besondere Beachtung in ihrer millionenfachen Gleichförmigkeit. Bei HCCR, der Hamburger Container- und Chassis-Reparatur-Gesellschaft, widmet man den genormten Stahlkisten und Transportplattformen einige Stunden Zeit zur Pflege: in den Wartungshallen, die aussehen wie Reparaturwerkstätten für Lastwagen, auf den Testständen oder an den Stromanschlüssen für die Kühlcontainer. Vielen der Behälter sieht man ihre jahrelangen Reisen auf der ganzen Welt an, das hundertfache Auf- und Abladen auf und von Schiffen, Zügen, Sattelschleppern, Hunderttausende Seemeilen in salziger Meeresluft, Standzeiten unter freiem Himmel in glühender Hitze, arktischer Kälte, tropischen Stürmen.

Spezialboxen wie Kühlcontainer brauchen eine stetige Überwachung

Der Zustand des Materials spiegelt die angespannte Lage der Containerschifffahrt wider: „Der wirtschaftliche Druck der Schifffahrtskrise schlägt auf den Zustand der Container durch. Häufig lassen Reedereien nur das reparieren, was technisch und rechtlich nötig ist“, sagt Georg Böttner, 41, Geschäftsführer von HCCR, eines Tochterunternehmens des Hamburger Hafenkonzerns HHLA. „Teilweise werden die Boxen heutzutage auf Verschleiß gefahren und dann nach einer Periode von, sagen wir, zehn Jahren, ausgemustert oder recycelt. Früher war es durchaus üblich, Container auch darüber hinaus im Gütertransport zu verwenden.“ Ein gut gepflegter Container, sagt Böttner im Verwaltungsbau von HCCR neben dem Terminal Burchardkai, könne auch im Seeverkehr durchaus 15 bis 20 Jahre lang genutzt werden.

Weniger Aufwand für die Container wirft die Frage auf, ob die Reedereien womöglich auch an der Sicherheit der Transportbehälter sparen. „Das ist in erster Linie ein kosmetisches Problem“, sagt der Hamburg Unternehmer Ian Karan, der seit Jahrzehnten im Containergeschäft tätig ist und der Ende 2010 und Anfang 2011 Hamburger Wirtschaftssenator war. „Nachlässigkeiten bei der Sicherheit von Containern kann sich keine Reederei erlauben, die Standards sind streng. Aber es wird heutzutage durchaus weniger in das äußere Erscheinungsbild der Behälter und Transportgestellte investiert. Früher war es ein wichtiger Imagefaktor, dass Reedereien vor allem unter ihren eigenen Marken top gepflegte Boxen auf den Schiffen stehen hatten. Aber der Druck der Schifffahrtskrise hat vieles verändert.“

HCCR hat mit einem breiten Spektrum an Dienstleistungen rund um den Container reichlich zu tun. An den HHLA-Terminals Burchardkai, Tollerort und Altenwerder bearbeitet das Unternehmen mit insgesamt 250 Mitarbeitern im Jahr etwa 80.000 Stahlboxen. Spezialbehälter wie Kühlcontainer, Chemikalientanks oder Klappkonstruktionen für Schwerlaststücke müssen regelmäßig überprüft werden. Die Standardboxen hingegen kommen vor allem dann zu HCCR, wenn sie auf den Terminals durch Beschädigungen auffallen. Rund 20 Millionen Boxen und Spezialgestelle setzen die Reedereien mittlerweile weltweit ein. Auf Basis der Standardabmessungen von 20 Fuß (6,09 Meter) und 40 Fuß (12,19 Meter) Länge hat die Kiste die Welt des Transports und der Logistik erobert. Neben den Standardcontainern gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Sonderabmessungen und speziellen Konstruktionen. Aber alle fügen sich in das System der genormten Basismaße ein, die einen ununterbrochenen Transportfluss von Land auf See und wieder an Land ermöglichen.

