Ein Besuch in der Endmontage von Airbus in Toulouse. Das Flugzeug soll 25 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als vergleichbare bisherige Jets

Toulouse. Der neue Airbus-Langstreckenjet A350 ist kein Prestigeprojekt, bei ihm geht es allein um Effizienz. Selbst das Gebäude, in dem der Flieger zusammengebaut wird, passt ins Bild: Hier gibt es keine architektonischen Finessen wie das markante wellenförmige Dach, unter dem einige Kilometer entfernt der doppelstöckige A380 entsteht. Für die Endmontage des A350 hat Airbus in einem Winkel des weitläufigen Firmengeländes am Rande des Flughafens von Toulouse eine graue, schmucklose Halle errichtet. Doch auf Effizienz hat man auch hier geachtet: „Mit Solarzellen auf dem Dach erzeugen wir mehr als die Hälfte des benötigten Stroms selbst“, sagt Mike Bausor, Marketingleiter für das A350-Programm.

So unscheinbar der zweistrahlige, mittelgroße A350 auch aussieht, so wichtig ist er doch für die europäische Luftfahrtindustrie. Airbus-Chef Fabrice Brégier schätzt, dass dieses Flugzeug für mindestens die nächsten 20 bis 30 Jahre rund 40 Prozent des Unternehmensumsatzes bringen wird. Der jüngsten Langzeitprognose des Herstellers zufolge werden bis zum Jahr 2032 voraussichtlich insgesamt knapp 6800 Jets dieser Kategorie geordert – und Airbus will sich mindestens die Hälfte des Geschäfts sichern.

Schon jetzt beschäftigt das A350-Programm weltweit 12.000 Menschen, in den nächsten vier Jahren soll diese Zahl während des Produktionshochlaufs auf 16.000 steigen. Zwar ist die Endmontage in Toulouse angesiedelt, aber dieser letzte Fertigungsschritt macht nur vier Prozent der Wertschöpfung aus. „Der deutsche Entwicklungs- und Produktionsanteil liegt bei weit über einem Drittel“, sagt Günter Butschek, Vizechef des Konzerns und außerdem Vorsitzender der Geschäftsführung von Airbus Deutschland.

In den deutschen Standorten der Airbus Group seien rund 4000 Arbeitsplätze durch das A350-Programm entstanden – ein Großteil davon in Hamburg, wobei das Werk Finkenwerder für den Rumpf und die Kabine verantwortlich ist.

Der Kunde Qatar Airways verbietet Fotos von seinem unfertigen Jet

Unter den Verkaufsargumenten für das Flugzeug steht die Sparsamkeit ganz oben: Dank modernster Triebwerke und der Verwendung von leichten Kohlefaserwerkstoffen für Rumpf und Tragflächen soll der Jet 25 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als bisherige Maschinen vergleichbarer Größe. Zudem verbrenne der Flieger pro Passagier neun Prozent weniger Kerosin als das Konkurrenzmodell von Boeing, der 787 „Dreamliner“ – eine Behauptung, die Boeing naturgemäß kontert: Eine gestreckte 787-Version, die im Jahr 2018 auf den Markt kommen soll, sei um mehr als zehn Prozent sparsamer als die verbrauchsgünstigste A350-Ausführung.

Tatsache ist aber, dass sich der neue Airbus-Hoffnungsträger, der im Juni 2013 erstmals abhob, bisher gut verkauft. 812 Exemplare des laut Preisliste bis zu 245 Millionen Euro teuren Jets stehen im Orderbuch. Nach fünf Prototypen befindet sich jetzt die Maschine, die als erste an einen Kunden ausgeliefert werden soll, in der Endmontage.

Noch unlackiert und weitgehend eingerüstet steht sie in der geräumigen Halle. Ungewohnt ist die Farbe des Rumpfs: Bei allen bisherigen Airbus-Typen sieht die matte Grundierungsschicht hellgrün aus, hier aber ist sie bis auf den Cockpitbereich sandgelb getönt. „Für einen Kunststoffrumpf muss man eine andere Rezeptur verwenden als für Aluminium“, erklärt Bausor. Besucher werden darauf hingewiesen, dass Fotos dieses Flugzeugs streng verboten sind – der Kunde, die arabische Qatar Airways, möchte nicht, dass Bilder von seinem Jet in unfertigem Zustand kursieren, heißt es.

Im vierten Quartal soll der erste A350 an eine Fluglinie ausgeliefert werden

Die Produktionshalle sieht mit dem fast klinisch sauberen Boden, dem Gewirr von Montagebühnen und den tonnenschweren Laufkranen an der Decke zwar auf den ersten Blick genauso aus wie jede andere Airbus-Endmontagelinie. Doch es gibt einen wesentlichen Unterschied, bei dem es um die Effizienz geht: Während die Endmontage des ähnlich großen Modells A330 heute elf bis 14 Wochen dauert, sollen es beim A350 nach der Anlaufphase nur noch acht bis elf Wochen sein. „Wir erreichen diese Verbesserung, indem wir die Kabineneinrichtung schon einbauen, noch bevor und während die Tragflächen anmontiert werden“, sagt Bausor.

Auch wenn die erste Auslieferung des A350 an Qatar Airways im vierten Quartal der „wesentliche Meilenstein“ des Jahres 2014 sein werde, so Butschek, steht daneben ein Termin an, der besonders mit Blick auf den Standort Hamburg große Bedeutung hat: Der Erstflug des A320neo. Die erste Maschine dieser neuen Ausführung des bewährten Kurz- und Mittelstreckenjets steht in Toulouse unweit der A350-Halle im Freien. Auch dieser Flieger ist noch unlackiert, trägt aber die vertraute hellgrüne Grundierung. Die Triebwerke, die ganz wesentlich zu der angepeilten Treibstoffersparnis von 15 Prozent gegenüber der aktuellen Baureihe beitragen sollen, fehlen noch.

Weil das Airbus-Testflugzentrum mit spezialisierten Piloten und Ingenieuren in Toulouse angesiedelt sei, baue man den ersten A320neo dort, sagt Butschek: „Insgesamt umfasst die neo-Testflotte acht Flugzeuge, sechs davon werden in Hamburg montiert und getestet.“ Auch die erste Kundenauslieferung werde in Hamburg erfolgen.