Ebenso wie bei den Schiffen spricht man auch bei Containern von Flotten. Die Reedereien besitzen nur einen Teil ihrer Transportbehälter selbst, die übrigen mieten sie bei Bedarf hinzu. Sie zu mieten, anstatt sie zu kaufen ist ein weiteres Indiz für den Druck am Schifffahrtsmarkt. „Der Trend zum Leasing hält an“, sagt Dirk Baldeweg vom Unternehmen Buss Capital in Hamburg. „Die Containervermieter ordern das dritte Jahr in Folge mehr Container als die Reedereien.“ Buss hat kürzlich sein neues „Angebot Buss Container 35“ aufgelegt. Wer dort Kapital anlegt, zahlt 2300 Dollar (umgerechnet 1659 Euro) für einen neuen 20-Fuß-Container. Mindestabnahme: vier Boxen. Die Container werden für drei Jahre vermietet und von Buss für 1960 Dollar zurückgekauft. Den Anlegern verspricht Buss Capital eine Rendite pro Jahr vor Steuern von 4,27 Prozent – mehr, als derzeit mit den meisten gängigen Anlageformen zu erzielen ist.

Container sind für die Reedereien in Zeiten der Krise ein teures Gut. Doch die Reparaturdienstleister profitieren davon nicht automatisch. In Hamburg bietet eine ganze Reihe von Unternehmen ihren Service rund um die Boxen an, neben dem städtischen Marktführer HCCR etwa die Eurogate-Tochter Remain, die Firmen Hanse-Repair oder Unitainer. Der Markt ist anspruchsvoll, denn die Schifffahrtsunternehmen kalkulieren mit spitzem Stift. „Ob eine Reederei einen Container aufarbeiten lässt, ist eine rein wirtschaftliche Frage“, sagt HCCR-Chef Böttner und nennt die Größenordnung für einen 40-Fuß-Standardcontiner: „Wenn das 2000 oder 3000 Euro kostet, ist schnell eine Grenze erreicht, in der sich eine Reparatur im Vergleich zum Kauf eines neuen Containers nicht lohnt.“

Vor allem die Spezialboxen brauchen eine stetige Überwachung, denn sie transportieren besonders teure oder obendrein auch sicherheitsrelevante Ladung. „Die Kühlaggregate von Kühlcontainern werden regelmäßig getestet, die Tests sind dann 30 Tage gültig“, sagt Böttner. „Unter Umständen erfolgen Tests auch kurzfristiger, zum Beispiel dann, wenn besonders wertvolle Kühlladung wie etwa Medikamente transportiert werden soll.“ Container für Lebensmitteltransporte wiederum müssen vor jeder Reise gründlich gereinigt und obendrein von Gerüchen befreit werden: „In einem Container, in dem zuvor zum Beispiel Kaffee transportiert worden war, kann man nicht ohne eine Neutralisierung des starken Geruchs ein anderes Lebensmittel befördern“, sagt der Jurist Böttner, der seit 2004 bei der HHLA arbeitet und HCCR seit Oktober 2012 leitet.

Im Hafen gibt es für die Boxen einen 24-Stunden-Notfalldienst

Sind Chemikalientanks dicht, Transportgestelle sicher ein- und ausklappbar, sind Standardboxen frei von Beulen, Löchern oder scharfen Kanten, die wertvolle Ladung wie etwa Druckpapierrollen beschädigen könnten? Die Experten bei HCCR kümmern sich darum, bei Kühl- oder Tankcontainern unter anderem auch mit einem hafenweiten 24-Stunden-Notfalldienst. Das Unternehmen profitiert auch davon, dass es in die Strukturen der HHLA eingebunden ist.

Eng sind die Verbindungen zu den HHLA-Terminals oder zu Transportunternehmen des Hafenkonzerns wie etwa dem Containerzugbetreiber Metrans: „Unser Ziel ist es, Bewegungen von Leercontainern innerhalb des Hafens zu minimieren. Das ist angesichts der hohen Verkehrsbelastung für den gesamten Hafen wichtig“, sagt Böttner. Metrans hole Leercontainer neuerdings direkt beim HCCR-Depot am Altenwerder Damm ab und bringe sie per Bahn ins Hinterland: „Das erspart Zwischentransporte von leeren Containern in den östlichen Hafenbereich.“

Höchstens einige Tage lang steht ein Container inklusive aller Durchlaufzeiten bei HCCR, bevor er untersucht, gereinigt, gewartet ist. Dann geht seine Reise um die Welt weiter, jahrein, jahraus, von Schiff zu Schiff, von Land zu Land.